6Ob66/99w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Rudolf Riedl, Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei L***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Walter Haindl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wegen 84.000 S, infolge "außerordentlicher" Revisionen der klagenden Partei und ihrer Nebenintervenientin gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgerichtes vom 22. Dezember 1998, GZ 16 R 178/98k-34, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 30. März 1998, GZ 8 C 859/96y-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Zahlung von 84.000 S sA statt. Das Berufungsgericht änderte in seinem nach dem 31. Dezember 1997 gefällten Urteil (Art VII Z 34 der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 BGBl I 140 - WGN 1997) infolge Berufung der beklagten Partei dieses Urteil im klageabweisenden Sinn ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Die gegen dieses Urteil erhobenen "außerordentlichen Revisionen" der klagenden Partei und ihrer Nebenintervenientin, worin die Anträge gestellt werden, der Oberste Gerichtshof möge in Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung das Ersturteil wiederherstellen, in eventu es aufheben, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:
Rechtliche Beurteilung
Nach § 502 Abs 3 ZPO idF WGN 1997 (im folgenden ZPO nF) ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 leg. cit. - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 52.000 S, nicht aber insgesamt 260.000 S übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nF für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO nF binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses einen beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO nF) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, daß die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muß die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.
Im vorliegenden Fall haben die Rechtsmittelwerber ihre Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachten. Beiden Revisionen fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, daß der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO nF) gestellt werde. Im Hinblick auf die dargestellte neue Rechtslage waren die Rechtsmittelschriftsätze jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO nF). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrages entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet seien (vgl zum Fehlen der [richtigen] Bezeichnung des Berufungsgerichtes Kodek in Rechberger, § 467 ZPO Rz 2), dann wird es mit Fristsetzung verbundene Verbesserungsaufträge zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis iSd § 84 Abs 3 ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrages. Sollte die Rechtsmittelwerber die Verbesserung ihrer Schriftsätze sodann verweigern, dann wären die Revisionen jedenfalls unzulässig (1 Ob 78/98x uva, zuletzt 4 Ob 321/98d; RIS-Justiz RS0109501).
Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.