13Os36/99 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. April 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Thumb als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jasmina G***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Jasmina G***** und Franz M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. Oktober 1998, GZ 5c Vr 5515/98-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch der Elisabeth M***** beinhaltenden Urteil wurden Jasmina G***** und Franz M*****, dieser als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben in der Zeit von Anfang 1998 bis 20. April 1998 in Wien in zumindest zehn Fällen mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf Einhebung einer Verwaltungsabgabe von je 20 S zu schädigen,
1) Jasmina G***** als Beamtin der Erhebungsgruppe des Bundespolizeikommissariates L***** unter anderem damit betraut, für den Dienstgebrauch Meldeauskünfte des Zentralmeldeamtes der Bundespolizeidirektion Wien einzuholen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß sie diese Franz M***** kostenlos verschaffte;
2) Franz M***** Jasmina G***** wissentlich zu diesem Befugnismißbrauch bestimmt.
Die von Jasmina G***** aus Z 5, 5a und "9", von Franz M***** aber aus Z 5a, 9 it a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Jasmina G*****:
Rechtliche Beurteilung
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Schöffengericht ihre den Handlungsunwert bestreitende Verantwortung keineswegs ohne Begründung als "Schutzbehauptung" abgetan, das Wissen um den Befugnismißbrauch und den Schädigungswillen vielmehr logisch und empirisch einwandfrei auf die langjährige Verwendung als Vertragsbedienstete der Bundespolizeidirektion Wien gegründet (US 9).
Die Tatsache, daß M***** ihr die Aufforderung zur Beschaffung der Auskünfte über das Faxgerät der Dienststelle zukommen ließ, begründet der Tatsachenrüge (Z 5a) zuwider keine erheblichen Bedenken dagegen. Mit wiederholten Verweisen auf die eigene Verantwortung wird schließlich nur unzulässig die Beweiswürdigung bekämpft.
Die mangelnde Strafwürdigkeit nach § 42 StGB behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit b) übergeht die erwähnten Feststellungen, insbesondere den Vorsatz, den Staat an (Gebühren )Vermögensrechten zu schädigen. Nur am Rande sei erwähnt, daß die Strafdrohung des § 302 Abs 1 StGB die im § 42 StGB genannte übersteigt. Dazu ist aber auch die Subsumtionsrüge (nominell gleichermaßen "Z 9", inhaltlich Z 10), nicht an den Verfahrensvorschriften ausgerichtet, weil sie einen Subsumtionsirrtum (Betrug statt Amtsmißbrauch) zwar behauptet, nicht aber aus dem Gesetz ableitet und die getroffenen Feststellungen negiert.
Zum nachträglichen Schriftsatz der Angeklagten G***** (ON 22) ist hinzuzufügen, daß nur eine - von einem Verteidiger gefertigte - Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde zulässig ist. Im übrigen enthält der nachgereichte Auszug zum Lernstoff "Meldewesen" (im Rahmen der Grundausbildung für die Verwendungsgruppen B und C) keine Aussage zu (sonst) erworbenen Kenntnissen über die anfallende Verwaltungsabgabe bei Meldeanfragen Privater.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Franz M*****:
Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich - unzulässig - im Begehren, der Wissen und Wollen bestreitenden Verantwortung des Beschwerdeführers zu folgen, und übergeht, daß Elisabeth M*****, auf welche sich das Rechtsmittel beruft, in der Hauptverhandlung zur subjektiven Tatsaeite gar nicht Stellung genommen hat (S 98 f).
Bei der Behauptung, Meldeauskünfte seien "allgemein zugängliche Daten" (Z 9 lit a), wird auf deren mißbräuchlich kostenfreie Beschaffung im vorliegenden Fall nicht abgestellt. Das Postulat mangelnder Strafwürdigkeit (Z 9 lit b) und rechtsirriger Subsumtion (Z 10; "§ 147" statt § 307 Abs 1 StGB) ist ohne Bezug zu den Urteilskonstatierungen.
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten gründet auf § 390a StPO.