12Os179/98 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Feber 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Holzweber, Dr. Zehetner und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rasim S***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 28. September 1998, GZ 30f Vr 2901/98-92, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückge- wiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rasim S***** wurde auf Grund des einstimmigen Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 23. März 1998 in Wien Veronika S***** und Markus D***** durch mehrere Schüsse aus seiner Faustfeuerwaffe vorsätzlich tötete. Die Eventualfragen nach Totschlag (§ 76 StGB) blieben folgerichtig unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Tatbeurteilung als Mord richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 10a und - nominell - Z 13 StPO gegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Nicht das Bestehen einer tatauslösenden heftigen Gemütsbewegung an sich, sondern allein die Frage war im konkreten Fall strittig, ob diese fallspezifisch auf Faktoren beruhte, die eine Beurteilung als allgemein begreifliche Entstehungsursache zulassen. Zur Klärung der gesetzlichen Voraussetzung eben dieser allgemeinen Begreiflichkeit vermag aber die dem Angeklagten vom psychiatrischen Sachverständigen attestierte Tatsache hochgradiger Erregung zum Zeitpunkt der Tat nichts Entscheidendes beizutragen. Gleiches gilt für die Aussagen der Zeugen Hasim S***** und Kerstin W*****, wonach der Beschwerdeführer aus ihrer Sicht eine harmonische Ehe geführt habe (149, 167/III). Der Umstand, daß der Angeklagte nach einer Mitteilung gegenüber seinem Bruder seine Lage nach der Tat (durchaus realistisch) dahingehend beurteilte, alles in den letzten fünfundzwanzig Jahren Aufgebaute plötzlich verloren zu haben (167/III), er weiters vom Wunsch seiner Ehegattin, ihn wegen ihrer Beziehung zu Markus D***** zu verlassen, erst wenige Stunden vor der Tat erfahren hatte, und D***** sodann - allerdings unbestrittenermaßen über Aufforderung durch den Beschwerdeführer - "in natura" in seiner Wohnung erschienen war, stellt gleichfalls kein Beweissubstrat dar, das unter Einbeziehung aller übrigen Verfahrensergebnisse ernsthaft gegen die im Wahrspruch der Geschworenen zum Ausdruck gebrachte entscheidende Überzeugung spricht, daß der Angeklagte nicht in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung, demnach in einer Verfassung gehandelt hat, in die nach den besonderen Begleitumständen des vorliegenden Falles auch der Durchschnittsmensch geraten könnte. Dies umsoweniger als der Angeklagte die persönliche Konfrontation mit Markus D***** selbst angestrebt hat.
Der Tatsachenrüge (Z 10a) zuwider ergeben sich somit keine (weniger noch erhebliche) Bedenken gegen die Tatsachengrundlagen des Wahr- und Schuldspruchs.
Mit dem weiteren Einwand (der Sache nach Z 12), die Tatbeurteilung als Mord widerspreche sämtlichen Beweisergebnissen, der "zweifellos vorliegende nachvollziehbare" Erregungszustand sei demnach vom Erstgericht rechtsirrig beurteilt worden, verfehlt die Beschwerde eine gesetzmäßige Ausführung, weil eine unrichtige Subsumtion nur aus dem Wahrspruch selbst, nicht aber aus wahrspruchsfremden Prämissen abgeleitet werden kann. Da die Beurteilung, ob ein vom Gesetz gefordertes Tatbestandsmerkmal vorliegt oder nicht, ausschließlich den Geschworenen obliegt, kann ihr Ausspruch darüber nur hinsichtlich der dazu erteilten Rechtsbelehrung (Z 8) angefochten werden.
Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO).
Zur Entscheidung über die sowohl vom Angeklagten als auch von der Staatsanwaltschaft ergriffenen Berufungen ist damit das Oberlandesgericht Wien zuständig (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.