15Os16/99 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Michael S***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5. Mai 1998, GZ 14 E Vr 270/98-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Schroll, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5. Mai 1998, GZ 14 E Vr 270/98-12, mit dem Michael S***** wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (1.) und des Imstichlassens eines Verletzten nach § 94 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt wurde, verletzt § 94 Abs 4 StGB.
Gemäß §§ 292, 288 Abs 2 Z 3 StPO wird in der Sache selbst erkannt:
Das bezeichnete Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch zu 2. (Vergehen des Imstichlassens eines Verletzten nach § 94 Abs 1 StGB) aufgehoben und Michael S***** von dem gegen ihn erhobenen Strafantrag, er habe es am 10. Jänner 1998 in Althofen unterlassen, Mario H*****, dessen Verletzung am Körper er auf die zu
1. geschilderte Weise verursacht hatte, die erforderliche Hilfe zu leisten, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch zu 1. weiterhin zur Last liegende Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB wird er nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Monaten verurteilt.
Der Ausspruch über das Adhäsionserkenntnis und über den Ersatz der Verfahrenskosten erster Instanz wird aus dem Urteil des Erstgerichtes übernommen.
Text
Gründe:
Michael S***** wurde mit dem im Spruch bezeichneten Urteil wie dort ersichtlich schuldig erkannt, am 10. Jänner 1998 in Althofen
1. Mario H***** durch Zu-Boden-stoßen sowie durch Versetzen von Fußtritten gegen Kopf, Brustkorb und Rücken am Körper verletzt zu haben, wodurch dieser eine Prellung im Bereich des Schädels, Abschürfungen am Rücken, einen Bluterguß am linken Unterlid und eine Lockerung von zwei Schneidezähnen im Oberkiefer erlitt, und
2. es nach der zu 1. geschilderten Tat unterlassen zu haben, seinem Opfer, dessen Verletzung am Körper er verursacht hatte, die erforderliche Hilfe zu leisten.
Er wurde hiefür nach § 94 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer fünfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er vom 23. Oktober 1998 bis zu seiner bedingten Entlassung am 3. Februar 1999 teilweise verbüßt hat (ON 19 des Vr-Aktes und ON 5 des Os-Aktes).
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil steht - wie der Generalprokurator in seiner gemäß § 33 Abs 2 StPO dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (idF BGBl 1996/762) ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht. Dieselbe Strafdrohung sieht § 94 Abs 1 StGB für das Vergehen des Imstichlassens eines Verletzten vor. Gemäß der Subsidiaritätsklausel des § 94 Abs 4 StGB ist der Täter nach Abs 1 leg. cit. jedoch dann nicht zu bestrafen, wenn er schon wegen der Verletzung mit der gleichen oder einer strengeren Strafe bedroht ist. Demnach ist bei einem Schuldspruch wegen § 83 Abs 1 StGB eine Verurteilung wegen des danach verwirklichten Vergehens des Imstichlassens eines Verletzten nach § 94 Abs 1 StGB ausgeschlossen.
Die aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkte sich schon allein wegen der Aufnahme des verfehlten Schuldspruchs nach § 94 Abs 1 StGB in die Strafregisterauskunft (vgl Punkt 6 der ON 6 des Os-Aktes) zum Nachteil des Verurteilten aus; aktuell aber auch noch wegen der Zurechnung von zwei Vergehen als erschwerend (S 117).
In Stattgebung der Beschwerde waren daher der Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 94 Abs 1 StGB und demgemäß auch der Strafausspruch des angefochtenen Urteils zu kassieren und Michael S***** insoweit wegen des der Körperverletzung nachfolgenden Verhaltens von der wider ihn erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen.
Bei der nunmehr nach § 83 Abs 1 StGB vorzunehmenden Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof drei einschlägige Vorstrafen, die Verübung der Tat während eines offenen Strafvollzuges und das nach der Verletzung gegen sein Opfer gezeigte Verhalten als erschwerend, mildernd hingegen das Mitverschulden des Verletzten. Angesichts dieser Strafzumessungsgründe ist die mit vier Monaten ausgemessene Freiheitsstrafe tatschuldangemessen.
Sohin war insgesamt spruchgemäß zu erkennen.