12Os98/98 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Oktober 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Cihlar als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Satz 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Manfred R***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 1. April 1998, GZ 13 Vr 3201/97-49, sowie über die (implizierte) Beschwerde des Angeklagten gegen den Widerrufsbeschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Staatsanwältin Mag. Fuchs, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Barmüller zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 41 Abs 1 Z 3 StGB auf 4 (vier) Jahre herabgesetzt wird.
Soweit die Berufung als Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß zu verstehen ist, wird ihr nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der Angeklagte Manfred R***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (Satz 1) zweiter Fall StGB (I 1) schuldig erkannt. Danach hat er am 4. August 1997 in Graz im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Gerhard N***** als Mittäter durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) Theresia E***** 600 S abgenötigt, indem Gerhard N***** der Frau ein Messer an die Brust setzte und durch die Äußerung: "Das ist ein Überfall, es passiert dir nichts, wenn du dich ruhig verhältst, ich will nur Geld und keinen Wein", Geld forderte und er selbst dem Tatopfer das bereitgestellte Geld aus der Hand nahm.
Die Geschworenen bejahten die dazu gestellte anklagekonforme Hauptfrage I 1 stimmeneinhellig.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Schuldspruch aus § 345 Abs 1 Z 6 und 10a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Auf die Behauptungen (Z 6) "für eine allfällige Beitragstäterschaft des Angeklagten R***** haben sich aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens keinerlei Anhaltspunkte ergeben" und "das durchgeführte Beweisverfahren hat nicht ergeben, daß R***** die Ausführung der Tat durch den Angeklagten N***** ermöglichen, erleichtern, decken oder in sonstiger Weise fördern wollte, sodaß entsprechend den bisher gemachten Ausführungen nicht von einer Beitragstäterschaft des Angeklagten gesprochen werden kann", kann die Rüge des Unterbleibens einer Eventualfrage nach § 12 dritter Fall StGB nicht gestützt werden. Insoweit bezeichnet der Beschwerdeführer nämlich gar kein die Fragestellung erforderndes Vorbringen, sondern bestreitet vielmehr, daß in Ansehung des in der Hauptverhandlung hervorgekommenen Tatsachensubstrates die Annahme einer anderen (als der den Gegenstand der Hauptfrage bildenden) Beteiligungsart indiziert war (§ 314 Abs 1 StPO).
Die unter Hinweis auf Angaben der Zeugin Theresia E***** reklamierte Eventualfragestellung "nach Hehlerei im Sinne des § 164 Abs 2 StGB" war schon deshalb nicht geboten, weil die Aussage des Opfers (75/II ff) auf eine Mitwirkung des Angeklagten in der Ausführungsphase des schweren Raubes hinweist, jedoch keine Wahrnehmungen über ein deliktisches Verhalten nach Vollendung des Gewaltverbrechens enthält.
Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag gegen die wahrspruchsmäßige Feststellung, daß Manfred R***** der Theresia E***** das bereitgestellte Geld aus der Hand nahm, angesichts der damit konformen Aussage dieser Zeugin vor der Polizei (49/I) und des Geständnisses des Beschwerdeführers im Sinne der dieser Aussage folgenden Anklageschrift (45, 151/II) keine den entscheidenden Tatsachenkern betreffenden Bedenken zu erwecken.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB fünf Jahre Freiheitsstrafe. Gleichzeitig widerrief es die im Verfahren AZ 13 Vr 1223/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz dem Angeklagten gemäß Entschließung des Bundespräsidenten gewährte bedingte Nachsicht des Restes (von vier Monaten und drei Tagen) der dort ausgesprochenen zweijährigen Freiheitsstrafe.
Bei der Strafbemessung wertete es sein umfassendes Geständnis, seine untergeordnete Rolle, die krankheitsbedingte verminderte Diskretions- und Dispositionsfähigkeit als mildernd, als erschwerend hingegen die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammenwirken von zwei Tätern.
Die eine Reduktion der verhängten Strafe anstrebende Berufung des Angeklagten ist berechtigt.
Neben den vom Schöffensenat angenommenen Milderungsgründen ist ferner als mildernd zu berücksichtigen, daß der an paranoider Psychose leidende, sozial gehemmte Beschwerdeführer (35) die Tat unter der Einwirkung seines Komplizen N***** beging und daß er durch die Selbststellung und Nennung des Namens seines Mittäters die Aufklärung des Verbrechens ermöglichte. Damit überwiegen aber die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe im Sinne des § 41 Abs 1 Z 3 StGB beträchtlich, sodaß hier (ohne Beeinträchtigung der gesetzlichen Strafzwecke) mit einer vierjährigen Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden kann.
Der Widerruf der in Rede stehenden gnadenweisen bedingten Strafrestnachsicht hingegen war in Anbetracht der neuerlichen Verurteilung des Angeklagten wegen eines Kapitalverbrechens geboten (§ 53 StGB, § 498 Abs 3 StPO), sodaß insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war.