13Os141/98 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Rouschal, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Strafsache gegen Adnan J***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB, AZ 1 U 78/97h des Bezirksgerichtes Stockerau, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil und den Beschluß dieses Gerichtes vom 16. März 1998, GZ 1 U 78/97h-5, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Der Strafausspruch des Urteils des Bezirksgerichtes Stockerau vom 16. März 1998 sowie der zugleich gefaßte Beschluß auf nachträgliche Straffestsetzung, GZ 1 U 78/97h-5, verletzen § 494a Abs 1 Z 3 erster und zweiter Halbsatz StPO iVm § 28 Abs 1 StGB und § 19 Abs 3 StGB.
Der Strafausspruch des im übrigen unberührt bleibenden Urteils sowie der bezeichnete Beschluß werden aufgehoben und dem Bezirksgericht Stockerau die neuerliche Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung aufgetragen.
Text
Gründe:
Der (am 21. Mai 1981 geborene Jugendliche; § 1 Z 1 JGG) Adnan J***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 20. Jänner 1997, GZ 12 E Vr 917/96-6, wegen §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1 StGB; 135 Abs 1 StGB schuldig erkannt und der Ausspruch der wegen dieser Jugendstraftaten zu verhängenden Strafe gemäß § 13 Abs 1 JGG für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.
Mit (gemäß § 458 Abs 3 StPO gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Bezirksgerichtes Stockerau vom 16. März 1998, GZ 1 U 78/97h-5, wurde er wegen des während der Probezeit (18. Oktober 1997) begangenen Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer (bereits bezahlten; ON 8) Geldstrafe von 20 Tagessätzen ohne Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe (§ 19 Abs 3 StGB) verurteilt.
Zugleich wurde gemäß § 494a StPO der Beschluß gefaßt, zum Urteil des Landesgerichtes Korneuburg nachträglich eine für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von einem Monat festzusetzen (S 31). Daß in dem früheren Verfahren ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht kommt (§ 494a Abs 1 Z 3 zweiter Halbsatz StPO), wurde nicht ausgesprochen.
Wie der Generalprokurator in seiner gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht rügt, verletzen der Beschluß und der Strafausspruch des Urteils des Bezirksgerichtes Stockerau (1 U 78/97h-5) das Gesetz.
Rechtliche Beurteilung
Bei nachträglichem Ausspruch einer Strafe (§§ 15, 16 JGG) ist diese gemäß § 494a Abs 1 Z 3 StPO in einem Ausspruch so zu bemessen, wie wenn die Verurteilung wegen beider strafbarer Handlungen gemeinsam erfolgt wäre. Das Gesetz schließt diesfalls einen nachträglichen Strafausspruch als gesonderte Unrechtsfolge grundsätzlich aus und schreibt insoweit eine Sanktion nach den Bestimmungen über das Zusammentreffen strafbarer Handlungen (§ 28 StGB, §§ 21 f FinStrG) vor.
Die gemeinsame Strafbemessung nach § 494a Abs 1 Z 3 StPO darf nur dann zum Ausspruch mehrerer Strafen führen, wenn die Vorschriften über das Zusammentreffen strafbarer Handlungen dies vorsehen (11 Os 129/90, 12 Os 147,163/96). Wegen der maßgebenden Strafdrohungen für die den Schuldsprüchen zugrundeliegenden Vergehen (einerseits Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, andererseits eine solche bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen) wäre gemäß § 28 Abs 1 StGB nur eine Strafe zu verhängen gewesen. Der dagegen am nicht anwendbaren Kumulationsprinzip orientierte Ausspruch einer gesonderten Strafe für die dem Schuldspruch des Landesgerichtes Korneuburg zugrundeliegenden Straftaten ist damit zum Nachteil des Beschuldigten verfehlt (EvBl 1997/90 = RZ 1997/43).
Darüber hinaus hat das Bezirksgericht Stockerau die in § 19 Abs 3 StGB zwingend vorgeschriebene Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe unterlassen. Gemäß § 494a Abs 1 Z 3 zweiter Halbsatz StPO wäre auf Grund des nachträglichen Strafausspruches auch auszusprechen gewesen, daß im Verfahren 12 E Vr 917/96 des Landesgerichtes Korneuburg, in dem ein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe erging, der nachträgliche Strafausspruch nicht mehr in Betracht kommt.
Demzufolge waren die gesetzesverletzenden Aussprüche zu beseitigen und dem Bezirksgericht das gesetzmäßige Verfahren darüber aufzutragen, in dem § 293 Abs 3 iVm § 290 Abs 2 StPO zu beachten sein werden.