JudikaturOGH

3Ob75/97v – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GesmbH, ***** vertreten durch Saxinger, Baumann Partner Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Gertraud O*****, vertreten durch Dr. Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen S 86.650,-- sA, infolge Revisionen beider Parteien (Revisionsinteresse der klagenden Partei S 57.535,--, Revisionsinteresse der beklagten Partei S 29.115,--) gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 8. Juli 1996, GZ 22 R 354/96g-17, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Gmunden vom 5. März 1996, GZ 2 C 534/95y-10, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben; das Berufungsurteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.620,64 (darin enthalten S 2.333,44 USt und S 6.620,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Anläßlich des 100-jährigen Bestandes der klagenden Partei traten die Mitglieder des Betriebsrates an den Geschäftsführer Ing. Wolfgang N***** heran, um aus diesem Anlaß einen besonderen Betriebsausflug zu organisieren. Man einigte sich auf einen Städteflug. Ing. N***** beauftragte den Betriebsrat, entsprechende Angebote einzuholen; dies übernahm das Betriebsratsmitglied Christian S*****. Er zog Erkundigungen bei verschiedenen Reisebüros ein. Nach einem Gespräch erstellte die Beklagte am 12. 7. 1994 drei Angebote für Städtereisen nach Madrid, Paris und London. Die Belegschaft sprach sich bei einer Umfrage, die der Betriebsrat durchführte, mehrheitlich für den Städteflug nach Paris aus. Diese Reise sollte vom 23. 10. bis 26. 10. 1994 dauern und pro Person pauschal S 5.990,-- kosten. Im einzelnen bot die Beklagte folgende Leistungen an:

"Paris-Linz Termin: 23.-26. 10. 1994

Leistungen

Charterflug Linz-Paris-Linz

Bordservice, 15 kg Freigepäck

Unterbringung in einem 3-Sterne Hotel

auf Basis Doppelzimmer/Dusche/WC/Frühstück

Transfer Flughafen-Hotel-Flughafen

OÖ Reisebegleitung

Österreichische Sicherheitsgebühr

Parkplatz am Flughafen Linz/Hörsching

Pauschalpreis: pro Person öS 5.990,--

Ausflugmöglichkeiten:

Paris bei Nacht Preis in Ausarbeitung

ebenso für den Ausflug Versailles und Fontainebleau.

Einzelzimmerzuschlag: öS 550,--

Flughafengebühren öS 150,--."

Die genauen Flugzeiten, ob der Abflug aus Linz also vormittags oder nachmittags stattfinden sollte, waren nicht Thema des Gesprächs zwischen Christian S***** und der Beklagten. Die Beklagte gab allerdings im Anbot vom 12. 7. 1994 die Flugzeiten für das Ziel Paris ab Linz 18.00 Uhr, an Paris 19.40 Uhr, ab Paris 19.00 Uhr an Linz

20.30 Uhr bekannt.

Nachdem sich die Belegschaft für die Reise nach Paris vom 23. bis 26.

10. ausgesprochen hatte, begab sich Christian S***** zu Ing. N*****, um die Einzelheiten zu besprechen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er die Reise noch nicht gebucht. Bei diesem Gespräch stellte es sich heraus, daß der in Aussicht genommene Termin aus organisatorischen Gründen nicht in Betracht kam. Die klagende Partei hätte dadurch die Arbeitskraft ihrer Beschäftigten an zwei Tagen verloren, wollte aber nur einen Halbtag frei geben.

Christian S***** führte daraufhin ein Telefonat mit der Beklagten und legte ihr die Terminprobleme dar. Die Beklagte bot nun die Reise zu zwei anderen Terminen an, unter anderem vom 20. bis 23. 10. 1994. Gleichzeitig wies sie darauf hin, daß der geänderte Termin etwas teurer wäre. Von geänderten Flugzeiten war jedoch nicht die Rede. Nach Genehmigung durch die Geschäftsführung der klagenden Partei unterzeichnete Christian S***** am 31. 8. 1994 die Auftragsbestätigung. Die Beklagte hatte in diese Auftragsbestätigung zwar Preis, Zahlungsmodalitäten und Reisetermin aufgenommen, nicht aber die Flugzeiten. Der Gesamtpreis der gebuchten Reise betrug S 286.650,--; die klagende Partei leistete sofort eine Anzahlung von S 86.650,--. Weder im Angebot vom 12. 7. 1994 noch in der Auftragsbestätigung vom 31. 8. 1994 wurde auf "Allgemeine Reisebedingungen ARB 1992" Bezug genommen.

Ungefähr 14 Tage vor dem Reisetermin holte Christian S***** die Reiseunterlagen bei der Beklagten ab. Als ihm die Flugzeiten am Linz

9.45 Uhr, an Paris 11.25 Uhr, ab Paris 15,30 Uhr, an Linz 17.00 Uhr bekanntgegeben wurden, war er einigermaßen überrascht; er sagte der Beklagten sofort, er müsse die neuen Abflugzeiten wieder mit der Geschäftsführung besprechen. Es war für ihn abzusehen, daß es wegen der nun vorzuverlegenden Betriebsschließung Probleme geben würde.

Für den Geschäftsführer der klagenden Partei, Ing. N*****, war die Einräumung eines zusätzlichen freien Tages aus betriebswirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen. Weiters war für 6. 10. 1994 8.00 Uhr eine wichtige und nur schwer zu verschiebende Bauverhandlung anberaumt, die die Anwesenheit von Geschäftsführung, Betriebsleitung und Technikern erforderte.

Die Beklagte erklärte bei einem Gespräch am 10. 10. 1994 mit Ing. N***** sowie den Betriebsratsmitgliedern S***** und K*****, daß die konkrete Reise mit einem Abflug am Abend des 20. 10. 1994 nicht zu bewerkstelligen wäre.

Mit Schreiben vom 12. 10. 1994 nahm die Klägerin wegen des Flugtermins von der Reise Abstand, verweigerte die Anerkennung einer Stornogebühr und forderte die Rücküberweisung der Anzahlung. Bereits einen Tag zuvor hatte die Beklagte eine Stornorechnung übermittelt. Die geleistete Anzahlung wurde von der Beklagten nicht rückerstattet.

Bei Abwicklung der Reise hätte die Beklagte vom Veranstalter S 11.507,-- an Provision erhalten. Da die Reise nicht zustandekam, mußte sie an den Veranstalter Stornokosten von S 115.070,-- leisten. Die klagende Partei führte den Betriebsausflug ersatzweise als Autobusreise in die Slowakei vom 21. bis 22. 10. 1994 durch.

Die klagende Partei begehrt die Rückzahlung der ungerechtfertigten Anzahlung von S 88.801,36. Für den Städteflug nach Paris vom 23. 10. 1994 bis 26. 10. 1994 seien die Flugzeiten so vereinbart worden, daß der Hinflug ab Linz um 18.00 Uhr mit Ankunft in Paris um 19.40 Uhr und der Rückflug ab Paris um 19.00 Uhr mit der Ankunft in Linz um

20.30 Uhr stattfinden sollte. Die Beklagte habe mitgeteilt, daß der Städteflug zum Alternativtermin 20. 10. bis 23. 10. 1994 zu den Flugzeiten wie im ursprünglichen Anbot möglich sei, wobei jedoch eine Preiserhöhung auf S 6.220,-- pro Person nötig sein werde. Die klagende Partei hätte den Städteflug nach Paris zu anderen Flugzeiten nicht gebucht, weil der Betriebsausflug eine Stillegung des Betriebes verursacht habe; daher sei eine genaue Termineinteilung zur Abwicklung der notwendigen Geschäftstätigkeiten vor dem Abflug notwendig gewesen. Bei einem Abflug um 18.00 Uhr hätte der Betrieb an diesem Tag noch aufrechterhalten werden können; notwendige Termine und Geschäftstätigkeiten hätten noch abgewickelt werden können. Da die Beklagte erklärt habe, die vereinbarte Reise nicht durchführen zu können, habe die klagende Partei die Reise storniert. Die Gründe für die Stornierung lägen einzig und allein in der Sphäre der Beklagten.

Die Beklagte wendete ein, im Anbot sei vermerkt gewesen, daß es sich um einen Charterflug handle; es sei branchenüblich, daß bei Charterflügen die Abflugzeiten nicht garantiert werden können. Eine bestimmte Abflugzeit sei nicht Vertragsgrundlage gewesen. Die Beklagte sei der Auffassung gewesen, Christian S***** wisse aufgrund des Informationsblattes die Abflugzeiten. Nie sei davon die Rede gewesen, daß die Abflugzeit für den Auftrag relevant sein solle. Die Beklagte habe aufgrund der Stornoabrechnung mit dem Reiseveranstalter eine Forderung gegen die klagende Partei von S 28.420,--.

Das Erstgericht gab der Klage - mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens - statt; zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es fest, das Informationsblatt der Sparkassen-Reisebüro GmbH, in dem andere Flugzeiten als im Angebot vom 12. 7. 1994 angeführt waren, sei vor Auftragsunterfertigung weder Christian S***** noch einem anderen Vertreter der klagenden Partei vorgelegt worden. Christian S***** seien erstmals bei Abholung der Reiseunterlagen ungefähr 14 Tage vor dem Reisetermin die tatsächlichen Flugzeiten bekanntgegeben worden. Die Beklagte habe bei dem Gespräch mit Vertretern der klagenden Partei am 10. 10. 1994 sich zunächst über die fehlende Kenntnis der anderen Flugzeiten verwundert gezeigt, dann aber sinngemäß geäußert:

"Maria! Haben wir vielleicht vergessen darauf?".

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, zunächst sei zu klären, mit welchem Inhalt der Vertrag zwischen den Streitteilen zustandegekommen sei, insbesondere ob die festen Flugzeiten des Angebots vom 12. 7. 1994 Inhalt des später geschlossenen Vertrages wurden.

Nach § 861 ABGB sei wesentliche Voraussetzung für das Zustandekommen eines Vertrages die Übereinstimmung der von den Parteien abgegebenen Willenserklärungen. Dabei richte sich die Bedeutung einer Willenserklärung immer danach, wie sie unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden werden mußte. Aus § 863 ABGB iVm §§ 870 ff, 914 ABGB lasse sich nämlich ableiten, daß es für die Bedeutung einer Erklärung weder ausschließlich auf den Willen des Erklärenden noch auf das tatsächliche Verständnis des Vertragspartners im konkreten Fall ankomme. Wäge man das im ABGB zum Ausdruck gebrachte Prinzip der Privatautonomie mit dem ebenfalls in der Rechtsordnung fest verankerten Grundsatz der Verkehrssicherheit ab, so zeige sich, daß es vielmehr ausschließlich auf jenes Verständnis ankomme, das ein redlicher Erklärungsempfänger von der Erklärung gewinnen durfte und gewonnen hat (objektiver Erklärungswert; Vertrauenstheorie).

Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergebe aber, daß die ursprünglich angebotenen Flugzeiten auch Inhalt des später zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages geworden sei. Die Beklagte habe der klagenden Partei zunächst das Angebot vom 12. 7. 1994 übermittelt, das feste Flugzeiten für den Abend des 16. 10. 1994 enthalten habe; später habe sie telefonisch die gleiche Reise zum Termin 20. bis 23. 10. 1994 angeboten. Entscheidend sei nun nicht, daß für die Beklagte die Beibehaltung der ursprünglichen Flugzeiten kein Thema gewesen sei, und auch nicht, daß für sie fixe Flugzeiten gar nicht branchenüblich wären, sie daher auch keinen besonderen Wert darauf gelegt habe. Maßgeblich sei alleine, daß der klagenden Partei die Ausschreibung des Veranstalters - mit geänderten und darüber hinaus variablen Flugzeiten - nicht bekannt gewesen sei und daß die klagende Partei auch sonst nicht informiert worden sei. Die klagende Partei habe ausschließlich Kenntnis vom Angebot vom 12. 7. 1994 mit seinen fixen Flugzeiten und von der Äußerung der Beklagten, sie würde die gleiche Reise zu einem neuen Termin anbieten, gehabt. Daher habe sie dem Verhalten der Beklagten gar keinen anderen Sinn entnehmen können, als daß diese die Reise zum neuen Termin, aber mit den ursprünglichen Flugzeiten anbieten würde. Die ursprünglich bekanntgegebenen Flugzeiten seien daher Vertragsinhalt geworden.

Anläßlich der Besprechung vom 10. 10. 1994 habe sich die Beklagte zur Organisation einer derartigen Reise außerstande erklärt. Eine Umbuchung der Flugzeiten wäre zwar an sich möglich, den anderen Reiseteilnehmern aber nicht zumutbar gewesen. Damit habe die Beklagte die - noch immer mögliche - Erfüllung des Vertrages zur gehörigen Zeit und auf die bedungene Weise (§ 918 Abs 1 ABGB) verweigert und sei in objektiven Leistungsverzug geraten. Somit habe die Klägerin nach § 918 Abs 1 ABGB zu Recht von der Reise "Abstand nehmen", damit vom Vertrag zurücktreten und sich von der Vertragspartnerin lösen können. Dabei sei auch die geforderte Nachfristsetzung entbehrlich gewesen, weil die Beklagte die vertragsgemäße Leistung bereits ernstlich und endgültig verweigert gehabt habe. Der Rücktritt habe zur gänzlichen Beseitigung des Vertragsverhältnisses geführt und begründe nach § 921 letzter Satz, § 1435 ABGB die Pflicht beider Streitteile zur wechselseitigen Rückstellung empfangener Leistungen. Die Beklagte sei somit zur Rückerstattung der Anzahlung verpflichtet.

Insoweit die Beklagte schadenersatzrechtliche Erwägungen wie Vorteilsausgleichung oder die aus § 1304 ABGB hervorgehende Schadenminderungspflicht eines Geschädigten berücksichtigt wissen wollte, scheitere ihr Ansinnen schon an der Rechtsnatur des Leistungsverzuges und daran, daß dem Klagebegehren nicht aus dem Titel des Schadenersatzes Folge gegeben wurde. Das Rücktrittsrecht nach § 918 ABGB wollen die Gläubiger nämlich nur die Lösung von einem unzuverlässigen Partner ermöglichen und führe demnach zur Rückabwicklung des Vertrags nicht zur Leistung von Schadenersatz. Es setze daher zwar objektiven Verzug voraus, sei aber verschuldensunabhängig.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß die Beklagte schuldig erkannt wurde, der klagenden Partei S 29.115,-- sA zu bezahlen; das Mehrbegehren von S 57.535,-- sA wurde abgewiesen. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zu, weil der maßgeblichen Rechtsfrage der Ausgestaltung von Warn- und Aufklärungspflichten von Vertragspartnern von Flugreisen eine auch über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende rechtserhebliche Bedeutung beizumessen sei und - soweit ersichtlich - eine höchst- und zweitinstanzliche Judikatur über die Aufklärungspflichten der Vertragspartner beim Abschluß von Reiseverträgen, die auf den vorliegenden Fall übertragbar wäre, nicht habe aufgefunden werden können.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus, würden wesentliche Vertragsbestimmungen bzw Leistungen eines Reisevertrags nachträglich geändert, dann könne der Reisende entweder die Vertragsänderung annehmen oder vom Vertrag ohne Zahlung von Stornokosten zurücktreten. Die Wesentlichkeit von Vertragsbestandteilen sei primär nach dem (erklärten) Willen der Parteien, subsidiär nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu beurteilen. Würden bestimmte Nebenpunkte nicht besprochen, so stehe dies dem Zustandekommen eines Vertrages nicht entgegen. Nur die Nichteinigung über die Gegenstand der Verhandlungen bildenden Punkte könnte das Zustandekommen des Vertrages scheitern lassen. Was die Abflugzeit betreffe, handle es sich um einen Nebenpunkt, der nur dann zum wesentlichen Vertragsbestandteil werde, wenn er von den Parteien (ausdrücklich) besprochen werde.

Damit sei aber nicht gesagt, daß die Beklagte der klagenden Partei die Änderung der Abflugzeiten (gegenüber dem ursprünglich erteilten Angebot) nicht zur Kenntnis bringen hätte müssen. Die Geschäftspartner träten nämlich mit der Aufnahme des Kontaktes zu rechtsgeschäftlichen Zwecken in ein beiderseitiges Schuldverhältnis und hätten im Rahmen dieses Schuldverhältnisses Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten zu wahren. Zweck dieser Nebenpflichten sei es, die Rechtsgüter der an dem Vertragsabschluß interessierten Personen, die durch Vertragsgespräche einer Gefährdung ausgesetzt werden, gegen Verletzungen abzusichern. Es bestehe zwar keine allgemeine Rechtspflicht gegenüber dem Vertragspartner zur Aufklärung, doch seien jedenfalls jene Umstände aufklärungspflichtig, über die nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs der Vertragspartner entsprechende Informationen erwarten durfte. Solche Umstände, über die aufgeklärt werden müsse, seien insbesondere auch solche, welche die Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes selbst betreffen oder auch solche, die nachträglich einer Vertragsdurchführung entgegenstehen.

Die Beklagte hätte die Verpflichtung getroffen, der klagenden Partei (im Zuge des Vertragsabschlusses) mitzuteilen, daß die Flugzeiten nicht - wie im ersten Angebot vorgesehen - beibehalten werden konnten, sondern daß sich eine Änderung ergeben habe; die klagende Partei hätte die Verpflichtung getroffen, sich über die Flugzeiten hinlänglich zu erkundigen. Wenn die Beklagte der klagenden Partei "die gleiche Reise" zu einem anderen Termin angeboten habe, könne noch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Abflugzeiten (fix) beibehalten werden konnten. Andererseits habe die klagende Partei in Rechnung stellen müssen, daß jene (betriebsinternen) Vorgänge, die für den Vertragsabschluß der klagenden Partei zum Termin 20. bis 23. 10. 1994 von Bedeutung waren, der Beklagten nicht bekannt sein konnten. Wurden diese Nebenumstände aber nicht besprochen, so habe es - wie letztlich auch tatsächlich erfolgt - auch zu einer Beeinträchtigung der Rechtssphäre der Beklagten kommen können, weil sie auch ihrerseits aufgrund des Vertragsabschlusses mit der klagenden Partei Rechtspflichten übernommen habe, indem sie die Reise für die klagende Partei gebucht habe. Im Rahmen der beiderseits gegebenen Schutz- und Sorgfaltspflichten hätten die Streitteile daher zusammenwirken müssen, um die der Vertragsdurchführung entgegenstehenden Hindernisse, die beiderseits der Aufklärung und näheren Erörterung bedurft hätten, zum Gegenstand ihrer Erörterungen zu machen. Es sei somit beiden Parteien ein Verstoß gegen die Rechtspflicht anzulasten, sich den Interessen des Vertragspartners gegenüber entsprechend sorgfältig zu verhalten. Das Verschulden an diesem Verstoß wiege gleich schwer, weil einerseits die klagende Partei erwarten hätte können, auf die Änderungen der Flugzeiten hingewiesen zu werden, andererseits die Beklagte darauf vertrauen durfte, daß die genaue Abflugzeit, wenn sie für die klagende Partei von besonderer Relevanz erschien, von der klagenden Partei zum Gesprächsinhalt erhoben worden wäre. Im Ergebnis dringe daher die Beklagte mit ihrem Einwand, die Forderung der klagenden Partei auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung sei erloschen, weil der Schaden der Beklagten, die eine Stornogebühr von S 115.070,-- entrichten habe müssen, zu berücksichtigen wäre, teilweise durch. Teile man jenen Schaden von S 115.070,-- entsprechend dem beide Vertragspartner treffenden Verschulden im Verhältnis von 1 : 1 auf, dann ergebe sich eine - im Wege der Aufrechnung eingetretene - Schuldtilgung in Höhe von S 57.535,--, weshalb die Beklagte der klagenden Partei restlich noch S 29.115,-- (das ist die Differenz zwischen der Anzahlung von S 86.650,-- und der Hälfte der Stornokosten von S 115.070,--) rückzuerstatten habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist berechtigt, nicht hingegen diejenige der beklagten Partei.

Primär ist für die Beurteilung der Klagsforderung maßgeblich, ob die Parteien eine bestimmte Abflugzeit vereinbart haben. Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ist davon auszugehen, daß das ursprünglich von der Beklagten erstellte Angebot für 23. bis 26. 10. 1994 eine Abflugzeit ab Linz 18.00 Uhr enthielt. Christian S*****, der hier als Vertreter der klagenden Partei auftrat, legte der Beklagten telefonisch die aufgetretenen Terminprobleme dar, die darin bestanden, daß die klagende Partei ihren Beschäftigten nicht zwei Tage, sondern nur einen Halbtag frei geben wollte. Daraufhin bot die Beklagte die gleiche Reise unter anderem für den 20. bis 23. 10. 1994 an und wies gleichzeitig darauf hin, daß der geänderte Termin etwas teurer wäre; von geänderten Flugzeiten war jedoch nicht die Rede. Dieses Anbot wurde von der klagenden Partei angenommen. Ein Informationsblatt, in dem eine andere Flugzeit angegeben gewesen wäre, wurde der klagenden Partei nicht zur Verfügung gestellt.

Der Beklagten war somit bekannt, daß bei der zu buchenden Reise gerade die Abflugzeit von entscheidender Bedeutung ist und eine Abflugzeit statt am Abend bereits am Morgen für die klagende Partei ausgeschlossen war, weil sie ihren Beschäftigten keineswegs diesen Tag freigeben wollte.

Andererseits bestand für den Vertreter der klagenden Partei überhaupt kein Anhaltspunkt, daß trotz der Zusage der "gleichen Reise", bei der nur der Preis höher sei, die Abflugzeit derart gravierend unterschiedlich ist.

Bei dieser Sachlage liegen, wie bereits das Erstgericht zutreffend erkannt hat, nach dem maßgeblichen objektiven Sinn der Willenserklärung der Beklagten unter Berücksichtigung der im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (vgl Apathy in Schwimann, ABGB2, Rz 1 zu § 863 mwN; Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 863) übereinstimmende Willenserklärungen in der Richtung vor, daß die ursprüngliche Flugzeit 18.00 Uhr nicht wesentlich geändert wurde; diese objektive Erklärungsbedeutung, auf die die klagende Partei berechtigterweise vertraute, wurde somit Vertragsinhalt.

Die Nichteinhaltung der ungefähren Abflugzeit ist ausschließlich von der Beklagten verschuldet, der damit keinerlei Stornokosten zustehen. Gemäß § 1435 ABGB ist sie verpflichtet, der klagenden Partei die bereits geleistete Anzahlung in voller Höhe zurückzuerstatten. Ihre passive Klagslegitimation hat die Beklagte nie bestritten, sondern im Gegenteil das Bestehen einer Stornoforderung gegenüber der klagenden Partei behauptet.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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