14Os16/98 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Köberl als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian Josef J***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG, über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz H*****, soweit sie sich gegen Punkt A/1 des Urteils des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 14. November 1997, GZ 29 Vr 1.033/96-149, richtet, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Angeklagten und des Verteidiger Prof.Dr. Haslinger, zu Recht erkannt:
Spruch
Der gegen das Schuldspruchfaktum A/1 erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz H***** wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil in diesem Punkt, sowie in den Punkten a und b des Einziehungserkenntnisses betreffend insgesamt 268.237 Stück Mohnkapseln aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Franz H***** wird von der Anklage, er habe gewerbsmäßig den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen, das in § 12 Abs 1 SGG bezeichneten Quantum um zumindest das 25fache übersteigenden Menge erzeugt, indem er von 1990 bis Mitte Juni 1996 in U***** ca 600.000 Mohnpflanzen anbaute, aufzog, nach der Ernte die Mohnköpfe entmohnte und entstengelte, 600.000 morphinhältige Mohnköpfe, "mithin Suchtgift", erzeugt, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Der auf Einziehung der sichergestellten Mohnkapseln gerichtete Antrag der Staatsanwaltschaft wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Die in nichtöffentlicher Beratung (§ 285 e StPO) noch nicht erledigte, aus den Gründen der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz H***** wendet sich gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 erster Fall, Abs 2 erster Fall, Abs 3 Z 3 SGG laut Punkt A/1 des Urteilssatzes, mit dem ihm die aus dem Spruch ersichtlichen Handlungen zum Vorwurf gemacht werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Einwand (Z 9 lit a), wonach Mohnköpfe (Mohnkapseln) kein Mohnstrohkonzentrat sind und damit nicht als Suchtgift gelten, schlägt durch.
In der Liste der in den Anhang I der ESK (Einzige Suchtgiftkonvention 1961, BGBl Nr 531/1978) aufgenommenen Suchtgifte ist nur "Mohnstroh-Konzentrat" aufgezählt und wird als "das bei Verarbeitung von Mohnstroh zwecks Konzentrierung der Alkaloide anfallende Material, wenn dieses im Handel erhältlich ist", definiert. Nach dem Anhang I der Suchtgiftverordnung (sowohl 1979 als auch 1997) ist "Mohnstrohkonzentrat das Produkt, das bei der Behandlung von Mohnstroh zum Zwecke der Konzentration seiner Alkaloide erhalten wurde". Mohnstroh hingegen, das selbst somit kein Suchtgift ist (Foregger/Litzka SGG2 Anm V zu § 2), sind alle Teile des Opiummohns nach dem Mähen mit Ausnahme des Samens (Art 1 Abs 1 lit r ESK). Demnach ist auch die Mohnkapsel als Teil des Mohnstrohs mangels Bearbeitung zum Zweck der Konzentrierung seiner Alkaloide kein Mohnstrohkonzentrat und unterfällt weder § 1 SGG noch § 2 SMG.
Somit war Franz H***** von der realkonkurrierend angelasteten Erzeugung der 600.000 Mohnkapseln gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen, weil sie (aber auch die Lagerung und Bereithaltung der Mohnköpfe zum Verkauf an Süchtige) mangels Erreichung des Versuchsstadiums der Suchtgifterzeugung (vgl Hager/Massauer in WK Rz 30 zu § 15) wegen der quantitativen Akzessorietät der Beitragstäterschaft (vgl Leukauf/Steininger Komm3 RN 4) auch nicht als gerichtlich strafbarer Tatbeitrag zur Erzeugung von morphinbasehältigem "O-Tee" durch andere (vgl 15 Os 97/97) zu beurteilen ist.
Der Freispruch von diesem Anklagepunkt zieht auch die Aufhebung der Einziehung der sichergestellten Mohnkapseln nach sich. Der darauf gerichtete Antrag der Staatsanwaltschaft war abzuweisen, weil nur ein Suchtmittel (§ 1 Abs 2 SMG), das den Gegenstand einer mit Strafe bedrohten Handlung nach dem vorliegend gemäß § 61 StGB anzuwendenden Suchtmittelgesetz bildet, einzuziehen ist.