3Ob151/98x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V***** GmbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1. K***** GmbH, 2. M***** GmbH, ***** beide vertreten durch Dr.Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, infolge ordentlichen und außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei und außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30. Dezember 1997, GZ 46 R 1277/97b, 1363/97z bis 1365/97v-25, womit der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 29. August 1997, GZ 23 E 4907/97f-1, abgeändert wurde und die Beschlüse des Bezirksgerichtes Döbling vom 16.September 1997, GZ 23 E 4907/97f-3, 4 und 5, berichtigt mit Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 24.September 1997, GZ 23 E 4907/98f-8, teilweise abgeändert wurden, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem ordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird teilweise Folge gegeben; der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird in seinem Punkt 1. dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß in der Bewilligung der Exekution wiederhergestellt wird und über die verpflichteten Parteien eine Geldstrafe von je S 40.000 verhängt wird.
Die verpflichteten Parteien haben die Kosten ihrer Äußerung ON 2 selbst zu tragen.
Die verpflichteten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der betreibenden Partei die mit S 21.829,50 (darin enthalten S 3.638,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die außerordentlichen Revisionsrekurse der betreibenden Partei und der verpflichteten Parteien gegen Punkt 2. des Beschlusses des Rekursgerichtes werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit im Verfahren 35 Cg 67/96h des Handelsgerichtes Wien ergangener einstweiliger Verfügung des Obersten Gerichtshofs als Revisionsrekursgerichtes vom 26.6.1997, 4 Ob 160/97a, wurde zur Sicherung des mit Klage geltend gemachten Anspruches auf das Unterbleiben wettbewerbswidriger Zugaben den nunmehrigen verpflichteten Parteien aufgetragen, es ab sofort und für die Dauer des Rechtsstreites zu unterlassen, unentgeltliche Zugaben zur Neuen Kronen-Zeitung anzukündigen und/oder zu gewähren, insbesondere in der Form, daß in der Neuen Kronen-Zeitung die Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel eingeräumt wird, wenn durch die wiederkehrende Veröffentlichung gleichartiger Gewinnspiele ein Anreiz zum Kauf der Neuen Kronen-Zeitung ausgeübt wird, indem der Eindruck vermittelt wird, es würden auch in künftigen Ausgaben der "Neuen Kronen-Zeitung" Gewinnspiele veröffentlicht werden.
Dieser einstweiligen Verfügung lag als Sachverhalt zugrunde, daß seit 13.3.1996 in der Neuen Kronen-Zeitung Gewinnspiele angekündigt und durchgeführt werden, die in aller Regel mit demselben, häufig durch Rotdruck hervorgehobenen Logo "Krone Aktion" gekennzeichnet sind. Im Mai 1996 wurden an 12 verschiedenen Tagen insgesamt 16 Gewinnspiele,
im Juni 1996 an 17 verschiedenen Tagen insgesamt 22 Gewinnspiele und
im Juli 1996 an 10 verschiedenen Tagen insgesamt 12 Gewinnspiele angekündigt. Insgesamt wurden daher in den 90 Tagen vom 2.Mai bis zum 30. Juli 1996 50 Gewinnspiele veranstaltet, deren Preise von nicht unbeträchtlichem Wert und daher attraktiv waren. Die zeitlichen Abstände zwischen diesen Gewinnspielankündigungen waren unterschiedlich, aber - jedenfalls im Mai und Juni 1996 - jeweils sehr kurz.
Diese einstweilige Verfügung wurde den nunmehrigen verpflichteten Parteien am 30.7.1997 zugestellt.
Die betreibende Partei brachte im Exekutionsantrag vom 1.8.1997, beim Erstgericht am 4.8.1997 eingelangt, vor, die verpflichteten Parteien seien die Komplementärgesellschafterinnen der Medieninhaberin bzw der Verlegerin der Neuen Kronen-Zeitung und hätten daher Zugabenverstöße in dieser Zeitung zu verantworten. In der Neuen Kronen-Zeitung seien während der gesamten Dauer des Titelverfahrens und auch schon davor laufend Gewinnspiele veröffentlicht worden, bei denen Preise erheblichen Werts ausgelost werden, wobei durch die wiederkehrende Veröffentlichung gleichartiger Gewinnspiele ein Anreiz zum Kauf der Neuen Kronen-Zeitung ausgeübt werde, indem der Eindruck vermittelt werde, es würden auch in künftigen Ausgaben der Neuen Kronen-Zeitung derartige Gewinnspiele veröffentlicht werden. Nach den Behauptungen im Exekutionsantrag wurden allein in den 27 Tagen zwischen dem 6.7. und dem 1.8.1997 insgesamt 18 Gewinnspiel-Ankündigungen gebracht, und zwar häufig unter gleichlautenden Titeln ("Krone-Aktion", "Exklusiv für Krone-Leser", "Die Krone machts möglich" udgl), die auf eine Wiederholung von Gewinnspielankündigungen unter diesem Titel schließen lassen. Bei diesen Gewinnspielen waren folgende Preise zu gewinnen:
6.7.1997: 100 Batman Robin-Karten
11.7.1997: Zu Backstreet Boys nach New York
11.7.1997: Vorstellung von Gewinnern von IMAX-Karten
12.7.1997: Europacup-Videos
13.7.1997: VIP-Aufenthalte in Bad Kleinkirchheim-Konzertkarten
13.7.1997 und
14.7.1997: Karten für Kitzbühel-Tennis
14.7.1997: Computer
14.7.1997: Reise, Kameras und dgl.
17., 22. und 25.7.1997: Reisen zur Formel I nach Budapest
25.7.1997: VIP-Pässe für U2-Konzert
27.7.1997: Motorrad
27., 28. und 29.7.1997: VIP-Reisen nach Hamburg
1.8.1997: Tony Braxton-Wochenende in Kopenhagen
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Unterlassungsexekution und verhängte eine Geldstrafe von je S 60.000.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist, weil es zur Frage, ob bei der Beurteilung eines Verstoßes gegen ein Unterlassungsgebot, das seinem Inhalt nach ein konkretes Verhalten über einen längeren Zeitraum voraussetzt, ausnahmsweise auch das Verhalten der verpflichteten Partei vor Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels zu berücksichtigen ist, an einer oberstgerichtlichen Rechtsprechung fehle.
Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, den verpflichteten Parteien werde im Exekutionstitel das Ankündigen oder Gewähren von Zugaben in Form der Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel nur unter der Voraussetzung verboten, daß durch die wiederkehrende Veröffentlichung gleichartiger Gewinnspiele ein Anreiz zum Kauf der Neuen Kronen-Zeitung ausgeübt wird, indem der Eindruck vermittelt wird, es würden auch in künftigen Ausgaben der Neuen Kronen-Zeitung Gewinnspiele veröffentlicht werden. Aus der Ankündigung vom 1.8.1997, die allein nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels liege, könne aber ein solcher Eindruck nicht abgeleitet werden, durch den der Kunde in seinem Entschluß zum Erwerb der Neuen Kronen-Zeitung beeinflußt würde. Da im Exekutionsantrag weder behauptet werde, daß sich auf der Titelseite ein Hinweis auf das auf Seite 3 am 1.8.1997 angekündigte Gewinnspiel befand und aus dieser Ankündigung auch nicht hervorgeht, daß weitere gleichartige Gewinnspielankündigungen erfolgen würden, lasse sich ein Verstoß der verpflichteten Parteien gegen den Exekutionstitel nach dessen Vollstreckbarkeit aus dem Vorbringen im Exekutionsantrag nicht ableiten.
Der ordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist, soweit er sich gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes über den Exekutionsantrag richtet, zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Voraussetzung für die Bewilligung der Unterlassungsexekution nach § 355 EO ist ein Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel nach Eintritt der Vollstreckbarkeit. Erst ein nach wirksamer Zustellung der einstweiligen Verfügung gesetztes Zuwiderhandeln berechtigt zur Exekutionsführung (SZ 60/131). Einen derartigen Verstoß hat die betreibenden Partei hinsichtlich der Ausgabe der Neuen Kronen-Zeitung vom 1.8.1997 im Exekutionsantrag konkret behauptet. Dem Spruch des Exekutionstitels kann jedoch nicht entnommen werden, die darin enthaltene Voraussetzung, daß "durch die wiederkehrende Veröffentlichung gleichartiger Gewinnspiele ein Anreiz zum Kauf der Neuen Kronen-Zeitung ausgeübt wird, indem der Eindruck vermittelt wird, es würden auch in künftigen Ausgaben der Neuen Kronen-Zeitung Gewinnspiele veröffentlicht werden", ebenfalls erst nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels eingetreten sein muß. Im Exekutionstitel wurde das allgemein gehaltene Verbot der Gewährung von Zugaben durch die Anführung der konkret beschriebenen Handlung nach dem Wort "insbesondere" zwar nicht eingeschränkt; darin wird jedoch auf den sowohl im Titelverfahren als auch dann im Exekutionsverfahren relevierten Zugabenverstoß der Verpflichteten konkret Bezug genommen; ein anderer Zugabenverstoß wird hier nicht geltend gemacht. Für die Bewilligung der Exekution ist allein maßgeblich, daß ein Gewinnspiel nach Eintritt der Vollstreckbarkeit in der Ausgabe vom 1.8.1997 angekündigt wurde, mit dem durch die bereits früher erfolgte wiederkehrende Veröffentlichtung gleichartiger Gewinnspiele der Eindruck vermittelt wurde, auch in künftigen Ausgaben würden Gewinnspiele veröffentlicht werden. Dieser Verstoß wird hier allein geltend gemacht, dessen rechtliche Qualifikation als unentgeltliche Zugabe sich aus der Gestaltung früherer Gewinnspiele ergeben kann.
Soweit die verpflichteten Parteien den Zugabencharakter bestritten haben, sind sie auf die hier den Exekutionstitel bildende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 160/97a, veröffentlicht in ÖBl 1997, 287, zu verweisen, in der mit eingehender Begründung der Zugabencharakter gerade dieser - in der Folge unverändert fortgesetzten - Serie von Gewinnspielen bejaht wurde.
Die (vom Rekursgericht bei den weiteren Strafbeschlüssen, die Zuwiderhandlungen gegen den Exekutionstitel vor Zustellung der Exekutionsbewilligung an die verpflichteten Parteien betreffen, verhängte) Geldstrafe von S 40.000 erscheint durchaus angemessen, wobei auch die wirtschftliche Leistungsfähigkeit der verpflichteten Parteien berücksichtigt wird. Aus den von den verpflichteten Parteien vorgelegten Bestätigungen ihres Wirtschaftsprüfers ergibt sich keineswegs, daß dabei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Verpflichteten (vgl SZ 64/72) und den erzielten wirtschaftlichen Vorteil nicht ausreichend Bedacht genommen würde.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Kosten der Äußerung der verpflichteten Parteien zum Exekutionsantrag gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, § 40 ZPO, diejenige hinsichtlich der Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 ZPO. Die von der betreibenden Partei im Exekutionsantrag vorgenommene Bewertung ist als Bemessungsgrundlage maßgeblich.
Die außerordentlichen Revisionsrekurse der betreibenden Partei und der verpflichteten Parteien gegen Punkt 2. des Beschlusses des Rekursgerichtes, die weitere Strafanträge betreffen, waren gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO, § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3, § 528 a ZPO).