JudikaturOGH

10ObS18/98i – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. April 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Maria Pree (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alois B*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Johannes Grund und Dr. Wolf D. Polte, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram und Dr. Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. Dezember 1993, GZ 13 Rs 75/93-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 25. Mai 1993, GZ 13 Cgs 76/93h-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Durch den Chefarzt der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse wurden dem am 21.10.1919 geborenen Kläger nach fachärztlicher Überweisung zehn Behandlungseinheiten für eine Unterwassermassage in der physikotherapeutischen Abteilung bzw Badeabteilung im Gebäude der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse genehmigt. Diese Behandlungen werden ambulant durchgeführt und dauern pro Behandlungstag jeweils 1/2 bis eine 3/4 Stunde. Nach jeder Behandlung wäre der Kläger wieder nach Hause gegangen. Am 16.6.1992 fand er sich termingemäß im Krankenkassengebäude ein. In der Folge stürzte er dort im Bereich der Badeabteilung am Gang, dabei zog er sich eine Kniescheibenverletzung zu.

Die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt lehnte mit Bescheid von 1.4.1993 den Anspruch des Klägers auf Entschädigung aus Anlaß des Unfalls ab, weil dieser sich im Rahmen einer ambulanten Unterwassertherapie ereignet habe und nicht im Rahmen der Unterbringung in einer Einrichtung, die der medizinischen Rehabilitation oder Gesundheitsvorsorge diene, weshalb der Kläger nicht dem Versicherungsschutz genießenden Personenkreis angehöre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Klage mit dem Begehren auf Zuerkennung einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß, mindestens 20 vH der Vollrente. Zur Begründung führt der Kläger an, entscheidend für den Versicherungsschutz nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG sei gerade nicht die Unterbringung in einer solchen Anstalt, sondern vielmehr die medizinische Rehabilitation und Gesundheitsvorsorge.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger sei am Unfallstag nicht unter dem Versicherungsschutz des § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG gestanden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und hielt die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes für zutreffend.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Er beantragt sinngemäß die Abänderung im Sinne einer Stattgebung seines Klagebegehrens.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Der Oberste Gerichtshof faßte am 22. März 1994 zu 10 ObS 71/94 (veröffentlicht in SSV-NF 8/32) den Beschluß, das Revisionsverfahren zu unterbrechen, bis über die strittige Vorfrage der Versicherungspflicht des Klägers als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden sei, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofverfahrens. Da es im vorliegenden Verfahren zunächst um die Frage gehe, ob der Kläger am Unfallstag überhaupt der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterlegen sei und da diese Vorfrage strittig sei, sei das Revisionsverfahren nach § 74 Abs 1 ASGG zu unterbrechen, bis über diese Vorfrage im Verfahren in Verwaltungssachen entschieden worden sei.

Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt stellte daraufhin mit Bescheid vom 11.5.1994 fest, daß der Kläger während der Behandlung am Unfallstag nicht der Teilversicherung in der Unfallversicherung nach der zitierten Gesetzesstelle unterlegen sei.

Mit Bescheid des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 23.1.1995, Zahl 120.152/1-7/95, wurde der vom Kläger dagegen erhobenen Berufung Folge gegeben und festgestellt, daß er während der genannten Behandlung der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterlegen sei.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 24.6.1997, Zahl 95/08/0064, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Daraufhin faßte das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 28.11.1997 den Ersatzbescheid, Zahl 121.179/2-7/97, wonach der Berufung des Klägers keine Folge gegeben und in Bestätigung des angefochtenen Bescheides festgestellt wurde, daß der Kläger während der physikotherapeutischen Behandlung in der physikotherapeutischen Abteilung bzw Badeabteilung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse am 16.6.1992 nicht der Teilversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG unterlag. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß gemäß § 63 Abs 1 VwGG die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Artikel 131 B-VG stattgegeben habe, verpflichtet sei, in dem betreffenden Fall unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen hätten. Aus den im gegenständlichen Erkenntnis angeführten Gründen sei daher gemäß der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, daß der Kläger während der physikotherapeutischen Behandlung nicht der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterlegen sei.

Der Senat beschloß am 13.1.1998, das mit Beschluß vom 22.3.1994 gemäß § 74 ASGG unterbrochene Revisionsverfahren nach rechtskräftiger Entscheidung der Vorfrage der Versicherungspflicht des Klägers von Amts wegen wieder aufzunehmen.

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger vertritt in seiner Revision die Rechtsauffassung, es sei unter dem Gesichtspunkt moderner Nachbehandlung nach Unfällen und explodierenden Kosten bei stationären Aufenthalten der einschränkende Standpunkt nicht aufrechtzuerhalten, daß Personen, die nur zur ambulanten Behandlung eine Anstalt aufsuchten, nicht auch im Sinne des § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG untergebracht seien. Auch Personen die sich wenngleich kurzfristig zu einer Behandlung in eine derartige Anstalt begeben, seien dort untergebracht und hätten Versicherungsschutz im Sinne des § 8 Abs 1 Z 3 lit c "oder nach einer anderen Gesetzesstelle des ASVG" und Anspruch auf Leistungen aus der Unfallversicherung, somit auf Anerkennung eines Unfalles als Arbeitsunfall und allenfalls auf Versehrtenrente.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß die Anerkennung des gegenständlichen Unfalls als Arbeitsunfall im Sinn des § 175 Abs 1 ASVG voraussetzen würde, daß er sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichem Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignet hätte. Durch rechtskräftige Entscheidung im Verwaltungsverfahren ist bindend davon auszugehen, daß der Kläger während der ambulanten Behandlung am 16.6.1962 nicht der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterlag. Im übrigen sind aber Wege vom oder zum Arzt sowie Wege von oder zu einer Untersuchungs- oder Behandlungsstelle nur unter den Voraussetzungen des § 175 Abs 2 Z 2 geschützt. Dabei muß es sich um einen Unfall handeln der sich auf einem von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte oder der Wohnung zu einer Untersuchungs- oder Behandlungsstelle und anschließend auf den Weg zurück zur Arbeits(Ausbildungsstätte) oder zur Wohnung handelt, sofern den Dienstgeber die Stätte der Untersuchung bzw Behandlung bekannt gegeben wurde oder wenn sich der Versicherte der Untersuchung aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift oder einer Anordnung des Versicherungsträgers oder des Dienstgebers unterziehen mußte. Da auch diese Voraussetzungen im Fall des Klägers nicht gegeben sind, haben die Vorinstanzen zutreffend sein Klagebegehren auf Versehrtenrente abgewiesen (10 ObS 341/97p = DRdA 1998, 141).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Rückverweise