14Os1/98 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. März 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Leinfellner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael Franz B***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 28. Oktober 1997, GZ 19 Vr 800/97-19, nach nichtöffentlicher Sitzung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Plöchl, und des Verteidigers Dr. Kammerlander, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch einen Teilfreispruch enthaltenden - Urteil wurde Michael Franz B***** des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (I), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (II) und des Vergehens des tätlichen Angriffes auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.
Darnach hat er
(I) in Vorarlberg außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen, und zwar
1. im Zeitraum September 1995 bis August 1997 Haschisch;
2. im Zeitraum April 1996 bis Dezember 1996 Heroin;
(II) am 23. Juni 1997 in Dornbirn den GI Norbert L***** durch die ihm gegenüber abgegebene und gegenüber Dr. Gerhard K***** wiederholte Äußerung, er werde ihm mit einer deutschen Polizeipistole eine Kugel in den Kopf jagen, gefährlich mit dem Tode bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;
(III) am 23. Juni 1997 in Dornbirn den BI Siegfried F*****, der im Begriff war, ihn im Rahmen einer sicherheitspolizeilichen Maßnahme aus dem Rathaus Dornbirn zu entfernen, mithin einen Beamten während einer Amtshandlung (§ 269 Abs 3 StGB) tätlich angegriffen, indem er mit der rechten Hand einen Schlag gegen den Beamten führte, wobei der Beamte den Schlag abblocken konnte.
Er bekämpft den Schuldspruch (II) wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag der Beschwerdeführer sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen diesen Schuldspruch, davon insbesondere gegen die Richtigkeit der entscheidenden Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite (US 6 f), nicht zu erwecken. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht sämtliche wesentlichen Vorgänge im Zusammenhang mit dem inkriminierten Vorfall vom 23. Juni 1997 einer ausführlichen Würdigung unterzogen und dabei auch die Verantwortung des Angeklagten eingehend berücksichtigt (US 9 ff). Die bekämpften Feststellungen zur inneren Tatseite sind auf unbedenkliche Weise aus dem äußeren Tatgeschehen ableitbar. Auch der Beschwerdeeinwand, daß "der gesamte Vorgang vom 23.6.1997 ein einziger emotionaler Ausbruch des Angeklagten" gewesen sei, vermag sie in keiner Weise zu erschüttern, weil eine innere Erregung eine auf das Versetzen in Furcht und Unruhe gerichtete Absicht keineswegs ausschließt.
In Ausführung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet der Beschwerdeführer die Eignung der vom Erstgericht festgestellten Äußerungen, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen. Er bringt zwar zutreffend vor, daß bei Beurteilung dieser Eignung ein objektiv-individueller Maßstab anzulegen ist, als dessen Kriterien nicht nur die Wichtigkeit des angedrohten Übels, sondern auch die Verhältnisse und die persönliche Beschaffenheit des Opfers heranzuziehen sind (§ 74 Z 5 StGB), verkennt jedoch, daß die bekämpfte rechtliche Beurteilung einer solchen Prüfung standhält:
Vorliegend bestand die Drohung in der Ankündigung, dem Opfer mit einer Pistole eine Kugel in den Kopf zu schießen (US 7), sohin den Bedrohten zu töten. Demzufolge richtete sich die Drohung gegen das Leben des Opfers, sodaß dem angedrohten Übel besondere Wichtigkeit zukommt. Verstärkt wurde die Drohung durch die Ankündigung, hiebei eine Faustfeuerwaffe bestimmten Typs zu verwenden, sodaß der Bedrohte den Eindruck gewinnen konnte, der Angeklagte würde eine solche Waffe tatsächlich besitzen. Dazu kommt, daß der dem Suchtgiftmilieu angehörende Beschwerdeführer eine erhöhte Agressionsbereitschaft infolge Enthemmung durch Alkohol zeigte. Demgegenüber fällt der individuelle Umstand, daß es sich beim Opfer um einen Polizeibeamten handelte, kaum ins Gewicht, weil dieser auch als Waffenträger dem Angriff gegen sein Leben mittels Schußwaffe nur schwer begegnen könnte. Somit war die vom Erstgericht festgestellte Drohung sehr wohl geeignet, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte Michael Franz B***** nach § 107 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu fünf Monaten Freiheitsstrafe.
Bei der Strafbemessung wertete es fünf einschlägige Vorstrafen wegen Drogendelikten, das Zusammentreffen von drei Vergehen und den raschen Rückfall ("nach der Verurteilung vom 10.1.1997") als erschwerend; als mildernd berücksichtigte es hingegen das weitgehende Geständnis und die durch Suchtgiftergebenheit und Alkoholkonsum bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit.
Die dagegen erhobene Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Strafe und deren bedingte Nachsicht anstrebt, ist ebenso wie die auf eine Straferhöhung abzielende Berufung der Staatsanwaltschaft nicht berechtigt.
Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig angeführt. Der - entgegen der Berufung der Staatsanwaltschaft nur einmal heranzuziehende (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 3) - Erschwerungsgrund des Zusammentreffens in Deliktskonkurrenz (§ 33 Z 1 StGB) ist allerdings in seiner Gewichtung insoferne korrekturbedürftig, als über die drei dem Angeklagten angelasteten Vergehen hinaus auch die Wiederholung der Drohung (II) und des Erwerbes und Besitzes von Suchtgift (I) mitzuberücksichtigen sind. Den Erschwerungsumstand einschlägiger Vorverurteilungen (§ 33 Z 2 StPO) stützte das Schöffengericht zutreffend auf fünf auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorverurteilungen, von denen jedoch vier auf Suchtgiftmißbrauch und eine auf einen Verstoß gegen das Rechtsgut körperlicher Integrität von Menschen zurückgehen (S 9, 11). Der Berufung des Angeklagten zuwider erfolgte die Berücksichtigung der einschlägigen Vorstrafen wegen Drogendelikten (§ 33 Z 2 StGB) zu Recht.
Darüber hinausgehende Erweiterungen bzw Einschränkungen der Strafzumessungsgründe vermochten die Berufungswerber nicht aufzuzeigen.
Die besonderen Strafzumessungsgründe wurden vom Schöffengericht im übrigen entsprechend gewichtet und die sonstigen Strafbemessungsgrundlagen - einschließlich des Ausmaßes der vom Angeklagten verschuldeten Auswirkung der Drohung auf den Bedrohten - im Blick auf die allgemeinen Kriterien des § 32 StGB ebenfalls angemessen berücksichtigt, sodaß weder für eine Herabsetzung noch für eine Erhöhung der vom Erstgericht festgesetzten Strafe ein Anlaß bestand.
Einer bedingten Nachsicht nach § 43 Abs 1 StGB standen beim Ausmaß der Delinquenz des Angeklagten und seinen Vorverurteilungen sowohl spezial- als auch generalpräventive Rücksichten entgegen.
Beide Berufungen mußten daher erfolglos bleiben.
Der Ausspruch der Kostenersatzpflicht ist in § 390 a StPO begründet.