JudikaturOGH

13Os13/98 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Februar 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Helmut Z***** wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Mordes nach §§ 75, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 20.November 1997, GZ 36 Vr 583/97-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien übermittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Helmut Z***** wurde der Verbrechen des (zu II) vollendeten und (zu IV) des versuchten Mordes nach §§ 75 und 15 StGB, (zu I) der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und (zu III) der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie (zu V) des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 1 WaffG schuldig erkannt.

Danach hat er am 5.Mai 1997 in Zöbern

I. versucht, eine im Handarbeitsraum der Hauptschule Zöbern befindliche Mitschülerin durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafs zu nötigen, indem er ihr mit den Worten, er "wolle sie jetzt haben" (jetzt mit ihr einen Geschlechtsverkehr durchführen), einen Revolver am Kopf anhielt,

II. vorsätzlich Annemarie K***** durch die Abgabe von zwei Schüssen aus diesem Revolver getötet,

III. Elfriede N***** durch die Äußerung, "ruft keine Polizei, los raus, sonst erschieß ich euch auch", wobei er den zu I. angeführten Revolver gegen sie richtete und Schüsse auf sie abgab, sohin durch gefährliche Drohung, indem er mit dem Tode drohte und mit Gewalt zur Freigabe des Fluchtweges sowie zur Unterlassung der Verständigung der Gendarmerie genötigt,

IV. versucht vorsätzlich Gertrude W***** zu töten, indem er aus dem genannten Revolver einen Schuß gegen ihren Körper abgab,

V. unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich den genannten Revolver, Kaliber 357 Magnum, Marke Taurus, Modell 607, Waffennummer OD 241716, geführt.

Helmut Z***** bekämpft dieses Urteil mit auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a, 9 (lit) a und b, 10 und 11 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde; dies jedoch zu Unrecht.

Rechtliche Beurteilung

Die Urteilsfeststellung (US 16), daß der Angeklagte (gerichtet an Annemarie K*****) "stirb du alte Sau" gesagt hat, gründete der Schöffensenat ausdrücklich auf die Aussagen von drei Tatzeugen vor dem Untersuchungsrichter. Der dazu gegebene Hinweis, diese Aussage sei unmittelbar nach der Tat gemacht worden, entspricht wörtlich zwar nicht dem exakten Zeitablauf, weil alle diesbezüglich verwerteten Aussagen vor dem Untersuchungsrichter erst sieben Tage nach der Tat erfolgten. Diesem Umstand wurde jedoch (mit Hinweis auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen) keinerlei Beweiswert zuerkannt, sodaß damit ein formeller Begründungsmangel (Z 5) nicht aufgezeigt wird.

Erhebliche Bedenken (Z 5 a) gegen die festgestellte Äußerung des Angeklagten ergeben sich nicht aus den Akten, vielmehr ist sie dort in den (im Urteil zitierten) Vernehmungsprotokollen ausdrücklich enthalten und auch vom Angeklagten nicht ernstlich bestritten (S 145/IV).

Den Rechtsrügen (Z 9 lit a und b sowie 10) ist vorweg zu entgegnen, daß sie nicht vom Urteil und den dort getroffenen Feststellungen und Annahmen ausgehen (s. Mayerhofer StPO4 § 285 a ENr 61).

Die Beschwerdebehauptung (Z 9 lit a), die vom Angeklagten angestrebte Vergewaltigung sei von vornherein aussichtslos und daher strafloser (untauglicher) Versuch gewesen, negiert das Begehungsmittel zur Drohung, nämlich die geladene Waffe und die ausdrückliche Feststellung, daß der Angeklagte beschlossen hatte, in Gegenwart der Lehrerin und anderer Mitschülerinnen das von ihm ausersehene Opfer zum Geschlechtsverkehr mit der Waffe zu zwingen. Daran scheitert auch der Einwand, sein "Vergewaltigungsversuch" sei "wenig ernsthaft" gewesen. Die ohne Bezug auf das Urteil aufgestellte Behauptung, der Angeklagte sei "freiwillig" vom Versuch zurückgetreten, negiert die ausdrücklichen Konstatie- rungen, weshalb (US 13) der Angeklagte das von ihm geplante Sexualdelikt nicht verwirklicht hat.

Der Subsumtionsrüge (Z 10), wonach die Tötung der Annemarie K***** (II) nicht als Mord, sondern als Totschlag (§ 76 StGB) zu beurteilen sei, fehlt die entsprechende Basis, nämlich, daß sich der Angeklagte in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hätte hinreißen lassen. Die in der Beschwerdeargumentation dazu angeführten Umstände finden im Urteil keine entsprechende Feststellungsgrundlage. Nicht die Krankheit seiner Mutter veranlaßte die Tat, vielmehr beruhte die wiederholt gezielte Schußabgabe gegen die Lehrerin Annemarie K***** in Tötungs"absicht" (US 14) festgestelltermaßen auf völlig anderen Erwägungen des Angeklagten; auch Mutlosigkeit und Verzweiflung - wie die Beschwerde, schließlich in Abänderung ihrer urteilsfremden Grundlage, meint - kommen dafür nach den Urteilskonstatierungen nicht in Betracht (neuerlich US 14).

Der weitere Einwand der Beschwerde, der Mordversuch (IV.) sei lediglich die Verwirklichung der vorangehenden gefährlichen Drohung (III.) gewesen, übergeht ebenso die Sachverhaltsfeststellung, daß beide Fakten keineswegs eine idente Personengruppe (wovon die Rechtsmittelausführungen ausgehen), sondern unterschiedliche Einzelpersonen betroffen haben.

Die Strafbemessungsrüge (Z 11) bezeichnet keinen Umstand, der diesen Nichtigkeitsgrund bilden soll, sondern verweist schlicht auf die nachfolgend ausgeführte Strafberufung, die aber ausschließlich Ermessensentscheidungen angreift.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war damit gemäß § 285 d StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, sodaß über die Berufung das zuständige Oberlandesgericht gemäß § 285 i StPO zu entscheiden hat.

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