JudikaturOGH

15Os160/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Dezem- ber 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Zehetner und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kubiczek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerald K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 13.Juni 1997, GZ 20 g Vr 4629/95-135, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen, welche die einzige an sie gerichtete anklagekonforme Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes verneint hatten, wurde Gerald K***** mit dem angefochtenen Urteil von der wider ihn erhobenen Anklage, am 29.März 1993 in Maastricht (Niederlande) den Arslan Ca***** vorsätzlich getötet zu haben, indem er ihm zwei Messerstiche versetzte, wodurch die Brust, die Brusthöhle, beide Lungenflügel, Herz und Herzbeutel perforiert wurden, gemäß § 336 StPO freigesprochen.

Dagegen erhob der öffentliche Ankläger eine allein auf Z 5 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

In der Hauptverhandlung vom 13.Juni 1997 stellte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft unter anderem den Antrag auf Vernehmung von sechs Zeugen, und zwar "Zeugin 13", Ayse K*****, Franziscus De S*****, Catharina Maria D*****, Petronella Cl***** und Hans Rudolf P*****, "zum Nachweis des von ihnen beobachteten Tatablaufes und der Begleitumstände", bezüglich der Zeugin 13 "auch hinsichtlich der Zeugin Ayse K*****" und den Zeugen Hans Rudolf P***** "zum Nachweis über seine Wahrnehmungen, daß der Angeklagte den Mordauftrag erhalten hatte und über die Begleitumstände der Tat" (Punkt 1. S 60/V).

Der Schwurgerichtshof wies diesen Antrag mit der Begründung ab, "Beweisthema und Beweisziel, nämlich der Tatablauf und die Beobachtungen der beantragten Zeugen hiezu sind mit hinreichendem Informationswert aus den im Akt erliegenden Taterhebungen und kontradiktorischen Vernehmungen der Zeugen gegeben" (63/V).

Daraufhin behielt sich der Staatsanwalt die Nichtigkeitsbeschwerde vor.

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider wurden durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis keine Grundsätze des Verfahrens unrichtig angewendet, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Strafverfolgung sichernden fairen Verfahrens geboten war:

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, daß die Begründung für die Antragsabweisung einer unzulässigen Vorwegnahme der - gemäß Art 91 Abs 2 B-VG ausschließlich den Geschworenen übertragenen - Beweiswürdigung nahekommt. Sie muß sich jedoch den Vorwurf gefallen lassen, daß sie die in Beschwerde gezogenen Beweisanträge nicht prozeßordnungsgemäß gestellt hat. Denn zum einen sind die angeführten Beweisthemen für eine in jedem Fall vom Schwurgerichtshof vorzunehmende Relevanzprüfung (§ 345 Abs 4 StPO) zu unbestimmt und zu allgemein, weil ihnen nicht zu entnehmen ist, welche konkreten, für einen Schuldspruch erheblichen Tatsachen dadurch bewiesen werden sollten. Zum anderen wäre der Staatsanwalt verpflichtet gewesen, bereits in der Hauptverhandlung anläßlich seiner Antragstellung (und nicht erst in seiner Beschwerde) begründet darzulegen, warum aus der abermaligen Vernehmung der genannten Zeugen vor Gericht zusätzliche, über die bisherigen Verfahrensergebnisse des Vorverfahrens hinausreichende (vgl etwa ZV der "Zeugin 13", die im übrigen bereits anläßlich ihrer kontradiktorischen Vernehmung angekündigt hatte, zu einer Hauptverhandlung in Österreich nicht kommen zu wollen, und deren Erscheinen nicht erzwingbar ist [§ 72 ARHG]: 293 bis 297, 313 bis 317, 423 bis 433/II; ON 40 iVm ON 46; ZV K*****: 287 f, 457 bis 467/II, 289 bis 297/III; ZV De S*****: 281 f, 435 bis 449/II, 297 bis 303/III; ZV D*****: 305 bis 313, 315 bis 317/III; ZV Cl*****: 281 bis 283, 317 bis 325/III; ZV P*****: ON 86 = ON 97 iVm ON 85/IV) und zum Schuldspruch des Angeklagten führende Umstände zu erwarten gewesen wären (vgl Mayerhofer StPO4 § 345 Z 5 E 13; § 281 Z 4 E 16, 19, 19 b ff).

Darüber hinaus hätte es schon bei Antragstellung der Anführung von Umständen bedurft, welche die abermalige Vernehmung der genannten Zeugen durch das erkennende Gericht im Interesse der Wahrheitsfindung erforderlich scheinen ließen, und weshalb durch den solcherart persönlich gewonnenen Eindruck die Beweiskraft der schriftlichen Aussagen erhöht worden wäre.

In Wahrheit laufen daher alle diese Beweisanträge bloß auf die Aufnahme unzulässiger Erkundungsbeweise hinaus, durch die das Gericht erst zur Vornahme von Ermittlungen zur Klärung der Frage veranlaßt werden sollte, ob von diesen Zeugen eine weitere Förderung der Wahrheitsfindung zu erwarten war (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 88 ff).

Davon abgesehen beruft sich die Beschwerdeschrift teilweise unzulässig auf ein anderes Beweisthema (vgl: "... für die Richtigkeit des Anklagevorwurfes Tatzeugen der Tötung des Mordopfers") als dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 13.Juni 1997 zu entnehmen ist, dessen Berichtigung der öffentliche Ankläger nicht begehrt hat.

Sonach hat das Erstgericht (im Ergebnis) die Durchführung der gestellten Beweisanträge zu Recht abgelehnt, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft - wie auch von der Generalprokuratur beantragt - als offenbar unbegründet gemäß §§ 285 d Abs 1, 344 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war.

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