JudikaturOGH

15Os158/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Dezember 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Dezember 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richterin Mag.Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günter W***** wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mißbrauch der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 5.Mai 1997, GZ 23 Vr 1019/96-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und des Verteidigers zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Günter W***** wurde des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mißbrauch der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 24.Juni 1996 in Kennelbach versucht hat, den Gendarmeriebeamten RI Günter K***** dazu zu bestimmen, mit dem Vorsatz, den Staat in seinem konkreten Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu mißbrauchen, indem er ihm als Gegenleistung für die begehrte Unterlassung einer wegen Überschreitung der für Kraftwagen gemäß § 58 Abs 1 Z 2 lit e KDV auf Autobahnen geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h angedrohten Anzeigeerstattung an die Bezirksverwaltungsbehörde zunächst die Zahlung von 300 S und sodann von 500 S als "Spende in die Polizeikassa" anbot.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen erhob der Angeklagte eine auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch teilweise einer gesetzmäßigen Darstellung entbehrt, weil sie weitgehend nicht - wie dies für die Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes unabdingbar ist - vom gesamten Urteilssachverhalt ausgeht und nicht auf dessen Basis prüft, ob dem Erstgericht ein beweismäßig indizierter Feststellungsmangel zur verläßlichen Beurteilung des Sach- verhaltes unterlaufen ist.

Zunächst geht der Einwand, das Urteil enthalte keine Feststellungen über eine für die Tatbestandserfüllung des § 302 Abs 1 StGB geforderte rechtswidrige Ausübung oder Nichtausübung der dem Gendarmeriebeamten K***** zukommenden Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften und über dessen Verpflichtung, Anzeige zu erstatten oder lediglich Organmandate zu verhängen, an der unmißverständlichen Konstatierung vorbei, derzufolge RI K***** von seinen Vorgesetzten den Auftrag hatte, zur fraglichen Zeit Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen und "allenfalls" (dh im Zusammenhang betrachtet: im Falle tatsächlich festgestellter Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 14 km/h - vgl S 27, 89 -) Anzeige zu erstatten (US 5 erster Absatz). Demnach stand es zwar nach außen hin (§ 50 VStG), aber nicht mehr im Innenverhältnis in seinem freien Ermessen, einen ertappten Temposünder mit einem Strafmandat zu belegen oder ihn anzuzeigen. Daher gehen alle daran geknüpften allgemeinen, teils spekulativen Beschwerdeüberlegungen ins Leere.

Zu Unrecht vermißt der Nichtigkeitswerber die weitere Feststellung, wonach er "gewußt hätte, daß der Beamte eine Anzeige angeblich erstatten müßte"; denn - so argumentiert der Beschwerdeführer verfehlt - müsse der Vorsatz des Amtsmißbrauchs auch das Wissen des Täters umfassen, daß der Beamte im konkreten Fall mit einer Unterlassung der Anzeige eine Pflichtwidrigkeit begehen werde; er sei subjektiv der Meinung gewesen, daß es zulässig gewesen wäre, bei einem derartigen Sachverhalt einen Beamten zu bewegen, von einer Anzeige abzusehen; nur wenn ihn K***** darauf hingewiesen hätte, er müsse ihn anzeigen, und wenn er diesem daraufhin zwecks Abwendung der Anzeige Geld angeboten hätte, läge eine versuchte Bestimmung zum Amtsmißbrauch vor.

Entgegen diesem Vorbringen wurden im ange- fochtenen Urteil - unter Ablehnung der als unglaubwürdig beurteilten widersprüchlichen und leugnenden Verantwortung des Angeklagten durch das Schöffengericht - alle zur Verwirklichung des in Rede stehenden Verbrechens erforderlichen objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen unbedenklich und vollständig festgestellt (US 3 ff). Einer darüber hinausgehenden Konstatierung - wie sie der Beschwerdeführer reklamiert - über das konkrete Wissen des Angeklagten, daß ihn RI K***** wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung anzeigen mußte, bedurfte es - der Beschwerde zuwider - nicht, weil dieser Umstand für die Lösung der aktuellen Schuldfrage bedeutungslos ist. Genug daran, daß ihm K***** - nach den Urteilsfeststellungen - sogleich nach der Anhaltung unmißverständlich mitgeteilt hatte, er werde ihn wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 16 km/h bei der Bezirkshauptmannschaft anzeigen, wobei es unerheblich ist, ob der Beamte im internen Verhältnis dazu verhalten war oder einen Entschluß zur Anzeigeerstattung autonom im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens faßte, und es der Beschwerdeführer gerade darauf angelegt hatte, den Beamten mit dem verlockenden Angebot, eine freiwillige Spende in die Polizeikassa zu zahlen, von seiner Entscheidung abzubringen und amtsmißbräuchlich von einer Anzeige Abstand zu nehmen.

Daß die Voraussetzungen des § 21 Abs 2 VStG (geringfügiges Verschulden, unbedeutende Folgen) gegeben gewesen wären, wird nicht einmal von der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet.

Daß der Vorsatz des Angeklagten auf "wissentliches Anstiften zum Mißbrauch einer Amtsgewalt" gerichtet war, ist der Sachverhaltsfeststellung auf US 5 unzweifelhaft zu entnehmen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 302 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 250 S, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Tagen, wobei es gemäß § 43 a Abs 1 StGB einen Strafteil von 240 Tagessätzen unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah. Bei der Strafbemessung war nichts erschwerend, mildernd hingegen die Unbescholtenheit des Angeklagten und die Tatsache, daß es beim Versuch des Verbrechens geblieben war.

Mit seiner dagegen gerichteten Berufung strebt der Rechtsmittelwerber die bedingte Nachsicht der gesamten Geldstrafe an.

Dies jedoch zu Unrecht. Denn die zur Stützung des Berufungsbegehrens ins Treffen geführten Umstände, nämlich eine Geringfügigkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung und des angebotenen Betrages, vermögen an dem auch insoweit sachgerecht begründeten Sanktionsausspruch des Erstgerichtes nichts zu ändern, zumal dabei nicht nur auf spezialpräventive, sondern auch auf generalpräventive Momente Rücksicht genommen und ohnehin anstelle der in § 302 Abs 1 StGB angedrohten Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe eine äquivalente Geldstrafe - davon die Hälfte bedingt - ausgesprochen wurde. Die bedingte Nachsicht der gesamten Geldstrafe gemäß § 43 Abs 1 StGB ist daher nach Lage des Falles unvertretbar, zumal der Berufungswerber nach seinem eigenen Vorbringen (22) bereits schon fünf- oder sechsmal wegen Verkehrsvergehen bestraft worden ist, weshalb auch der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

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