JudikaturOGH

7Ob332/97t – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herwig B*****, vertreten durch Dr.Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hans R*****, vertreten durch Dr.Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 132.763,86 samt Anhang, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 8.September 1997, GZ 4 R 211/97d-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 7.August 1997, GZ 18 Cg 92/97x-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung von S 132.763,86 samt Anhang und brachte dazu im wesentlichen vor, daß er Rechtsnachfolger der mittlerweile aufgelösten und im Firmenbuch gelöschten F***** B***** M***** OEG sei. Dieses Unternehmen habe im Februar 1995 über vermeintlichen Auftrag der Gerhard K***** GmbH Mängelbehebungsarbeiten bei einem Bauvorhaben in Wien durchgeführt und dafür S 51.120,-- in Rechnung gestellt. Wie sich später herausgestellt habe, habe der Beklagte, der seinerzeit Angestellter der Gerhard K***** GmbH gewesen sei, bei der Auftragserteilung an die F***** B***** M***** OEG ohne Vollmacht gehandelt bzw die Grenzen seiner Vollmacht überschritten, sodaß er den Kläger gemäß § 1009 ABGB für die Werklohnforderung sowie die in dem verlorenen Rechtsstreit gegen die Gerhard K***** GmbH entstandenen Prozeßkosten zu haften habe.

Der Beklagte beantragt die Klagsabweisung und wendete ein, daß er als Angestellter der Gerhard K***** GmbH weder ohne Vollmacht gehandelt noch seine Vollmacht überschritten noch gesonderte Aufträge erteilt habe. Der Kläger stütze sein Begehren im wesentlichen auf den Titel des Schadenersatzes; das Verhalten des Beklagten sei jedoch für den Schaden des Klägers nicht ursächlich gewesen. Er sei auch nicht für die Prozeßführung des Klägers gegen die Gerhard K***** GmbH verantwortlich.

In einer der Klagebeantwortung folgenden Stellungnahme brachte der Beklagte ergänzend vor, daß nach den Klagsbehauptungen eine arbeitsrechtliche Streitigkeit gemäß § 50 Abs 2 Z 3 iVm § 51 Abs 3 Z 2 ASGG vorliege, da der Begriff des "Arbeitnehmers" weit gefaßt sei und unter anderem auch selbständige Unternehmer miteinbeziehe. Dem Beklagten komme im Rahmen des behaupteten Eigengeschäfts gleichgeordnete Subunternehmereigenschaft wie der F***** OEG zu. Der Beklagte beantragte daher eine Beschlußfassung gemäß § 37 Abs 3 ASGG.

Das Erstgericht sprach in der Besetzung nach § 7a Abs 1 JN aus, daß die gegenständliche Rechtssache keine Arbeitsrechtssache sei und daher vom Landesgericht Innsbruck nicht als Arbeits- und Sozialgericht in der Besetzung gemäß § 11 Abs 1 ASGG zu verhandeln und zu entscheiden sei. Die Frage der Gerichtsbesetzung sei aufgrund der Angaben in der Klage zu prüfen. Daraus ergebe sich nicht, daß die vom Beklagten behauptete wirtschaftliche Unselbständigkeit der F***** B***** M***** OEG und des Beklagten im Verhältnis zur H***** KG tatsächlich im maßgeblichen Zeitpunkt vorgelegen sei. Das Merkmal der Arbeitnehmerähnlichkeit im Sinne des § 51 Abs 3 Z 2 ASGG liege daher weder hinsichtlich der Rechtsvorgängerin des Klägers noch des Beklagten in bezug auf die H***** KG vor, sodaß der gegenständliche Rechtsstreit keine Arbeitsrechtssache darstelle.

Die zweite Instanz bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, daß sie um den Ausspruch, daß das Verfahren in der im § 7a JN normierten Gerichtsbesetzung fortzuführen ist, zu ergänzen sei. Der Kläger mache weder nach den Klagsbehauptungen noch nach den Einwendungen des Beklagten eine ihm im Zuge der Arbeit auf dieser Großbaustelle in Wien entstandene Forderung geltend, sondern behaupte, Rechtsnachfolger der F***** B***** M***** OEG zu sein und eine Forderung seiner Rechtsvorgängerin geltend zu machen. Es sei daher nicht zu prüfen, ob dem nunmehrigen Kläger Arbeitnehmereigenschaft zukomme bzw ob er unter den Arbeitnehmerbegriff des § 51 ASGG falle, sondern ob diese Voraussetzungen auf die F***** B***** M***** OEG zutreffen können. Ein Arbeitnehmer oder eine arbeitnehmerähnliche Person könne jedoch immer nur eine natürliche Person und nicht eine juristische Person sein. Bei der OEG handle es sich ebenso wie bei der OHG, KG und KEG zwar nicht um eine juristische Person, aber doch um Gebilde, denen die Rechtsordnung zumindest teilweise Rechtspersönlichkeit zuerkenne. Eine offene Handelsgesellschaft könne jedoch nicht arbeitnehmerähnlich sein, was somit in gleicher Weise auf die offene Erwerbsgesellschaft zutreffe. Da schon aufgrund des Klagsvorbringens auf Seite des Klägers die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne aller im § 51 ASGG geregelten Fälle fehle und der Kläger bzw dessen Rechtsvorgängerin auch nicht Arbeitgeber des Beklagten gewesen sei, habe das Erstgericht zu Recht das Vorliegen einer Arbeitsrechtssache verneint, sodaß die Rechtssache auch nicht vom Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht in der Besetzung gemäß § 11 Abs 1 ASGG zu verhandeln und zu entscheiden sei, sondern in der Besetzung gemäß § 7a JN.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung vom Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 37 Abs 3 ASGG ist die (noch nicht geheilte) unrichtige Gerichtsbesetzung über Parteienantrag oder von Amts wegen zu prüfen. Dazu ist analog zu § 40a JN nicht allein der entsprechende Antrag oder eine bestimmte Bezeichnung durch die Partei, sondern der Inhalt des Begehrens und des ihm zugrundeliegenden Vorbringens der Parteien maßgebend (siehe Kuderna, ASGG, 211). Einwendungen der beklagten Partei hinsichtlich der Gerichtsbesetzung sind jedenfalls dann beachtlich, wenn sie substantielles Vorbringen beinhalten, die geeignet sind, die berechtigten Zweifel an der richtigen Gerichtsbesetzung zu stützen bzw zu erhärten. In diesem Fall hätte das Erstgericht aufgrund der Einwendungen notwendige Erhebungen zur Prüfung der ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung vorzunehmen. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, können dem Klagsvorbringen keine auf die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit hinweisende Umstände entnommen werden.

Sofern sich ein Beklagter nicht auf die bloße Bestreitung des Klagsvorbringens beschränkt und sich bei deren Nachweis dem klägerischen Begehren zu unterwerfen hat, trifft ihn für anspruchsvernichtende Einwendungstatsachen eine Behauptungs- und Beweislast (vgl Rechberger in Rechberger ZPO vor § 266 Rz 7). Dies gilt auch für die Unzuständigkeit und dem diesem gleichzuhaltenden Besetzungsstreit. Eine amtswegige Vorgangsweise hat erst bei Hervorkommen eines entsprechenden Tatsachensubstrates Platz zu greifen. In dem als Stellungnahme bezeichneten Schriftsatz brachte der Beklagte lediglich vor, daß nach den Klagsbehauptungen eine arbeitsrechtliche Streitigkeit gemäß § 50 Abs 2 (richtig: Abs 1) Z 3 iVm § 51 Abs 3 Z 2 ASGG vorliege. Dabei hat es der Beklagte unterlassen, geeignete Tatsachen samt Beweisanboten zur Begründung seiner Einwendungen vorzubringen, die darauf schließen lassen könnten, daß es sich bei den Streitteilen um Arbeitnehmer bzw arbeitnehmerähnliche Personen im Sinn des § 51 ASGG handelt. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß die OEG, deren Rechtsnachfolger der Kläger ist, wirtschaftlich unselbständig gewesen wäre, also etwa gänzlich auf die ihr von der Gerhard K***** GmbH oder der H***** KG übertragene Arbeiten angewiesen war. Ebensowenig kann davon ausgegangen werden, daß der Beklagte, der Dienstnehmer der Gerhard K***** GmbH war, in dieser Eigenschaft wirtschaftlich unselbständiger Subunternehmer dieses Unternehmens bzw der H***** KG gewesen wäre. Mangels Tatsachensubstrats in der Klagebeantwortung bzw in der Stellungnahme des Beklagten war dem Revisionsrekurs daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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