JudikaturOGH

10ObS288/97v – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. November 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr sowie die fachkundigen Laienrichter SR Dr.Kurt Scherzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wilhelm Hackl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Giovanni L*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Helmut Salzbrunn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Arbeitsmarktservice, Versicherungsdienste, Pasettistraße 74, 1200 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Sonderunterstützung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23.April 1997, GZ 7 Rs 94/97p-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28.November 1996, GZ 28 Cgs 170/96m-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 19.7.1937 geborene Kläger war ab 2.10.1995 bei der I***** GmbH als Korrespondent für Italienisch beschäftigt. Wegen Nichterhalt des vereinbarten Arbeitsentgeltes erklärte der Kläger mit Schreiben vom 28.12.1995 seinen vorzeitigen Austritt. Das Schreiben hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"Da mein Schreiben ....... vom 30.11.1995 zurückkam und auch der dritte eingeschriebene Brief an Sie vom 18.12.1995 unbeantwortet geblieben und die Auszahlung der Gehälter bis heute nicht erfolgt ist, trete ich mit Ablauf des 2.Jänner 1996 aus ihrer Firma, ohne Verzicht auf meine Rechtsansprüche, vorzeitig aus."

Aufgrund seines Antrages vom 2.1.1996 wurde dem Kläger ab diesem Tag Arbeitslosengeld zuerkannt. Am 10.7.1996 stellte der Kläger den Antrag auf Sonderunterstützung, der von der beklagten Partei abgewiesen wurde.

Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage begehrt der Kläger, die beklagte Partei zur Gewährung der Sonderunterstützung gemäß § 1 SUG ab 1.1.1996 zu verpflichten. Er erfülle die Voraussetzungen für die begehrte Leistung.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Das Dienstverhältnis des Klägers habe nach dem 1.1.1996 geendet, der Anfallstag für das Arbeitslosenentgelt liege ebenfalls nach diesem Tag, so daß die begehrte Leistung nach den Bestimmungen des Art IV Abs 3 der Novelle zum Sonderunterstützungsgesetz BGBl 1996/153 nicht zustehe.

Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers ab. Da das Dienstverhältnis des Klägers durch vorzeitigen Austritt zum 2.1.1996 geendet habe, seien die Voraussetzungen, unter denen nach den Übergangsbestim- mungen der Novelle der Anspruch auf Sonderunterstützung für die Zeit ab 1.1.1996 weiter zustehe, nicht erfüllt. Der Kläger habe nach den Verfahrensergebnissen gegen seinen Dienstgeber Ansprüche bis einschließlich 2.1.1996 geltend gemacht, woraus sich ergebe, daß er selbst davon ausgehe, daß das Dienstverhältnis bis 2.1.1996 bestanden habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Wohl sei grundsätzlich von der Unvereinbarkeit der vorzeitigen Auflösung mit einer Auflösungsfrist auszugehen, doch werde die Zulässigkeit einer solchen Fristsetzung von der Judikatur bejaht, wenn die Frist kurz sei und im Interesse des Erklärungsempfängers liege. Hier sei die Frist dermaßen kurz gewesen, daß sich die Frage stelle, ob überhaupt von einer Befristung im eigentlichen Sinne gesprochen werden könne und überdies sei die Fristsetzung im Interesse des Dienstgebers gelegen.

Durch die Novelle zum Sonderunter- stützungsgesetz BGBl 1996/153 (folgenden kurz Novelle) sei die allgemeine Sonderunterstützung grundsätzlich ab 1.4.1996 abgeschafft worden. Gemäß Art IV Abs 3 Z 1 der Novelle seien § 1 Abs 1 Z 2 und § 5 Abs 7 - 10 SUG idF des BGBl 1995/297 jedoch für Ansprüche weiter anzuwenden, deren Anfallstag vor dem 1.1.1996 liege; dies gelte auch dann, wenn der Anspruchswerber nachweise, daß sein Dienstverhältnis vor dem 1.1.1996 gekündigt oder einvernehmlich aufgelöst oder durch gerichtlichen Vergleich beendet worden sei und aufgrund von Kündigungsfristen oder Terminen oder aufgrund des Vergleiches erst am 31.12.1995 oder später beendet worden sei. Die weitere Anwendbarkeit der in Frage stehenden Bestimmungen sei daher in diesen Fällen dann gegeben, wenn die Auflösungserklärung zwar vor dem 1.1.1996 erfolgt, das Dienstverhältnis aber erst nach diesem Tag beendet worden sei. Dies gelte aber nur für die im Gesetz ausdrücklich genannten Endigungsgründe. Der (unter Fristsetzung erfolgte) Austritt sei in diesem taxativen Katalog nicht genannt. Da das Dienstverhältnis des Klägers erst am 2.1.1996 geendet habe, eine Sonderbestimmung, die ungeachtet dessen die weitere Anwendbarkeit der grundsätzlich mit 31.12.1995 außer Kraft getretenen Normen festlege, jedoch fehle, komme seinem Begehren keine Berechtigung zu.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihm die Sonderunterstützung gemäß § 1 SUG zuerkannt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungs- antrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung des Berufungsgerichtes, daß die Voraussetzungen für eine weitere Anwendung der Bestimmungen des § 1 Abs 1 Z 2 (Anspruchsberechtigung) und § 5 Abs 7 bis 10 (Anspruchshöhe) SUG idF vor der Novelle beim Kläger nicht vorliegen, ist zutreffend.

Bei der Vorenthaltung des Entgeltes handelt es sich um einen Dauertatbestand, der den Dienstnehmer solange zum Austritt berechtigt, wie das rechtswidrige Verhalten des Dienstgebers andauert. Es steht ihm dabei auch frei, den Austritt zu einem in der Zukunft liegenden Zeitraum zu erklären, er nimmt damit nur in Kauf, daß dann, wenn zwischenzeitig das Entgelt nachgezahlt wird, die Voraussetzungen für den vorzeitigen Austritt nicht mehr vorliegen.

Der Revisionswerber führt ins Treffen, bei Absendung des Austrittsschreibens am 28.12.1995 hätte die Sendung den Dienstgeber jedenfalls erst am 2.1.1996 erreicht, so daß der Fristsetzung keine Bedeutung zukomme. Abgesehen davon, daß bei Absendung am 28.12.1995 (Donnerstag) durchaus mit der Zustellung der Sendung an das ebenfalls in Wien ansässige Dienstgeberunternehmen am folgenden Tag zu rechnen war, kommt es darauf nicht an.

Gemäß Art IV Abs 3 SUG idF der Novelle gelten die oben genannten, mit dieser Novelle außer Kraft gesetzten Bestimmungen des SUG weiterhin für Personen, bei denen die dort näher bezeichneten Bezugsvoraussetzungen nach dem AlVG bestehen (was für den Kläger unstrittig zutrifft), jedoch ua nur dann, wenn der Anfallstag des Bezuges nach dem AlVG vor dem 1.1.1996 liegt oder die Person nachweist, daß ihr Dienstverhältnis vor dem 1.1.1996 beendet wurde und aufgrund von Kündigungsfristen oder Kündigungsterminen, die auf Gesetz oder Normen der kollektiven Rechtsgestaltung beruhen oder aufgrund eines Vergleiches erst am 31.12.1995 oder später beendet wurden.

Aus dieser Regelung ergibt sich, daß der Gesetzgeber grundsätzlich die Weitergeltung der früheren Rechtslage daran binden wollte, daß das Dienstverhältnis vor dem 1.1.1996 beendet wurde. Nur dann, wenn die Beendigungserklärung vor diesem Zeitpunkt abgegeben wurde, das Dienstverhältnis jedoch aus vom Dienstnehmer nicht zu vertretenden Gründen (Gesetz oder Kollektivvertrag) über den 1.1.1996 weiter aufrecht blieb, sollte auf den Zeitpunkt der Beendigungserklärung abgestellt werden. Gleiches gilt für die einvernehmliche Auflösung und den Vergleich; auch hier kann der Dienstnehmer bezüglich des Beendigungszeitpunktes nicht selbstbestimmt entscheiden, da in beiden Fällen eine Vereinbarung mit der Dienstgeberseite notwendig ist, was naturgemäß ein Eingehen auf deren Standpunkt, unter Umständen auch hinsichtlich des Beendigungszeitpunktes, erfordert.

Hier hat der Kläger jedoch von sich aus, ohne Veranlassung durch äußere Umstände die Beendigung des Dienstverhältnisses zum 2.1.1996 erklärt. Da sich der Sachverhalt diesbezüglich von den gesetzlich genannten Tatbeständen, in denen die Teleologie der Übergangsbestimmung klar zum Ausdruck kommt, unterscheidet, liegt auch keine Gesetzeslücke vor, die einer Analogie zugänglich wäre.

Die Vorinstanzen haben daher das Begehren des Klägers zu Recht abgewiesen, so daß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Anhaltspunkte für solche Gründe aus der Aktenlage.

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