JudikaturOGH

14Os124/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Holzweber, Dr.Ratz und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kunz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mustafa K***** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Fall und § 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen, AZ 12 Vr 368/95 (früher AZ 11 E Vr 155/95) des Landesgerichtes Leoben, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß vom 30.April 1996 (ON 111) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kirchbacher, zu Recht erkannt:

Spruch

Der abweisende Teil des Beschlusses des Landesgerichtes Leoben vom 30. April 1996, GZ 12 Vr 368/95-111, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 393 Abs 2 StPO iVm §§ 1 und 4 Abs 1 und Abs 2 Z 2 UStG.

Text

Gründe:

Nach rechtskräftigem Abschluß des gegen Mustafa K***** geführten Strafverfahrens beantragte dessen mit Beschluß vom 8.März 1995 gemäß § 41 Abs 2 StPO iVm § 39 Abs 1 Z 1 JGG beigegebener Verteidiger Dr.Johannes S***** die Bestimmung seiner Barauslagen, bestehend aus Fahrtkosten und einer Parkgebühr, mit 635 S zuzüglich 20 % USt im Betrag von 127 S, insgesamt somit 762 S. Das Landesgericht Leoben bestimmte mit zufolge Rechtsmittelverzichts der Parteien rechtskräftigem Beschluß vom 30.April 1996 die zu vergütenden Barauslagen mit 635 S und wies das Mehrbegehren auf Ersatz der Umsatzsteuer mit der Begründung ab, daß eine Barauslagenvergütung nicht umsatzsteuerpflichtig sei.

Dieser Beschluß steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - in seinem abweisendene Teil mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Die von einem Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens ausgeführten Leistungen unterliegen der Umsatzsteuer, wenn sie gegen Entgelt erbracht werden (§ 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994). Entgelt ist - soweit hier von Bedeutung - alles, was der Empfänger einer Leistung aufzuwenden hat, um diese zu erhalten (§ 4 Abs 1 UStG 1994), wobei zum Entgelt auch das gehört, was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (Abs 2 Z 2 leg. cit.).

Durch das Inkrafttreten des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. 1994/663, mit 1.Jänner 1995 entfiel die bisherige Ausklammerung bundesgesetzlich geregelter Zuschüsse aus dem umsatzsteuerrechtlichen Entgeltbegriff. Bis dahin war die gemäß § 393 Abs 2 StPO vom Bund zu leistende Vergütung der Barauslagen des Verfahrenshilfeverteidigers nach § 4 Abs 2 Z 2 zweiter Satz UStG 1972 vom Entgeltbegriff ausgenommen und daher umsatzsteuerfrei (NRsp 1992/45). Das Umsatzsteuergesetz 1994 enthält dagegen keine entsprechende Anordnung (EBRV 1715 BlgNR 18.GP 49).

Eine Barauslagenvergütung gemäß § 393 Abs 2 StPO für nach dem 1. Jänner 1995 von Verfahrenshelfern erbrachte Leistungen ist demzufolge grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig (§ 28 Abs 1 UStG 1994), die zitierte Judikatur durch die Änderung der Rechtslage überholt. Nur "durchlaufende Posten" im Sinn des § 4 Abs 3 UStG 1994, das sind Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt, gehören weiterhin nicht zum Entgelt und sind daher nach wie vor umsatzsteuerfrei. Reisekosten zählen nicht dazu (Kolacny/Mayer, UStG2 § 4 Anm 21 und 13, Geschäftsunkosten; VwSlg 1488 F; zum Ganzen Ungerank, AnwBl 1996, 81).

Dem Verfahrenshilfeverteidiger wäre daher auch der Ersatz der auf die Barauslagen entfallenden 20 %igen Umsatzsteuer (§ 10 Abs 1 UStG 1994) zuzusprechen gewesen.

Diese Gesetzesverletzung, die den Angeklagten nicht benachteiligte, war antragsgemäß festzustellen.

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