6Ob2209/96p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 6.November 1995 verstorbenen Max R*****, zuletzt *****, infolge Rekurses der R*****bank *****, vertreten durch Dr.Gottfried Hammerschlag und Dr.Wilhelm Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 7.Juni 1996, GZ 1 R 147/96-20, womit der Rekurs der Bank gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 3.April 1996, GZ 25 A 582/95v-12, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am 6.11.1995 verstorbene Max R***** hinterließ vier Geschwister und drei Nachkommen vorverstorbener Geschwister. Katharina W***** war seine Lebensgefährtin. Die R*****bank ***** gab dem Gerichtskommissär bekannt, daß der Erblasser zum Todestag unter anderem Sparguthaben auf drei Sparbüchern (mit den Nr. 30.203.954, 30.237.119 und 30.231.476, letzteres geändert auf Nr. 30.250.369) je mit unterschiedlichen Losungswörtern hatte.
In der ersten Abhandlungstagsatzung, in der festgestellt wurde, daß mangels eines aufrechten Testamentes die gesetzliche Erbfolge eintrete, gab die Lebensgefährtin des Erblassers bekannt, dieser habe ihr das Sparbuch Nr. 30.231.476 unter Bekanntgabe des Losungswortes schon zu Lebzeiten übergeben, für den Fall der Bestreitung dieses Anspruches behalte sie sich die Erhebung einer Erbschaftsklage aufgrund der Kopie eines Testamentes oder eines mündlichen Testamentes vor. Eine Sperre des Sparguthabens wurde vom Verlassenschaftsgericht nicht verfügt. Am 26.3.1996 schlossen die Erbberechtigten, die unbedingten Erbserklärungen abgegeben hatten, vor dem Gerichtskommissär ein Erbübereinkommen, nach dem unter anderem die erblasserischen Sparguthaben und Fahrnisse von den Beteiligten nach ihren Erbquoten in ihr Miteigentum übernommen werden, wobei ihr gemeinsamer Vertreter Rechtsanwalt Dr.P***** die Guthaben realisieren und zusammenziehen, aushaftende Forderungen zahlen und den Rest unter die Erben nach Erbquoten aufteilen solle. Die Sparguthaben wurden, ohne daß eine Klärung der Besitz- und Eigentumsverhältnisse erfolgte, in das eidesstättige Vermögensbekenntnis aufgenommen. Die Beteiligten waren sich einig, daß die R*****bank ***** zu den drei Sparbüchern sowie zu einem Bausparvertrag des Erblassers von der alleinigen Verfügungsberechtigung ihres Anwaltes über die erliegenden Guthaben verständigt werden solle.
Das Erstgericht stellte der Bank folgendes Schriftstück zu:
Beschluß
Verlassenschaftssache nach dem am 6.11.1995 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen, zuletzt in ***** wohnhaft gewesenen Pensionisten Max R*****.
Die R*****bank ***** wird zu Sparbuch Nr. 30.203.954, 30.237.119, 30.231.476 und 30.250.369 und zu Bausparvertragsnummer LT-7139.2880 davon verständigt, daß über das hiezu erliegende Guthaben Herr Dr.Erich Peter P*****, Rechtsanwalt, ***** allein verfügungsberechtigt ist.
Bezirksgericht Klagenfurt, am 3.4.1996"
Am selben Tag wurde der Nachlaß den sieben gesetzlichen Erben eingeantwortet.
Gegen diesen "Beschluß" erhob die Bank Rekurs mit dem Vorbringen, die Lebensgefährtin des Erblassers habe einen Tag nach dessen Tod, ohne diesen bekanntzugeben, das Sparbuchschließfach des Erblassers geöffnet und am nächsten Tag das Sparbuch Nr. 30.231.476 (Guthaben-Saldo mehr als 1,9 Mio S) bei einer anderen Bank zur Einlösung vorgelegt, jedoch ein falsches Losungswort angegeben. Die Rekurswerberin habe auch bei einem weiteren Einlösungsversuch, bei welchem ihr Schadenersatzansprüche angedroht worden seien, nach von ihr verfügter Verlaßsperre, die Einlösung verweigert. Im Verlassenschaftsverfahren seien die Besitz- und Eigentumsverhältnisse an dem Sparbuch, das sich offenkundig noch in Händen der Lebensgefährtin des Verstorbenen befinde, strittig und nicht geklärt worden. Durch den angefochtenen Beschluß sei eine unklare Lage entstanden, wer nun tatsächlich verfügungsberechtigt sei. Der Beschluß sei, da ein Sparbuch ein Legitimationspapier darstelle, ersatzlos zu beheben. Gleichzeitig stellte die Bank den Antrag, das Sparguthaben zum gerichtlichen Erlag anzunehmen und machte als Erlagsgegner die Lebensgefährtin, die Verlassenschaft und Dr.Erich P***** namhaft. Dem Erlagsantrag wurde stattgegeben.
Das Rekursgericht wies den Rekurs zurück.
Voraussetzung für Zulässigkeit eines Rechtsmittels sei ein Eingriff in die Rechtssphäre des Rechtsmittelwerbers. Der Oberste Gerichtshof habe ein Anfechtungsrecht dort bejaht, wo die Feststellung des Gerichtes zwar keinen unmittelbar bindenden Einfluß auf die davon betroffene Behörde gehabt habe, der Beschluß aber so ausgelegt werden könnte, als ob er in Überschreitung der der Gerichtsbarkeit in Außerstreitsachen gesetzten Grenzen darauf abziele, die betroffene Behörde an seine Rechtsansicht zu binden. Davon könne hier keine Rede sein, weil gleichzeitig mit dem angefochtenen Beschluß der Nachlaß den Erben eingeantwortet und in dessen Rahmen festgestellt worden sei, daß nach der Erbenübereinkunft deren Anwalt verfügungsberechtigt sei. Nach dem Akteninhalt habe sich das strittige Sparbuch zum Todestag des Erblassers in dessen Eigentum in seinem Sparbuchschließfach bei der Rekurswerberin befunden. Das Erstgericht habe seine Anordnung in Befolgung der Vorschrift des § 174 AußStrG getroffen, es sei daher nicht ersichtlich, inwieweit die Rechtsstellung der Rechtsmittelwerberin gefährdet sein könnte, wenn sie dem Gerichtsauftrag nachkomme.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil eine Judikatur fehle, ob sich ein Bankinstitut gegen einen Gerichtsauftrag wehren könne, wenn ein am Verlassenschaftsverfahren Unbeteiligter Ansprüche auf zur Verlassenschaft gehörende Sachen erhebe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Voraussetzung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels im Sinne des § 9 AußStrG ist ein Eingriff in die geschützte Rechtssphäre. Der Begriff einer anfechtbaren Verfügung ist unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung rechtlicher Interessen zu beurteilen. Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels dort abzulehnen, wo die Rechtsstellung des Beteiligten nicht gefährdet ist, wie etwa bei bloßen Kenntnisnahmen, Mitteilungen oder Rechtsbelehrungen. Nur wenn die gerichtliche Mitteilung so ausgelegt werden könnte, als ob sie in Überschreitung der der Gerichtsbarkeit in Außerstreitsachen gesetzten Grenzen darauf abziele, den Betroffenen an seine Rechtsansicht zu binden, liegt ein Eingriff in die Rechtssphäre des Adressaten vor (ÖBA 1991, 294 mwN).
Die Verständigung der Rechtsmittelwerberin durch das Erstgericht ist zwar als "Beschluß" bezeichnet, enthält aber die bloße Mitteilung, daß ein Rechtsanwalt - offenbar gemeint ist, namens der sieben in der Einantwortungsurkunde genannten Erben - allein über die bezeichneten Sparkonten verfügungsberechtigt sei. Eine Ausfolgungsanordnung an die Rechtsmittelwerberin oder der Ausspruch einer Verfügungsberechtigung des Anwaltes ohne Vorlage des Sparbuches als Legitimationspapier oder auch nur ein Ausfolgungsersuchen enthält der "Beschluß" nicht. Er stellt auch keine Aufhebung einer vom Gericht verfügten Sperre dar. Diese wurde vielmehr von der Bank selbst aufgrund der AGBKr vorgenommen. Insoweit steht es der Bank daher frei, einem Begehren des Rechtsvertreters der Erben zu entsprechen oder nicht. Ihre Rechtsposition wird durch die Mitteilung nicht beeinträchtigt und es besteht daher auch kein Rechtschutzinteresse an der Bekämpfung der erstgerichtlichen Verfügung. Die Rechtsmittelwerberin kann sich auch nicht darauf stützen, der Beschluß sei so unklar oder mehrdeutig, daß sie daraus hätte ableiten können, das Erstgericht habe die ihm in Außerstreitsachen gesetzten Grenzen überschritten und sie sei an eine Rechtsansicht über die Eigentumsverhältnisse an dem strittigen Sparbuch gebunden. Sie selbst hat darauf verwiesen, unter welchen Voraussetzungen sie zur Auszahlung eines Sparguthabens verpflichtet ist und gleichzeitig mit der Bekämpfung des erstgerichtlichen "Beschlusses" wegen der widerstreitenden Forderungsansprüche einen Antrag auf Gerichtserlag des Sparguthabens gestellt, der vom Erstgericht noch vor der Entscheidung des Rekursgerichtes auch bewilligt wurde. Damit war aber jedenfalls eine allfällige Unklarheit beseitigt und die Beschwer weggefallen. Das Rekursgericht hat daher im Ergebnis zu Recht den Rekurs der Bank zurückgewiesen. Allerdings ist seiner in der Begründung vertretener Rechtsansicht entgegenzutreten, daß sich "nach dem Akteninhalt das gegenständliche Sparbuch zum Todestag des Erblassers in dessen Eigentum in seinem Sparbuchschließfach bei der Bank befunden habe, die Rechtsstellung der Bank könne nicht gefährdet sein, wenn sie dem Gerichtsauftrag nachkomme". Ein Gerichtsauftrag wurde zu Recht nie erteilt. Mangels einer Inventarerrichtung wurde im Verlassenschaftsverfahren nicht einmal der Besitz des Erblassers an dem Sparbuch zum Todeszeitpunkt geprüft, die Eigentumsfrage aber ist keinesfalls im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens, sondern nur im streitigen Rechtsweg zu klären.