3Ob16/96 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) H***** Gesellschaft mbH Co KG und 2.) M***** Gesellschaft mbH, beide *****, vertreten durch Dr. Alois Nußbaumer und Dr. Stefan Hoffmann, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die verpflichtete Partei C*****, vertreten durch Dr.Robert Csokay, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 127.910,64 s.A., infolge Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 15. Jänner 1996, GZ 11 R 48/95-33, womit die Exekutionsbewilligung des Landesgerichtes Wels vom 9. Oktober 1995, GZ 2 Cg 239/93m-28, abgeändert wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs und die von der verpflichteten Partei hiezu erstattete Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die betreibenden Parteien beantragten in einem am 6.10.1995 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz, ihnen gegen die verpflichtete Partei, eine Gesellschaft mit dem Sitz in Italien, auf Grund eines Urteils des Erstgerichts, mit dem die Klage der verpflichteten Partei abgewiesen und ihnen Kosten in der Höhe von S 127.910,64 s.A. zugesprochen wurden und gegen das die verpflichtete Partei fristgerecht Berufung erhoben hatte, die Exekution zur Sicherstellung der Forderung von S 127.910,64 s.A. durch Pfändung von Forderungen auf Bezahlung des Kaufpreises, die der verpflichteten Partei gegen sie (betreibende Parteien) aus verschiedenen Warenlieferungen zustünden, zu bewilligen. Sie brachten dazu vor, daß zur Hereinbringung ihrer Forderung Exekution in Italien geführt werden müsse, weil die verpflichtete Partei in Österreich - gemeint offensichtlich: außer den zu pfändenden Forderungen - kein Vermögen besitze. Auf Grund der allseits bekannten Schwierigkeit und vor allem Unsicherheit des Zahlungsverkehrs mit Italien sowie der damit einhergehenden oftmals vorliegenden Zahlungsunwilligkeit italienischer Unternehmer bestehe die Gefahr, daß ohne die beantragte Exekution die Einbringung der Kostenforderung vereitelt oder erheblich erschwert würde. Zu der schlechten Zahlungsmoral italienischer Firmen komme noch hinzu, daß nichts über die Vermögensverhältnisse der verpflichteten Partei in Erfahrung gebracht werden habe können und somit davon auszugehen sei, daß mangels ausreichenden Vermögens die Einbringung der Forderung entweder überhaupt nicht oder nur unter erschwerten Umständen möglich sein werde.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution in Form eines Bewilligungsvermerks gemäß § 112 Abs 1 Geo.
Das Rekursgericht wies infolge Rekurses der verpflichteten Partei den Exekutionsantrag ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es sei ohne Bedeutung, daß hier der Exekutionstitel in Italien vollstreckt werden müßte, weil dieses Land das Übereinkommen vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ratifiziert habe. Die notwendige Vollstreckung im Ausland rechtfertige daher gemäß § 370 letzter Halbsatz EO in der hier schon maßgebenden Fassung der EO-Nov 1995 die Bewilligung der Sicherungsexekution nicht. Die betreibenden Parteien hätten aber auch keine anderen Umstände glaubhaft gemacht, aus denen hervorgehe, daß ohne die Exekution die Einbringung der gerichtlich zuerkannten Geldforderung vereitelt oder erheblich erschwert werden würde. Hiefür sei die Bescheinigung einer konkreten objektiven Gefährdung erforderlich, es müßten also konkrete Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen der Schluß gezogen werden könne, daß ohne die Exekution zur Sicherstellung die Exekution entweder gänzlich vereitelt oder doch erheblich erschwert würde. Die betreibenden Parteien hätten aber in ihrem Exekutionsantrag bloß allgemeine und abstrakte Behauptungen aufgestellt. Sie hätten nicht einmal behauptet, daß sich die verpflichtete Partei in einer ungünstigen Vermögenssituation befinde, deren weitere Verschlechterung in Zukunft zu besorgen sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil es seit dem Inkrafttreten der EO-Nov 1995 noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage gebe, welche Anforderungen an die Gefährdungsbehauptungen und -bescheinigungen im Falle der Notwendigkeit der Vollstreckung eines Urteils in einem EU-Mitgliedsstaat zu stellen seien.
Rechtliche Beurteilung
Der von den betreibenden Parteien gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs und die hiezu von der verpflichteten Partei erstattete Beantwortung sind unzulässig.
Gemäß dem zweiten Tatbestand des § 370 EO in der hier gemäß Art VIII Abs 1 EU-Nov 1995 schon maßgebenden Fassung dieser Novelle ist die Exekution zur Sicherstellung zu bewilligen, wenn dem Gericht glaubhaft gemacht wird, daß zum Zweck der Einbringung einer Geldforderung das Urteil in Staaten vollstreckt werden müßte, die weder das Übereinkommen vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen noch das Übereinkommen vom 16.9.1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ratifiziert haben. Der darin geregelte Tatbestand ist daher nicht erfüllt, wenn das Urteil in einem Staat vollstreckt werden müßte, der entweder das Übereinkommen vom 27.9.1968 (= Brüsseler Übereinkommen) oder das Übereinkommen vom 16.9.1988 (= Luganer Übereinkommen) ratifiziert hat. Hier ist nicht strittig, daß das den Exekutionstitel bildende Urteil in Italien vollstreckt werden müßte. In diesem Staat standen aber zur Zeit der Exekutionsbewilligung sowohl das Brüsseler Übereinkommen (seit 1.2.1973; vgl Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht5 455) als auch das Luganer Übereinkommen (seit 1.12.1992; vgl Kropholler aaO 45) in Kraft. Da der Revisionsrekurs zu den vom Rekursgericht zu dieser Bestimmung geäußerten Rechtsansicht, daß sie die Bewilligung der beantragten Exekution nicht rechtfertige, kein Vorbringen enthält, wird in diesem Zusammenhang eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des gemäß § 78 EO maßgebenden § 528 Abs 1 ZPO nicht aufgezeigt; der Oberste Gerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlaßt, hiezu weiter Stellung zu nehmen.
Zu prüfen ist somit nur der erste Tatbestand des § 370 EO, wonach dem Gericht glaubhaft gemacht werden muß, daß ohne die Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung die Einbringung der gerichtlich zuerkannten Geldforderung vereitelt oder erheblich erschwert werden würde. Dabei kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an und es ist nicht zu erkennen, welchen Einfluß hierauf allgemein die Tatsache haben könnte, daß der Exekutionstitel in einem Staat vollstreckt werden müßte, welcher der Europäischen Gemeinschaft angehört. Der vom Rekursgericht für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses angeführte Grund liegt daher nicht vor. Der Lösung der Frage, ob das Vorbringen der hier betreibenden Partei ausreicht, um eine Gefährdung im Sinn der angeführten Gesetzesstelle darzutun, kommt aber keine über den Anlaßfall hinausgehende Bedeutung zu, weshalb die im § 528 Abs 1 ZPO für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses festgelegten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Der Revisionsrekurs der betreibenden Parteien ist somit nicht zulässig. Dasselbe gilt aber auch für die hiezu von der verpflichteten Partei erstattete Revisionsrekursbeantwortung, weil sie im Verfahren über einen die Bewilligung der Exekution betreffenden Rekurs nicht vorgesehen ist.