JudikaturOGH

8ObA157/97i – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Juni 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Reg.Rat Gerhard Kriegl und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr.Rainer F*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 28.390,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Februar 1997, GZ 10 Ra 349/96h-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17.Juni 1996, GZ 29 Cga 74/96f-9, bestätigt worden ist, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Akt wird dem Berufungsgericht zur Verbesserung des Urteils gemäß § 419 ZPO durch Nachtrag eines Ausspruches gemäß § 45 Abs 1 ASGG zurückgestellt.

Sollte die Revision gemäß § 46 Abs 1 ASGG für nicht zulässig erklärt werden, ist dem Kläger Gelegenheit zum Nachtrag der Ausführungen gemäß § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zu geben.

Text

Begründung:

Der Kläger vereinbarte mit der beklagten Partei die einvernehmliche Auflösung seines Arbeitsverhältnisses mit 31.3.1992. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 6.10.1995 erhielt er ab 1.5.1995 eine Berufsunfähigkeitspension zuerkannt. Die ihm nach dem Pensionsstatut der beklagten Partei (idF vom 30.6.1990) gebührende Invaliditätspension (§ 6 des Pensionsstatuts) wurde vereinbarungsgemäß durch Zahlung eines Abfindungsbetrages (von S 946.016,-- netto) abgegolten.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Verzinsung dieses Abfindungsbetrages mit 6 % p.a. für den Zeitraum 1.5.1995 bis zum Zeitpunkt der tatsächlich erfolgten Zahlung durch Gutschrift auf seinem Konto am 2.11.1995 in der Höhe des (unstrittigen) Klagsbetrages.

Die beklagte Partei bestritt das Klagsvorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, nach dem Pensionsstatut habe eine Verzinsung der der Berechnung der Pension zugrundeliegenden Einmalzahlung nur bis zum Eintritt des Leistungsfalles (§ 11 Abs 5 des Pensionsstatuts) zu erfolgen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und führte unter anderem aus, ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision nach § 46 Abs 1 ASGG habe zu entfallen, weil die Revision schon nach § 46 Abs 3 Z 3 ASGG zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die (ordentliche) Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 506 Abs 1 Z 5 ZPO fehlen.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG (idF der ASGG-Novelle 1994, BGBl 624) ist die Revision auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 (des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage) in Verfahren zulässig....

über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen und über vertragliche Ruhegenüsse.

§ 46 Abs 3 ASGG enthält zwar eine (scheinbar) taxative Aufzählung, kann aber durch Analogie ausgeweitet werden, sodaß im Falle von wiederkehrenden Ansprüchen nach dem Bundestheaterpensionsgesetz die Revision "jedenfalls" zulässig ist (9 ObA 185/95 = ecolex 1996, 114 = DRdA 1996/33, 338). Ein vertraglicher Ruhegenuß ist zwischen den Parteien nicht strittig; Streitgegenstand ist vielmehr eine Berechnungsmodalität bzw die Verzinsung der vereinbarten einmaligen Abfindung. Eine solche Abfindung durch Einmalzahlung ist im Pensionsstatut nicht vorgesehen. Mangels einer Rechtsgrundlage für die Zahlung einer einmaligen Abfindung (vgl gesetzliche Option des Arbeitnehmers im Sinne der §§ 6 Abs 5 und 7 Abs 6 BPG) bedarf es für die Abfindung einer Vereinbarung gemäß § 1414 ABGB. Durch die Hingabe an Zahlungsstatt (Reischauer-Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1414) wird anderes als das Geschuldete zur Tilgung der ursprünglichen Verbindlichkeit gegeben, sie dient als Erfüllungssurrogat (Leistung an Zahlungs Statt, datio in solutum). Mit der Hingabe wird die alte Schuld getilgt. Die Leistung an Zahlungs Statt ist die mit Willen beider Parteien anstelle der ursprünglichen tretende Erfüllungshandlung, die zugleich die Leistungspflicht ändert (Koziol-Welser Grundriß I10 276). Auf die unterschiedlichen Meinungen von Reischauer (aaO Rz 6 und 7) und Koziol-Welser aaO zur Leistung an Zahlungs Statt braucht hier nicht weiter eingegangen zu werden, jedenfalls wird durch den Hingabevertrag ein neuer Rechtsgrund für die Leistung geschaffen, mag auch noch die ursprüngliche Vereinbarung im Falle der Geltendmachung von Willensmängeln oder Gewährleistungsansprüchen (teilweise) fortbestehen. Gerade ein solcher Rückgriff auf den ursprünglich bestehenden Rechtsgrund der Firmenpension (vertraglichen Ruhegenuß) ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht erfolgt, auch nicht in der sich aus der Höhe der - ohne Vereinbarung einer Leistung an Zahlungs Statt - gebührenden Invaliditätspension sich ergebenden Abfindung. Streitgegenstand ist lediglich die sich aus unterschiedlichen Auffassungen über den Leistungsanfall ergebende Verzinsung des an sich unstrittigen Abfindungsbetrages. Streitgegenstand ist also nicht ein Verfahren über einen vertraglichen Ruhegenuß im Sinne eines auf den Begriffskern eingeschränkten Verständnisses.

Eine erweiternde Auslegung des Begriffes "vertraglicher Ruhegenuß" könnte bis zur Grenze des äußersten möglichen Wortsinnes (vgl F.Bydlinski-Rummel, ABGB2 Rz 17 zu § 6; derselbe Methodenlehre2 324; Koziol-Welser aaO 20) aber auch noch die Abfindung eines vertraglichen Ruhegenusses als solchen im Sinne des § 46 Abs 3 Z 3 zweiter Fall ASGG umfassen. Nach der Teleologie von § 46 Abs 3 Z 3 ASGG ist aber aus dem engen Systemzusammenhang zu den wiederkehrenden Leistungen in Sozialrechtssachen und aus der "jedenfalls" gegebenen Zulässigkeit der Revision über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gemäß § 46 Abs 3 Z 1 zweiter Fall ASGG, in welchem Fall noch laufende Entgeltansprüche des Arbeitnehmers gemäß § 1155 Abs 1 ABGB entstehen können, zu folgern, daß dieser äußerste mögliche Wortsinn der Teleologie der Bestimmungen über die Revisionszulässigkeit nicht gerecht wird, wenn der Zweck, den Obersten Gerichtshof vor der Inanspruchnahme durch allzu viele Rechtsmittel durch eine Einschränkung auf "erhebliche Rechtsfragen" im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG zu entlasten, bedacht wird. Da somit die Zulässigkeit der Revision sich nicht aus § 46 Abs 3 ASGG ergibt, kann diese nur bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG gegeben sein. Es ist daher ein Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 45 Abs 1 ASGG geboten und dessen Fehlen gemäß § 419 ZPO zu berichtigen.

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