JudikaturOGH

1Nd27/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache des Alexander A*****, gegen die Republik Österreich, wegen Amtshaftung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Antrag des Alexander A*****, ihm die Zahlung der mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 30.Jänner 1996, GZ 1 Nd 27/95-4 (22 Nc 3/96y des Landesgerichtes für ZRS Graz) verhängten Ordnungsstrafe von S 2.000,-- in vier Monatsraten zu bewilligen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Beim Erstgericht ist ein Verfahren über die Bewilligung der Verfahrenshilfe anhängig. Mit Beschluß vom 30.Jänner 1996 (ON 4) verhängte der Oberste Gerichtshof aus Anlaß einer Entscheidung gemäß § 9 Abs 4 AHG über den Antragsteller eine Ordnungsstrafe in der Höhe von S 2.000,--, weil dieser in einer Eingabe Richter des Oberlandesgerichts Wien auf unqualifizierte Weise beschimpft hatte. Gegen diesen Strafbeschluß erhob der Antragsteller "Einspruch", mit welchem er - für den Fall der Erfolglosigkeit - den Antrag verband, ihm die Bezahlung der Ordnungsstrafe in vier Monatsraten zu bewilligen. Auch diese Eingabe enthielt beleidigende Ausfälle, diesmal gegen die Mitglieder des erkennenden Senats. Das Erstgericht wies mit Beschluß ON 9 das als "Einspruch" bezeichnete Rechtsmittel zurück und den Antrag auf Bewilligung der Ratenzahlung ab. Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs seien unanfechtbar. Bei den gemäß § 86 ZPO verhängten Ordnungsstrafen sei die Gewährung von Ratenzahlungen gesetzlich nicht vorgesehen. Aus Anlaß eines dagegen erhobenen Rekurses des Antragstellers hob das Erstgericht mit Beschluß ON 12 Punkt 2. seiner Entscheidung, mit welchem es das Ratengesuch abgewiesen hatte, ersatzlos auf. Über das Ratengesuch sei nicht vom Gericht, sondern in einem Justizverwaltungsverfahren gemäß § 9 GEG zu entscheiden, weshalb der angefochtene Beschluß in diesem Punkt gemäß § 522 ZPO aufzuheben gewesen sei. Das Oberlandesgericht Graz gab mit Beschluß ON 15 dem Rekurs des Antragstellers gegen Punkt 1. des Beschlusses ON 9, mit welchem das als "Einspruch" bezeichnete Rechtsmittel zurückgewiesen worden war, nicht Folge und verhängte über den Antragsteller eine Ordnungsstrafe von S 3.000,--. Schon das Erstgericht habe zutreffend darauf verwiesen, daß Beschlüsse des Obersten Gerichtshofes unanfechtbar seien. Im Hinblick auf die nach Verhängung der Ordnungsstrafe durch den Obersten Gerichtshof neuerlich erhobenen höchst beleidigenden Ausfälle des Antragstellers gegen den erkennenden Senat des Obersten Gerichtshofes sei eine Ordnungsstrafe festzusetzen gewesen. Nunmehr übermittelte das Erstgericht den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über das Ratengesuch des Antragstellers.

Rechtliche Beurteilung

Vor Eingehen in die Sache selbst ist die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung zu prüfen. Diese ist aus folgenden Gründen zu bejahen:

Gemäß § 220 Abs 3 ZPO ist die Geldstrafe im Falle der Zahlungsunfähigkeit in Haft umzuwandeln. Für diese Umwandlung ist jenes Gericht zuständig, das die Geldstrafe verhängt hat, also etwa auch das Rechtsmittelgericht (SZ 44/117; 5 Ob 168/71; 1 Ob 14/83; Gitschthaler in Rechberger ZPO § 220 Rz 3). Es müssen daher auch jene Beschlüsse, die unmittelbar den Bestand der Ordnungsstrafe betreffen und somit auch für die Umwandlung in eine Freiheitsstrafe von Bedeutung sind, dem Gericht vorbehalten bleiben, das die Strafe verhängte.

Die Zivilprozeßordnung kennt keine Regelung über die Bewilligung von Ratenzahlungen bei Ordnungsstrafen. Für den Bereich der Justizverwaltung ordnet § 9 Abs 5 GEG an, daß die Bestimmungen über die Verlängerung der Zahlungsfrist, die Entrichtung in Teilbeträgen und den Nachlaß vorgeschriebener Zahlungen auf Geldstrafen jeder Art nicht anzuwenden sind. Gemäß § 1 Z 2 GEG sind unter dem Begriff "Geldstrafen aller Art" unter anderem auch Ordnungsstrafen zu verstehen.

Der Oberste Gerichtshof hat in SZ 26/84 ausgesprochen, daß die Zivilgerichte rechtskräftig verhängte Ordnungsstrafen gnadenweise erlassen können. Dies liege in der Natur einer solchen Verfügung als eines dem Ermessen der Gerichte anheimgestellten Sühnemittels, das mit dem Schwinden des Zwecks entfallen kann. Es sei wohl angezeigt, aus § 522 ZPO einen Analogieschluß darauf zu ziehen, daß der Richter die Ordnungsstrafe auch noch nach Ablauf der Rekursfrist und auch in anderen als den im Gesetz ausdrücklich erwähnten Fällen nachsehen könne. In JBl 1956, 450 hat der Oberste Gerichtshof diese Ansicht nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern lediglich ausgesprochen, daß gesetzlich vorgeschriebene Strafen wie etwa die Mutwillensstrafe gemäß § 512 ZPO nicht gnadenweise nachgesehen werden können. Die Vorgangsweise bei jenen Strafen, deren Verhängung der Gesetzgeber in das Ermessen des Gerichts gestellt hat - wie etwa durch die hier zu beurteilende Kann-Bestimmung des § 86 ZPO - ließ der Oberste Gerichtshof unerörtert. Auch die Entscheidung JBl 1959, 39 befaßte sich mit der zuletzt genannten Frage nicht, sondern sprach aus, daß die Versagung eines Gnadenerweises nicht im Instanzenzug bekämpft werden könne. In weiterer Folge hatte sich der Oberste Gerichtshof - soweit überblickbar - mit der Möglichkeit des Erlasses verhängter Ordnungsstrafen nicht mehr zu beschäftigten. Fasching (Komm. II 1016) hält eine gnadenweise Nachsicht von Ordnungsstrafen und Mutwillensstrafen durch die Zivilgerichte für unzulässig, soweit sie das Gesetz nicht selbst hiezu ermächtige. In der Regel werde § 522 ZPO die notwendige Korrektur ermöglichen. Sofern dies nicht geschehen könne, werde - entgegen der in SZ 26/84 geäußerten Rechtsansicht - die analoge Anwendung des § 411 StPO Abhilfe gewähren. Gitschthaler (aaO Rz 8 und 9) hält eine nachträgliche Aufhebung nur in den Fällen der §§ 333 Abs 1 ZPO (Zeugen) und 354 Abs 1 (Sachverständige) für möglich, darüber hinaus sei die Möglichkeit einer gnadenweisen Nachsicht im Hinblick auf § 9 Abs 5 GEG wohl zu verneinen.

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß von einer gnadenweisen Nachsicht der Ordnungsstrafe nicht nur deren teilweiser oder gänzlicher Erlaß, sondern auch die Bewilligung von Ratenzahlungen erfaßt wäre. Der erkennende Senat muß jedoch die hier dargestellte strittige Frage der gnadenweisen Nachsicht nicht entscheiden, weil selbst bei deren Bejahung der Antragsteller einer derartigen Vorgangsweise nicht teilhaftig werden könnte, hat er doch unmittelbar nach Verhängung der Ordnungsstrafe in einem Schriftsatz neuerlich die dem Gericht schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzt und so gezeigt, daß jede Art der Nachsicht ihm gegenüber fehl am Platz wäre.

Bei Prüfung des Ratengesuchs darf auch der Gedanke nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Bezahlung der vom Strafgericht verhängten Geldstrafen gemäß § 409a StPO unter den dort genannten Voraussetzungen in Raten bewilligt werden kann. Es könnte einen Wertungswiderspruch darstellen, daß bei den im allgemeinen wesentlich schwerer wiegenden, nach den Bestimmungen des StGB zu ahndenden Delikten Zahlungserleichterungen möglich, im Falle von Ordnungswidrigkeiten nach der Zivilprozeßordnung jedoch als gesetzlich nicht vorgesehen ausgeschlossen wären. Es könnte daher ein allgemeiner, bei der Verhängung von Geldstrafen anzuwendender Grundsatz dem Gesetze unterstellt werden, wonach dann, wenn die Zahlung wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation des Pflichtigen mit besonderer Härte verbunden wäre, Aufschub oder Ratenzahlung gewährt werden kann. Auch diese Rechtsmeinung muß jedoch hier nicht endgültig auf ihre Richtigkeit geprüft werden, weil sich aus dem Akt ergibt, daß dem Antragsteller der Beschluß des Obersten Gerichtshofs über die Verhängung einer Ordnungsstrafe bereits am 5.4.1996 zugestellt wurde und er daher bereits in den Genuß eines faktischen, weit über die beantragte Dauer der Ratenzahlungen hinausgehenden Zahlungsaufschubs gelangt ist. Es wäre dem Antragsteller ohneweiteres zumutbar gewesen, in dieser Zeit entsprechende Beträge anzusparen. Ein weiteres Zuwarten mit der Einbringung der Ordnungsstrafe würde sich mit deren Zweck nicht vereinen lassen.

Der Antrag ist daher abzuweisen.

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