3Ob2390/96h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache 1.) der am 10.Juli 1986 geborenen Elvira T***** und 2.) der am 23.März 1989 geborenen Ida T*****, beide vertreten durch ihre Mutter Sabina T*****, die Mutter vertreten durch Dr.Karl Wampl und Dr.Elisabeth Mühlberger, Rechtsanwälte in Salzburg, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters der Kinder Peter E*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 29.Mai 1996, GZ 21 R 226-228/96-959, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird als verspätet zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der angefochtene Beschluß wurde dem Revisionsrekurswerber am 10.9.1996 gemäß § 8 Abs 2 ZustG durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch zugestellt. Dies war zulässig. Mit Schreiben vom 25.8.1995, ON 868, teilte der Rechtsmittelwerber dem Erstgericht mit, daß ab September 1995 nur mehr die Zustellanschrift Niederndorf, Postfach 12 gültig sei. Ein Postfach ist aber keine Abgabestelle im Sinn des § 4 ZustG (10 ObS 221/92 = SSV-NF 6/128 Walter/Mayer, Das österreichische Zustellrecht 32). Schon mit Schreiben des Erstgerichtes vom 25.9.1995, ON 879, wurde dem Vater daher der Auftrag erteilt, eine Abgabestelle oder (erneut) einen Zustellungsbevollmächtigten samt ladungsfähiger Anschrift bekannt zu geben, andernfalls zukünftige Zustellungen an die zuletzt bekannte Abgabestelle durch Hinterlegung ohne Zustellversuch erfolgen werde. Nachdem der Rechtsmittelwerber dem Erstgericht mitgeteilt hatte, er verstehe den Beschluß vom 25.9.1995 dahin, daß die Hinterlegung beim Postamt Niederndorf, erfolgen werde, wurde er vom Erstgericht mit Schreiben vom 25.3.1996, ON 936, darauf aufmerksam gemacht, daß ab sofort sämtliche Zustellungen im anhängigen Verfahren durch Hinterlegung ohne Zustellversuch an die Adresse 1120 Wien, Aichholzgasse 31(= die letzte bekannte Abgabestelle im Inland) erfolgen werden. Die demnach zulässigerweise ohne vorausgehenden Zustellversuch hinterlegte Sendung gilt gemäß § 23 Abs 4 ZustG mit dem ersten Tag der Hinterlegung und somit am 10.9.1996 als zugestellt. Auf den Tag, wann sie der Empfänger erhalten hat, kommt es hingegen nicht an. Die Frist zur Erhebung des Rekurses, die gemäß § 11 Abs 1 AußStrG 14 Tage beträgt, endete daher am 24.9.1996, einem Dienstag. Der Revisionsrekurs wurde aber erst am 30.9.1996 zur Post gegeben und ist deshalb verspätet.
Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG, der auch für Revisionsrekurse gilt (EvBl 1991/91 mwN), bleibt es zwar dem Ermessen des Gerichtes überlassen, auch nach verstrichener Frist auf Rekurse in denjenigen Fällen Rücksicht zu nehmen, wo sich die Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt. Dies trifft zu, soweit der Revisionsrekurs die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Rekurse betrifft, die der Revisionsrekurswerber gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 10.10.1995, ON 887, sowie vom 3.1.1996, ON 907, und gegen den Punkt 1 des Beschlusses vom 3.1.1996, ON 908 erhob.
Mit den zuerst genannten Beschluß wurden die Gebühren eines Sachverständigen bestimmt. In dessen Gebührenanspruch würde bei Änderung der Entscheidung das Rekursgericht eingegriffen. Überdies ist der Revisionsrekurs in diesem Punkt gemäß § 14 Abs 2 Z 4 AußStrG jedenfalls unzulässig. Mit dem zweiten Beschluß wurde eine Vereinbarung pflegschaftsbehördlich genehmigt, welche die Eltern der Kinder über das Besuchsrecht für das Jahr 1996 schlossen. Aus dieser Verfügung ist den Kindern ein Recht darauf erwachsen, daß das Besuchsrecht (nur) in dem vereinbarten und genehmigten Umfang ausgeübt wird. Das verspätete Rechtsmittel darf deshalb nicht mehr berücksichtigt werden (EF 34.943). Im Punkt 1 des dritten Beschlusses wurde der Antrag des Revisionsrekurswerbers, dem Ehemann der Mutter der Kinder durch einstweilige Verfügung jeden körperlichen Kontakt mit den Kindern, insbesondere das Betreten ihrer Schlafräume, zu untersagen, abgewiesen. Würde dieser Beschluß auf Grund des Revisionsrekurses abgeändert oder zur Ergänzung des Verfahrens aufgehoben, so wäre dies zum Nachteil des Antragsgegners, zumal dieser bisher am Verfahren nicht beteiligt war und daher durch eine solche Entscheidung seine verfahrensrechtliche Stellung beeinträchtigt würde. Auch dies steht aber der Berücksichtigung eines verspäteten Rechtsmittels entgegen (EF 64.606, 44.532 ua).
Etwas anderes gilt nur, soweit das Rekursgericht den Rekurs zurückgewiesen hat, den der Revisionsrekurswerber gegen den Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses vom 3.1.1996, ON 908, erhob. Damit wurde ein Sachverständiger bestellt. Daraus ist aber niemand ein Recht erwachsen, weil der Sachverständige keinen Anspruch auf Bestellung hat. Aber auch wenn sich die angefochtene Entscheidung ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt, darf ein verspätetes Rechtsmittel auf Grund des § 11 Abs 2 AußStrG nur berücksichtigt werden, wenn es in der Sache berechtigt wäre (EvBl 1991/91 mwN; 4 Ob 548/96). Dies trifft aber nicht zu. Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt nicht vor, weil über den Ablehnungsantrag noch nicht rechtskräftig entschieden war (EF 58.463; Miet 35.796, 7 Ob 619/94; Fasching IV 114). Bei der Entscheidung über die Bestellung eines Sachverständigen handelt es sich um keine Endentscheidung. Das Gericht II.Instanz war daher befugt und wegen der vom Rekurswerber immer wieder betonten Dringlichkeit, eine Endentscheidung herbeizuführen, auch verpflichtet, über das Rechtsmittel ungeachtet des Ablehnungsantrages zu entscheiden. Sollte der Ablehnungsantrag Erfolg haben, wird in dem darüber zu ergehenden Beschluß im Sinn des § 25 JN, Schlußsatz auszusprechen sein, inwieweit das vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben wird (SZ 65/125 ua; Mayr in Rechberger, Rz 3 zu § 25 JN). In der Sache entspricht die Entscheidung des Rekursgerichtes aber der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EF 70.233, 61.267 ua). Es darf unter diesen Umständen von dem Ermessen, auf den verspäteten Revisionsrekurs Bedacht zu nehmen, nicht Gebrauch gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn eine Nichtigkeit behauptet wird (SZ 42/110 ua).