12Os147/96 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pösinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Markus S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 127, 129 Z 1 und 15 StGB, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 14. Juni 1996, GZ 17 E Vr 503/96-7, und den zugleich gefaßten Beschluß auf nachträgliche Straffestsetzung zu AZ 4 U 815/94 des Bezirksgerichtes St.Pölten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 14. Juni 1996, GZ 17 E Vr 503/96-7, und der zugleich gefaßte Beschluß über den nachträglichen Strafausspruch zu AZ 4 U 815/94 des Bezirksgerichtes St.Pölten verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 494 a Abs 1 Z 3 StPO.
Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Strafausspruch und der zugleich gefaßte Beschluß gemäß § 494 a Abs 1 Z 3 StPO werden aufgehoben und es wird dem Landesgericht St.Pölten die neuerliche Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung aufgetragen.
Text
Gründe:
Mit (gemäß § 458 Abs 2 und 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 7. Juli 1995, GZ 4 U 815/94-9, wurde der am 1. Dezember 1975 geborene Markus S***** des am
5. oder 6. April 1994, sohin vor Vollendung seines neunzehnten Lebensjahres begangenen Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt. Gemäß § 13 Abs 1 JGG wurde der Ausspruch der deswegen zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.
Mit (gemäß §§ 488 Z 7, 458 Abs 2 und 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes St.Pölten vom 14. Juni 1996, GZ 17 E Vr 503/96-7, wurde Markus S***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch (als Beteiligter) nach den §§ 12 (dritter Fall), 127, 129 Z 1 und Z 2 und 15 StGB schuldig erkannt und gemäß § 129 StGB unter Anwendung des § 41 Abs 1 Z 5 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Mit zugleich gefaßtem Beschluß sprach der Einzelrichter "gemäß § 494 a Abs 1 Z 3 StPO und § 15 Abs 1 JGG" zum Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 7. Juli 1995, GZ 4 U 815/94-9, eine (Freiheits )Strafe von einem Monat aus, welche gleichfalls gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Die Festsetzung von zwei gesonderten Sanktionen durch das Landesgericht St.Pölten steht - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend geltend macht - mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 494 a Abs 1 Z 3 StPO hat das Gericht bei Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung, die vor Ablauf der Probezeit nach einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe begangen wurde, die Voraussetzungen für einen nachträglichen Strafausspruch (§§ 15, 16 JGG) zu prüfen und im Fall ihrer Bejahung "die Strafe in einem Ausspruch so zu bemessen, wie wenn die Verurteilung wegen beider strafbarer Handlungen gemeinsam erfolgt wäre". Das Gesetz schließt somit für die hier gegebene Fallgestaltung einen nachträglichen Strafausspruch als gesonderte Unrechtsfolge grundsätzlich aus und schreibt insoweit eine von der Fiktion gemeinsamer Aburteilung aller zu ahndenden Taten ausgehende Sanktionsfindung nach den Bestimmungen über das Zusammentreffen strafbarer Handlungen (§ 28 StGB, §§ 21 f FinStrG) bzw der Zusammenrechnung der Werte und Schadensbeträge (§ 29 StGB) vor. Die gemeinsame Strafbemessung nach § 494 a Abs 1 Z 3 StPO darf demgemäß nur dann zu gesonderten Strafaussprüchen führen, wenn die maßgebenden Vorschriften über das Zusammentreffen strafbarer Handlungen derartige getrennte Strafen vorsehen (11 Os 129/90 = NRsp 1991/72).
Im vorliegenden Fall wäre daher unter Zugrundelegung der für die von beiden Schuldsprüchen umfaßten Diebstahlsfakten maßgebenden Strafdrohung des § 129 StGB nur eine Strafe zu verhängen gewesen. Der dem hier nicht anwendbaren Kumulationsprinzip entsprechende und daher verfehlte Ausspruch einer gesonderten Strafe für die im Schuldspruch des Bezirksgerichtes St.Pölten festgestellte Straftat wirkt sich zum Nachteil des Beschuldigten aus, weshalb in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach § 292 letzter Satz StPO spruchgemäß zu erkennen war (erneut 11 Os 129/90).