JudikaturOGH

7Ob2153/96k – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Oktober 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 20.5.1977 geborenen Roland D***** infolge Revisionsrekurses des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Jugendwohlfahrt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 21. März 1996, GZ 13 R 98/96i-42, womit infolge Rekurses des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Jugendwohlfahrt, der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 19.Jänner 1996, GZ 4 P 55/93-34, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 9.3.1993, ON 77, entzog das Erstgericht der Mutter des Roland D***** die Obsorge und übertrug die Obsorge dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Amt für Jugend und Familie.

Mit Beschluß vom 8.2.1994 hob das Erstgericht auf Antrag des Magistrats der Landeshauptstadt Linz die Obsorgeübertragung an den Magistrat für den Teilbereich der Pflege und Erziehung auf und übertrug die Obsorge in diesem Umfang dem Amt der OÖ Landesregierung, Abteilung Jugendwohlfahrt.

Mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 20.7.1994 wurde dem dagegen erhobenen Rekurs des Amtes der OÖ Landesregierung Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens zur Prüfung der Frage aufgetragen, ob Roland D***** aufgrund seines Sozialverhaltens einer besonderen intensiven sozialpädagogischen Betreuung bedürfe.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht mit Beschluß vom 19.1.1996 den Antrag des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, ihm die Obsorge in den Teilbereichen der Pflege und Erziehung zu entziehen und die Obsorge insoweit dem Amt der OÖ Landesregierung zu übertragen, zurück (erster Absatz) und sprach aus, daß der Beschluß vom 9.3.1993, ON 77, dahin abgeändert werde, daß die Obsorge dem Land Oberösterreich als Jugendwohlfahrtsträger zukomme (zweiter Absatz).

Gegen letzteren Ausspruch (zweiter Absatz) dieses Beschlusses erhob das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung Rekurs mit dem Antrag auf (ersatzlose) Aufhebung dieses Beschlußpunktes.

Das Rekursgericht gab diesem Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hinsichtlich der Frage, wer nach dem OÖ JWG als Jugendwohlfahrtsträger anzusehen sei, uneinheitlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Es ist zwar richtig, daß der Oberste Gerichtshof einerseits in 2 Ob 602/93 (= 1994/141) ausgesprochen hat, daß nach § 4 OÖ JWG die der Bezirksverwaltungsbehörde zustehende Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung der Landesregierung übertragen werden könne, während in der Entscheidung 9 Ob 514/95, der sich die Vorinstanzen nunmehr anschlossen, dargelegt wird, daß im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung des OÖ JWG die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesregierung ungeachtet ihrer Bezeichnung als "Jugendwohlfahrtsträger" im OÖ JWG nicht als "Jugendwohlfahrtsträger" im Sinn des § 4 Abs 1 JWG 1989 und des § 176 a ABGB anzusehen seien. Jugendwohlfahrtsträger sei ungeachtet landesgesetzlicher Kompetenzbestimmungen immer das Land (so auch 1 Ob 2148/96f; vgl auch 6 Ob 547/93 = EvBl 1993/191 zum Kärntner JWG).

Die aufgezeigte Frage ist im vorliegenden Fall aber nur mehr von theoretisch-abstrakter Bedeutung, weil Roland D***** am 20.5.1996 (ehe der Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt wurde) das 19.Lebensjahr vollendet hat. Damit ist die Obsorge bereits erloschen (§§ 21 Abs 2, 172 ABGB). Es endeten auch alle hier denkbaren Maßnahmen im Bereich der Jugendwohlfahrt.

Es fehlt daher dem Rechtsmittelwerber die Beschwer, die nach ständiger Rechtsprechung auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel bestehen muß. Denn es ist nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen, über bloß theoretische Fragen zu entscheiden. Das Fehlen einer Beschwer, also eines Anfechtungsinteresses, macht ein Rechtsmittel unzulässig, so daß der Revisionsrekurs ungeachtet des Ausspruches des Gerichtes zweiter Instanz über seine Zulässigkeit als unzulässig zurückzuweisen war (siehe Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 9 vor § 461 ZPO mit zahlreichen Nachweisen).

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