JudikaturOGH

7Ob2197/96f – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. September 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann Matthias H*****, vertreten durch Dr.Gerhard Schatzlmayr und Dr.Klaus Schiller, Rechtsanwälte in Schwanenstadt, wider die beklagte Partei Anna H*****, vertreten durch Dr.Günter Kottek, Rechtsanwalt in Wels, wegen Ehescheidung, infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 15.Jänner 1996, GZ 21 R 15/96x-21, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 10.August 1995, GZ 1 C 251/94k-13, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte die Scheidung der Ehe mit der Beklagten aus deren alleinigem Verschulden. Die Beklagte trat dem Scheidungsbegehren nicht entgegen, stellte aber den Antrag, die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers zu scheiden.

Das Erstgericht schied die Ehe und sprach aus, daß beide Parteien zu gleichen Teilen die Schuld an der Scheidung trügen.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil insoweit ab, als es das überwiegende Verschulden des Klägers feststellte. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Gewichtung von ehebrecherischen Beziehungen nach vollständiger Zerrüttung der Ehe erhebliche Bedeutung zukomme und ein Teil der Lehre der Ansicht der Rechtsprechung zur Beurteilung des Ehebruchs als absoluten Scheidungsgrund entgegenstehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Da die Ehe rechtskräftig, und zwar (auch) aus dem Verschulden der Beklagten wegen des begangenen Ehebruches geschieden wurde, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob der Ehebruch (§ 47 EheG) einen absoluten Scheidungsgrund darstellt (vgl hiezu Pichler in Rummel2 II, Rz 1 zu § 47 EheG).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen sondert sich der Kläger bereits seit etwa sechs Jahren von der Familie ab, schließt sich von familiären Aktivitäten aus, verbietet Besuche von Bekannten der Beklagten in der ehelichen Wohnung, beschimpft Besucher, absolviert beinahe täglich ausgedehnte Gasthausbesuche, konsumiert Alkohol, ist dann aggressiv, beschimpft die Beklagte, verbietet ihr, den aus gemeinsamen Mitteln erworbenen PKW zu benützen und hilft im landwirtschaftlichen Betrieb und bei der Durchführung notwendiger Hausreparaturen nicht oder nur unzulänglich mit. Dazu kam vor drei bis vier Jahren, daß er der Beklagten den Zutritt ins eheliche Schlafzimmer und jeglichen sexuellen Kontakt verweigerte, ohne daß die Beklagte zu all diesen Verhaltensweisen Anlaß gegeben hätte.

Die Ansicht der Vorinstanzen, daß es der Kläger war, der die gänzliche Zerrüttung der Ehe bereits längere Zeit vor den Kontakten der Beklagten zu einem anderen Mann und deren Ehebruch (Jahresende 1994/1995) herbeigeführt habe, kann unter diesen Umständen nicht als rechtsirrig angesehen werden. Das festgestellte kontinuierliche Verhalten des Klägers läßt auch nicht die Argumentation zu, daß sämtliche Verfehlungen des Klägers in der Vergangenheit, soweit sie sechs Monate vor Klagseinbringung gesetzt worden seien, verfristet seien und deshalb bei der Verschuldensabwägung nicht mehr berücksichtigt werden könnten (vgl Pichler in Rummel2 II, Rz 2 zu § 57 EheG).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß auch ein Ehebruch als schwerste Eheverfehlung gegen die eheliche Treue gegenüber den Verfehlungen des anderen Ehegatten nicht den Ausschlag geben muß, und zwar vor allem dann, wenn der Ehebruch zu einem Zeitpunkt gesetzt wurde, als die Ehe wegen des Verhaltens des anderen Ehegatten bereits unheilbar zerrüttet war (EFSlg 20.516;

EFSlg 51.652; EFSlg 57.222 je mwN; vgl weiters etwa EFSlg 63.460;

EFSlg 72.392). Das Gericht zweiter Instanz bewegt sich daher bei der Gewichtung der wechselweise gesetzten Scheidungsgründe im Rahmen der Grundsätze einer ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. In der Beurteilung der besonderen Umstände dieses Einzelfalles durch das Gericht zweiter Instanz ist kein extremes Abweichen von der in der Rechtsprechung anerkannten Ermessensübung zu erblicken, so daß eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegt (vgl Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 3 zu § 502 ZPO mwN).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionverfahrens gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO. Für die Revisionsbeantwortung waren der Beklagten mangels eines Hinweises auf die Unzulässigkeit der Revision keine Kosten zuzuerkennen.

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