JudikaturOGH

15Os79/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juni 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Spieß als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred H***** und Maurice S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend beide Angeklagten sowie über die Berufung des Angeklagten H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6.Dezember 1995, GZ 1 a Vr 994/95-66, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr.Hauptmann, des Angeklagten S***** sowie der Verteidiger Dr.Krist und Mag.Scheed, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten H*****, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird in der Ablehnung des Ausspruchs, die Angeklagten hätten die Betrügereien in der Absicht begangen, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sowie der Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung des schweren Betruges und demzufolge auch in den Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 1 StPO die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte H***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Manfred H***** und Maurice S***** wurden des - vom 30.November 1994 bis 31.August 1995 in Wien teils unter Verwendung gefälschter Kreditkartenbelege, teils eines gefälschten Postausweises in zehn Fällen im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter, in weiteren sieben Fällen vom Angeklagten H***** allein und in zwei Fällen vom Angeklagten S***** allein begangenen (insoweit abweichend von der Anklageschrift ON 52 nur des) - Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 und 15 StGB (A.), der Angeklagte H***** überdies des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB (B.) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Mit ihrer auf Z 5 und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Staatsanwaltschaft ausschließlich die Nichtannahme gewerbsmäßiger Begehung des schweren Betruges im Sinne des zweiten Falles des § 148 StGB hinsichtlich beider Angeklagten.

Zu Recht erblickt die Beschwerdeführerin in der Unterlassung jeglicher inhaltlicher Auseinandersetzung des Erstgerichtes mit der Reichweite des umfassenden Geständnisses der Angeklagten, welches sie nach dem Vortrag der ihnen die erwähnte Betrugsqualifikation zur Last legenden Anklage und nach Verzicht ihrer Verteidiger auf Replik zu Beginn der Hauptverhandlung ohne Einschränkung abgelegt und in ihrer Vernehmung nicht mehr geändert hatten (79 ff, 86/II), eine Unvollständigkeit der Begründung jener Urteilsfeststellung, wonach den Angeklagten die Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht erweislich sei (US 16). Diese - auch die subjektive Tatseite umfassenden - Geständnisse erwähnt das Erstgericht zwar in seiner Beweiswürdigung (US 15 letzter Absatz), wertet aber dessen ungeachtet und isoliert in seinen weiteren Ausführungen nur mehr die schlechte Einkommenslage der Angeklagten, die Wiederholung der Tathandlungen und beim Angeklagten H***** überdies die einschlägigen Vorstrafen als nicht hinreichend taugliche Indizien für einen sicheren Nachweis der gewerbsmäßigen Betrugsabsicht, weil zwischen der betrügerischen Behebung von PSK-Anweisungen und den Einkäufen mit der Kreditkarte ein Zeitraum von ca acht bis neun Monaten lag und lediglich Manipulationen mit einer einzigen Kreditkarte vorgenommen wurden (US 16).

Von diesem formalen Verstoß gegen die Verpflichtung zu vollständiger Erörterung aller für und wider die Angeklagten sprechenden Verfahrensergebnisse abgesehen, spricht der Ansicht des Schöffengerichtes zuwider selbst die Behauptung des Angeklagten H*****, sie hätten den betrügerischen Gebrauch der vom 24.August 1995 bis zu seiner Verhaftung am 31.August 1995 für verschiedene Einkäufe verwendeten fremden Kreditkarte (Faktengruppe A.I.) "sicher aufgegeben" (81/II), nicht gegen eine bei der Tatbegehung verfolgte Absicht, gleichartige Betrugstaten durch einen längeren, vorweg unbestimmten Zeitraum wiederkehrend zu begehen und sich hiedurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Sie gibt keinerlei Aufschlüsse über die innere Tendenz, welche ihren früheren (im November und Dezember 1994 durch Täuschung von Postbeamten begangenen) Betrugstaten zugrunde lag.

Auch der Beschwerdevorwurf unzureichender Begründung der erwähnten Negativfeststellung trifft zu; denn der Umstand, daß es den Angeklagten lediglich gelang, eine einzige Kreditkarte zur Vornahme betrügerischer Manipulationen zu verschaffen, ist kein schlagendes Argument gegen ihre gewerbsmäßige Absicht zur Zeit der Verwendung der Eurocard des Heinz F*****. Gleiches gilt für den rund achtmonatigen Zeitraum zwischen diesen betrügerischen Einkäufen (A.I.) und den durch Täuschung von Postbeamten begangenen Betrügereien (A.II. und III.). Nach der Aktenlage (ON 13) hatte der Angeklagte S***** bereits am 10.April 1995 Kenntnis von dem gegen beide Angeklagten bestehenden Tatverdacht im Zusammenhang mit der wiederholt gelungenen Herauslockung von Geldbeträgen bei Postämtern in der Gesamthöhe von fast 44.000 S Kenntnis. Trotz dieser (wohl auch dem Angeklagten H***** weitergegebenen) Informationen ließen sie sich nicht davon abhalten, nach Verbrauch des bereits erbeuteten Geldes sich neuerlich auf gleichartige Weise fortlaufende Einkünfte zu verschaffen.

In Stattgebung der zum Nachteil der Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war das mit formellen Begründungsmängeln in bezug auf die (vom Erstgericht nicht angenommene) gewerbsmäßige Tatbegehung behaftete erstgerichtliche Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, insoweit aufzuheben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu verweisen (§ 288 Abs 2 Z 1 StPO).

Mit ihren Berufungen waren demnach der Angeklagte H***** (der die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde - ON 68 - mit Schriftsatz vom 13. März 1996 ausdrücklich zurückgezogen hat - ON 71 -) ebenso wie die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Rückverweise