JudikaturOGH

8ObS2073/96b – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und AR Winfried Kmenta als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Parteien 1.) Herta G*****, und 2.) Johann P*****, ebendort, beide als Gesellschafter der P*****-G***** Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, beide vertreten durch Dr.Stefan Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Tirol, Innsbruck, Herzog-Friedrich-Straße 3, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Insolvenzausfallgeld (S 411.501,03 sA), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Februar 1996, GZ 25 Rs 12/96t-10, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.November 1995, GZ 47 Cgs 168/95z-6, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten der Rekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die beiden klagenden Parteien, deren Eigenschaft als arbeitnehmerähnliche Personen unstrittig ist, haben eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht begründet und einen Vertretervertrag (Agenturvertrag) mit einer juristischen Person geschlossen, über deren Vermögen sodann der Anschlußkonkurs eröffnet wurde. Sie erhoben gegenüber der beklagten Partei Provisionsforderungen und diese hat mit Bescheid vom 31.8.1995 den Klägern als bürgerlich rechtlichen Gesellschaftern gemeinsam Insolvenzausfallgeld von S 388.377,-- zuerkannt; mit gesondertem Bescheid vom selben Tag hat sie die Zahlung der darüber hinaus begehrten Beträge abgelehnt und zwar auch wegen der für eine Gesamthandforderung geltenden Beschränkung durch den Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zutreffend begründet, warum der Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG nicht für die (einfache) Gesamthandforderung zu gelten habe; es seien vielmehr die sich nach dem Innenverhältnis der beiden Gesellschafter ergebenden (Teil )Forderungen limitiert. Somit genügt es, auf die Richtigkeit dieser Ausführungen grundsätzlich zu verweisen (§ 48 ASGG).

Den Rekursausführungen ist im einzelnen noch folgendes zu erwidern:

Die Rekurswerberin zieht selbst nicht in Zweifel, daß die GesbR keine juristische Person ist (vgl Strasser-Rummel, ABGB2, Rz 13 zu § 1175), die Besonderheiten der Gesamthandschaft drücken lediglich eine typologisch abgestufte Annäherung an eine juristische Person aus. Diese Besonderheiten wirken sich nur in der Geltendmachung der Gesamthandforderung aus (vgl Gamerith-Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 890), verändern aber nicht die Rechtsträgerschaft im Innenverhältnis, die für den Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG maßgeblich ist. Es ist kein Grund dafür erkennbar, daß der Gesetzgeber den Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG nach Maßgabe der Zahl der Teilhaber einer Gesamthandforderung im Ergebnis für jeden Teilhaber halbiert, gedrittelt, geviertelt usw zuerkennen wollte. Der Grenzbetrag gilt vielmehr für den einzelnen Anspruch des einzelnen Forderungsberechtigten. Die Anordnung der sinngemäßen Anwendung der Gesetzesbestimmungen auf die in § 2 IESG genannten Personen bewirkt die (weitgehende) Gleichstellung der Entgelte der Selbständigen mit den Arbeitnehmern unter den sonstigen Voraussetzungen des § 51 Abs 3 Z 2 ASGG. Es ist offenkundig, daß bei einer GesbR mit einer Vielzahl von arbeitnehmerähnlichen Gesellschaftern andernfalls der für den einzelnen (arbeitnehmerähnlichen) Gesellschafter maß- gebliche Grenzbetrag asymptotisch einem Grenzbetrag Null zustrebte, womit die vom Gesetz bezweckte sinngemäße Gleichstellung vereitelt würde.

Somit bedarf es hier der Prüfung der Höhe der jeweiligen Forderung beider Gesellschafter im Innenverhältnis, insbesondere nach dem vereinbarten Aufteilungsschlüssel. Dadurch wird der beklagten Partei auch die Möglichkeit eröffnet, allfällige Umgehungen der Grenzbeträge im Verhältnis zwischen Gesellschaftern mit hohem und niedrigem Einkommen (unterschiedlicher Grad von Verdienstlichkeit für Provisionsforderungen) zu verhindern, wodurch gegen den Zweck des auf den einzelnen Anspruchsberechtigten abstellenden Grenzbetrages verstoßen würde, worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 77 ASGG.

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