2Ob2128/96x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Hans M*****, 2. Juliane F*****, 3. Maria M*****, alle vertreten durch Dr.Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Friedrich H*****, 2. Rudolf P*****, 3. Edeltraud P*****, 4. Erhard S*****, alle vertreten durch Dr.Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Zustimmung zur Eintragung einer Dienstbarkeit, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 18. November 1995, GZ 36 R 280,281/95 (neu 36 R 1013/95b, 36 R 1014/95z)-42, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil und Ergänzungsurteil des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 27. Dezember 1994 bzw vom 25.Jänner 1995, GZ C 4/91d-36 und 38, bestätigt wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht stellte urteilsmäßig fest, daß den Klägern und allen künftigen Eigentümern zweier landwirtschaftlich genutzter Grundstücke die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes gegenüber den jeweiligen Eigentümern (derzeit den Beklagten) eines ebenfalls landwirtschaftlich genutzten Grundstückes zustehe, und verpflichtete die Beklagten, (binnen 14 Tagen zu erklären,) in die grundbücherliche Einverleibung der näher bezeichneten Dienstbarkeit auf ihrer Liegenschaft einzuwilligen. Dem Ersturteil lagen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Schon der Rechtsvorgänger der Kläger, ein Landwirt, hat diese Dienstbarkeit gegenüber dem Rechtsvorgänger der Beklagten, zuletzt dem Siedlerverein der Zentralsparkasse Wien, ersessen. Dieser Verein schloß mit den Klägern einen schriftlichen Vertrag über die Einräumung dieser Dienstbarkeit - gleichsam zur Bestätigung des schon vorher unbestrittenen Geh- und Fahrrechtes, wobei er sich sogar zu dessen Verbücherung auf seine Kosten erbot -, welcher jedenfalls im Jahr 1976 wirksam wurde. Die Beklagten erwarben das strittige (Weg)Grundstück vom Verein im Jahr 1989. Bei diesen Vertragsverhandlungen war den Beklagten, die zum Teil schon jahrelang Anrainer des Kaufgrundstückes waren, die Problematik des Geh- und Fahrrechtes der Kläger bekannt. Konkrete nachweisbare Erkundigungen der Beklagten oder Auskünfte ihres Vertragspartners, des Vereins, der die Dienstbarkeit mit den Klägern vereinbart hatte, gab es zwar nicht, Zweck des Vertragsschlusses war aber unter anderem, daß die Beklagten gegen die Ansprüche der Kläger leichter vorgehen könnten als der "schwerfällige" Siedlerverein. In seiner rechtlichen Beurteilung band das Erstgericht die Beklagten an die Dienstbarkeitsverpflichtung ihres Rechtsvorgängers, weil sie von dieser Kenntnis gehabt hätten oder zumindest haben hätten können.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Erstgerichtes. Es verwarf die Beweisrüge der Berufung, billigte die erstgerichtliche Rechtsansicht über das Zustandekommen und den Inhalt des Dienstbarkeitsvertrages zwischen den Klägern und dem Rechtsvorgänger der Beklagten und über die Bindung letzterer an diesen Vertrag und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Diesen Ausspruch begründete es damit, daß "somit" (bloß aufgrund der Bewertung?) die Frage, ob zwischen den Klägern und dem Rechtsvorgänger der Beklagten ein Vertrag über die Dienstbarkeit zustande gekommen ist, revisibel sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Revision der Beklagten ist indessen nicht zulässig:
Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes über den Abschluß und den Inhalt der Dienstbarkeitsvereinbarung der Kläger und des Rechtsvorgängers der Beklagten aus dem Jahr 1976 und folgerte daraus rechtlich die Berechtigung des Klagebegehrens. Die Feststellungen der Tatsacheninstanzen lassen auch eine andere Beurteilung gar nicht zu, so daß die Frage des Zustandekommens des Dienstbarkeitsvertrages nach den allgemeinen Vorschriften und Rechtsgrundsätzen über Verträge (§§ 861 ff ABGB und die zahlreich dazu vorliegende Judikatur) zu lösen war und keinesfalls von der Bedeutung des § 502 Abs 1 ZPO ist.
Die Beklagten stellen aber auch in der Revision keine Rechtsfrage dar, deren Beantwortung eine Sachentscheidung des Revisionsgerichtes erforderte. Auf dem Boden der Feststellungen trifft es nicht zu, daß den Beklagten die nicht verbücherten Dienstbarkeitsrechte der Kläger an dem strittigen Grundstück im Zeitpunkt des Kaufvertrages unbekannt waren. Vielmehr stellt sich die Sachlage so dar, daß sie als von diesem Geh- und Wegerecht der Kläger betroffene Anrainer im Gegensatz zu dem als schwerfällig bezeichneten Siedlerverein, der seinerseits die Dienstbarkeit der Kläger stets anerkannte, Eigentümer dieses Weggrundstücks werden wollten, um (unter anderem) dadurch den Klägern besser entgegenwirken zu können. Die "Schlechtgläubigkeit" der Beklagten im Sinne der herrschenden Rechtsprechung zu § 481 ABGB (SZ 57/38; 47/29; MietSlg 33.039; 33.040 uva) konnte daher von den Vorinstanzen im konkreten Fall ohne Verstoß gegen die Rechtsprechung oder gegen die Rechtssicherheit bejaht werden.
Die in der Revision normierte Einschränkung der Servitut auf die Nutzung der "herrschenden" Grundstücke für land- und forstwirtschaftliche Zwecke konnten die Vorinstanzen auf Grund der Feststellungen über den Inhalt des Servitutsvertrages unterlassen.
Aus den dargelegten Erwägungen ist daher die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kläger haben allerdings die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen, weil sie darin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen und deren Zurückweisung nicht beantragt haben (§§ 52, 50, 40 ZPO).