Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Dr.Willibald G*****, vertreten durch Univ.Prof. Dr.Friedrich Harrer, Dr.Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, sowie der der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dipl.Ing.Dr. Jörn K***** und Dipl.Ing. Günther L*****, beide vertreten durch Dr.Johann Buchner, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch den gerichtlich bestellten Kurator Dr.Christoph Szep, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung (Streitwert S 500.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 31. März 1995, GZ 6 R 62/95-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14.Jänner 1995, GZ 10 Cg 218/94-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den Nebenintervenienten die mit S 23.512,50 (darin S 3.918,75 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist eine Aktiengesellschaft, deren Alleinaktionärin die Stadtgemeinde Salzburg ist.
Die Satzung der beklagten Partei hat unter anderem folgenden Inhalt (Beilage 3):
§ 7
Zahl der Vorstandsmitglieder und Aufgaben des Vorstandes
(1) Der Vorstand besteht aus zwei Personen......
§ 9
Zahl und Wahl der Aufsichtsratsmitglieder
(1) Der Aufsichtsrat besteht aus sechs von der Hauptversammlung
gewählten Mitgliedern, ohne Einrechnung der in den Aufsichtsrat gemäß
§ 110 Abs 1 ArbVG entsandten, höchstens drei
Arbeitnehmervertreter......
§ 10
Vorsitzender des Aufsichtsrates
(1) Der Aufsichtsrat wählt....aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und
einen Stellvertreter......
§ 11
Sitzungen des Aufsichtsrates
(1) Der Aufsichtsrat hat sich seine Geschäftsordnung selbst zu
geben......
(3) Der Aufsichtsrat ist beschlußfähig, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder, darunter der Vorsitzende oder sein Stellvertreter, anwesend sind. Der Vorsitzende, im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter, leitet die Sitzung. Die Art der Abstimmung bestimmt der Leiter der Sitzung.
(4) Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet - auch bei Wahlen - die Stimme des Leiters der Sitzung.....
Die Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der beklagten Partei hat unter anderem nachstehenden Inhalt (Beilage 4):
§ 6
Beschlußfassung
(1) Der Aufsichtsrat ist beschlußfähig, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder, darunter der Vorsitzende oder sein Stellvertreter, anwesend sind. Der Vorsitzende, im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter, leitet die Sitzung. Die Art der Abstimmung bestimmt der Leiter der Sitzung.
(2) Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet - auch bei Wahlen - die Stimme des Leiters der Sitzung.......
Am 27.1.1994 fand die 41.Sitzung des Aufsichtsrates der beklagten Partei statt. An dieser Sitzung nahmen sämtliche neun Mitglieder des Aufsichtsrates teil. Hiebei handelte es sich um den Kläger, sowie Peter H*****, Dr.Helmut H*****, Erwin K*****, Claudius L***** und DDr.Winfried W***** als die von der Hauptversammlung gewählten sechs Mitglieder, sowie um Anton E*****, Otmar R***** und Franz P***** als die vom Zentralbetriebsrat der beklagten Partei entsandten drei Mitglieder. Vorsitzender des Aufsichtsrates der beklagten Partei war und ist der Kläger. Gegenstand dieser Sitzung war unter anderem die Bestellung der beiden Vorstandsmitglieder der beklagten Partei (der beiden Nebenintervenienten). Dabei erfolgte zuerst jeweils hinsichtlich eines jeden der beiden Vorstandsmitglieder eine allgemeine Beschlußfassung (einschließlich der vom Zentralbetriebsrat entsandten Aufsichtsratsmitglieder) und sodann eine individuelle Abstimmung der Aktionärvertreter. Die Abstimmung aller neun Aufsichtsratsmitglieder über die Bestellung des Dipl.Ing.Dr.K***** zum Vorstandsmitglied ergab sechs Zustimmungen, zwei Stimmenthaltungen (der von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder Peter H***** und Erwin K*****) sowie eine Gegenstimme (des von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitgliedes Claudius L*****). Die Abstimmung der sechs von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder ergab (wie zuvor) drei Zustimmungen, zwei Stimmenthaltungen und eine Gegenstimme. Hierauf stellte der Kläger als Aufsichtsratsvorsitzender fest, daß mit diesem Ergebnis seines Erachtens auch eine Mehrheit der Kapitalvertreter für den Vorschlag "K*****" gegeben sei. Über Vorschlag des Aufsichtsratsmitglieds DDr.Winfried W*****, mit Rücksichtnahme auf unterschiedliche Rechtsmeinungen (offenbar über die Wirkung der Stimmenthaltungen) wolle der Vorsitzende vorsichtshalber auch die zusätzliche Stimme einsetzen, erklärte der Kläger, die Zustimmung des Vorsitzenden laut Sitzung für den Vorschlag "K*****" einzubringen. Die Abstimmung aller neun Aufsichtsratsmitglieder über die Bestellung des Dipl.Ing.Günther L***** zum Vorstandsmitglied ergab sechs Zustimmungen und drei Gegenstimmen (der von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder Peter H*****, Erwin K***** und Claudius L*****). Die Abstimmung der sechs von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder ergab - wie zuvor - drei Zustimmungen und drei Gegenstimmen. Der Kläger als Aufsichtsvorsitzender nahm hierauf eine Dirimierung zugunsten des Dipl.Ing.Günther L***** vor.
Am 8.8.1994 richtete der Bürgermeister der Stadtgemeinde Salzburg ein Schreiben an den Kläger als Vorsitzenden des Aufsichtsrates der beklagten Partei, in welchem unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 110 Abs 3 ArbVG und ein von Univ.Prof. Dr.Rudolf S***** erstattetes Rechtsgutachten die Meinung vertreten wurde, daß ein Dirimierungsrecht dem Aufsichtsratsvorsitzenden bei der Bestellung des Vorstandes der beklagten Partei nicht zustehe und die Beschlußfassung über die Bestellung des Vorstandes in der 41.Sitzung des Aufsichtsrates daher nichtig sei. Demnach sei der Abschluß von Dienstverträgen mit dem Vorstand der beklagten Partei zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich. Da die beiden Vorstandsverträge mit Wirksamkeit per 31.8.1994 durch Zeitablauf enden würden, werde der Kläger in seiner Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrates der beklagten Partei ersucht, die erforderlichen Veranlassungen für eine rechtswirksame Bestellung des Vorstandes zu treffen (Beilage./D).
Mit Schreiben vom 18.8.1994 wiederholte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Salzburg gegenüber dem Kläger als Vorsitzenden des Aufsichtsrates den Standpunkt, daß aufgrund der Rechtsunwirksamkeit der in der 41.Sitzung des Aufsichtsrates versuchten Vorstandsbestellung der Abschluß von Dienstverträgen mit dem Vorstand der beklagten Partei nicht möglich sei. Sollten dennoch Dienstverträge abgeschlossen werden, würden die jeweiligen Mitglieder des Aufsichtsrates persönlich für den dadurch eingetretenen Schaden der beklagten Partei haften (Beilage 8).
Der Kläger begehrt gegenüber der beklagten Partei die Feststellung, daß die Mitglieder des Vorstandes der S***** Aktiengesellschaft in der 41.Sitzung des Aufsichtsrates der S***** Aktiengesellschaft am 27. Jänner 1994 rechtswirksam bestellt bzw weiterbestellt wurden. Dazu wurde vorgebracht, der Kläger habe am 27.1.1994 als Vorsitzender des Aufsichtsrates angesichts des eingangs dargestellten jeweiligen Abstimmungsergebnisses das ihm nach der Satzung der beklagten Partei zukommende Dirimierungsrecht ausgeübt. Auch unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 110 Abs 3 vierter Satz ArbVG sei die Ausübung dieses Dirimierungsrechtes wirksam erfolgt. Im Hinblick auf die beiden Schreiben des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Salzburg, der Alleinaktionärin der beklagten Partei, bestehe ein Interesse des Klägers an der gerichtlichen Klärung der Frage, ob die Beschlußfassung des Aufsichtsrates über die Bestellung der Vorstandsmitglieder wirksam oder nicht wirksam erfolgt sei.
Die auf Seite des Klägers dem Verfahren beigetretenen Nebenintervenienten beantragten, der Klage stattzugeben, hilfsweise allerdings beantragten sie die Abweisung der Klage mangels eines Feststellungsinteresses des Klägers.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, eine wirksame Bestellung der beiden Vorstandsmitglieder in der Sitzung des Aufsichtsrates am 27.1.1974 sei nicht erfolgt. Das dem Aufsichtsratsvorsitzenden eingeräumte Dirimierungsrecht habe im Rahmen der Mehrheitsbildung gemäß § 110 Abs 3 vierter Satz ArbVG keine rechtliche Bedeutung. Die Befugnisse des Vorsitzenden des Aufsichtsrates bezögen sich ausschließlich auf Beschlußfassungen. Beim Zustimmungsverfahren nach § 110 Abs 3 ArbVG handle es sich aber nicht um eine solche. Dabei komme dem Aufsichtsratsvorsitzenden keine besondere Funktion zu.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren aufgrund folgender rechtlicher Beurteilung statt:
Es liege ein Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung vor, weil der Bürgermeister der Stadtgemeinde Salzburg als Vertreter der Alleinaktionärin der beklagten Partei den Standpunkt vertreten habe, die Bestellung der beiden Vorstandsmitglieder der beklagten Partei in der Aufsichtsratssitzung vom 27.1.1994 sei nicht rechtswirksam, und für den bevorstehenden Abschluß von Dienstverträgen mit den bestellten Vorstandsmitgliedern Schadenersatzansprüche angekündigt habe. Die im Sinne der aktienrechtlichen Regelungen ergangene Satzung der beklagten Partei sehe in § 11 Abs 4 vor, daß Beschlüsse des Aufsichtsrates mit einfacher Mehrheit gefaßt werden und bei Stimmengleichheit - auch bei Wahlen - die Stimme des Leiters der Sitzung (im vorliegenden Fall des Klägers) entscheide. Gemäß § 110 Abs 3 vierter Satz ArbVG bedarf ein Beschluß des Aufsichtsrates über die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstandes abgesehen von den allgemeinen Beschlußerfordernissen des Aktiengesetzes zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Mehrheit der nach dem Aktiengesetz 1965 oder der Satzung bestellten Mitglieder. Zweck der Regelung des § 110 ArbVG sei es, die Mitwirkung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat als Organ einer Aktiengesellschaft zu sichern. Nicht jedoch könne der Bestimmung der Regelungszweck und Sinngehalt zugesprochen werden, eine Änderung der sich aus den aktienrechtlichen Regelungen ergebenden Modalitäten der Beschlußfassungen (einschließlich der Wahlentscheidungen) des Aufsichtsrates zu bewirken. Vor dem Hintergrund einer teleologischen Interpretation sei bei der Auslegung der Wortfolge "Zustimmung der Mehrheit der nach dem Aktiengesetz 1965 oder der Satzung bestellten Mitglieder" davon auszugehen, daß ein in den Satzungen einer Aktiengesellschaft vorgesehenes Dirimierungsrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden auch in diesem Bereich zum Tragen komme. § 110 Abs 3 vierter Satz ArbVG bewirke lediglich, daß hinsichtlich der Bestellung (Abberufung) von Vorstandsmitgliedern durch den Aufsichtsrat eine doppelte Mehrheit erforderlich sei: zunächst eine Mehrheit im Plenum des Aufsichtsrates, sodann die Zustimmung der Mehrheit der Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat. Zweck dieser Bestimmung sei es sicherzustellen, daß es keine Vorstandsbestellung oder -abberufung gegen die Mehrheit der Aktionärsvertreter gebe. Diese sogenannte "Aktionärsschutzklausel" schütze die Mehrheit der Aktionärsvertreter davor, von einer Koalition der Minderheit der Aktionärsvertreter mit den Arbeitnehmervertretern überstimmt zu werden. Ließen sich Aktionäre einer Aktiengesellschaft durch eine Regelung der Satzung das Dirimierungsrecht des Vorsitzenden des Aufsichtsrates bei einer Mehrheitsbildung im Aufsichtsrat unter Zuziehung der Arbeitnehmervertreter zurechnen, müsse dies umso mehr für Mehrheitsbildungen unter der Anzahl der im Aufsichtsrat befindlichen Aktionärsvertreter allein gelten. Der Normzweck des § 110 Abs 3 vierter Satz ArbVG könne nicht sein, bei Mehrheitsbildungen unter der Anzahl der Aktionärsvertreter eine Änderung gegenüber der Mehrheitsbildung der Aufsichtsräte unter Beiziehung der Arbeitnehmervertreter zu bewirken. Vielmehr handle es sich bei dieser Bestimmung um eine Einschränkung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat im Falle der Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstandes. Sohin sei bei der Ermittlung der Mehrheit der Aktionärsvertreter im Sinne des § 110 Abs 3 vierter Satz ArbVG dem Aufsichtsratsvorsitzenden das in der Satzung und in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates vorgesehene Dirimierungsrecht zugekommen. Die Bestellung der Mitglieder des Vorstands der beklagten Partei in der 41.Sitzung des Aufsichtsrates der beklagten Partei am 27.1.1994 sei daher rechtswirksam erfolgt.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Soweit dies seinen Ausführungen - über teils mit der Sache unzusammenhängende rechtliche Umstände - entnommen werden kann, billigte es die Rechtsauffassung des Erstgerichtes.
Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil die zu lösende Rechtsfrage für die Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung ist und über den Einzelfall hinaus wirkt. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Zunächst ist den Voristanzen beizupflichten, daß dem Kläger aufgrund des festgestellten Inhalts der beiden Schreiben des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Salzburg, der Alleinaktionärin der beklagten Partei, vom 8. und vom 18.8.1994 ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung im Sinne des § 228 ZPO zugebilligt werden muß:
Immerhin behauptete darin der Bürgermeister der Stadtgemeinde
Salzburg (der laut Beilage C als Vertreter der Aktionäre bei der
außerordentlichen Hauptversammlung vom 10.2.1994 ua den
wiederbestellten Mitgliedern des Vorstandes, den beiden
Nebenintervenienten, Erfolg in ihrer künftigen Arbeit wünschte, ohne
gegen ihre Wiederbestellung zu opponieren), die Bestellung der beiden
Nebenintervenienten sei nicht rechtswirksam erfolgt, weil dem Kläger
bei dieser Agende innerhalb der Aktionärsvertreter des Aufsichtsrates
das in der Satzung und der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates dem
Aufsichtsratsvorsitzenden eingeräumte Dirimierungsrecht zufolge eines
dokumentierten Rechtsgutachtens eines namhaften Rechtslehrers des
Aktien- und Arbeitsrechtes nicht zugestanden sei, so daß wegen
Nichtigkeit dieses Aufsichtsratsbeschlusses eine Neubestellung der
Vorstände vorzunehmen sei, widrigenfalls Schadenersatzansprüche
angedroht werden. Wenngleich nun die beklagte Partei oder auch andere
mögliche Kläger die Nichtigkeit der Vorstands(wieder)bestellung vom
27.1.1994 nicht gerichtlich geltend machten, muß doch dem Kläger als
Vorsitzendem des Aufsichtsrates die Klärung dieser zwischen den
Parteien strittig gewordenen Rechtsauffassungen über die Wirksamkeit
bzw Unwirksamkeit der Bestellung der beiden Nebenintervenienten als
Vorstandsmitglieder der beklagten Partei im Wege der vorliegenden
Feststellungsklage ermöglicht werden, ohne daß der Kläger lediglich
auf diesbezügliche Einwendungsmöglichkeiten gegen späterhin
allenfalls gegen ihn geltend gemachte Schadenersatzansprüche
verwiesen werden könnte. Es kann nämlich auch nicht übersehen werden,
daß dieser Klärung auch Bedeutung für die künftige Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsratsvorsitzender bei vergleichbaren Beschlußfassungen innerhalb der Aktionärskurie über den vorliegenden Prozeß hinaus Bedeutung zukam. Dabei handelt es sich auch - wenn auch nur im weiteren Sinn - um die Abklärung eines zwischen den Parteien (aber auch zwischen der beklagten Partei und den Nebenintervenienten) feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 228 ZPO, da ja nicht bloß die Tatsache der erfolgten Beschlußfassung über die Vorstandsbestellung, sondern deren Rechtswirksamkeit im Lichte der von den Parteien jeweils auf Rechtsgutachten gestützten unterschiedlichen Rechtsstandpunkte über die Anwendung des Dirimierungsrechts des Aufsichtsratsvorsitzenden innerhalb der Aktionärskurie des Aufsichtsrates strittig wurde.
Der noch in der Revision vertretenen Auffassung der beklagten Partei, daß die in der Satzung sowie in der Aufsichtsratsgeschäftsordnung angeordnete Dirimierungs- wirkung der Stimme des Vorsitzenden des Aufsichtsrates (sowie dessen Stellvertreters als Leiters der Abstimmung) bei der Beurteilung oder Feststellung des Zustimmungsgrades der Aktionärsvertreter zur Bestellung der Vorstandsmitglieder aufgrund des zweiseitig zwingenden Charakters der Aktionärsschutzklausel nach § 110 Abs 3 vierter Satz ArbVG nicht zum Tragen komme, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr ist der schon vom Erstrichter zutreffend dargelegten und vom Gericht zweiter Instanz in der Sache bestätigten Auffassung der klagenden Partei zu folgen, daß die genannte Dirimierungsbestimmung nicht allein für die Beschlußfassungen (Wahlen) des Gesamtaufsichtsrates, sondern auch für die Beurteilung einer Mehrheit von Aktionärsvertretern im Sinne der Aktionärsschutzklausel maßgebend bleibt.
Geht man davon aus, daß diese Eigentümerschutzklausel die im Arbeitsverfassungsgesetz geregelten Mitwirkungsrechte der Belegschaftsvertreter im Aufsichtsrat übereinstimmender Ansicht nach schwächt (Strasser in Schiemer-Jabornegg-Strasser AktG3 §§ 92-94 Rz 64; Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5 249; Doralt-Kastner in GesRZ 1975, 38 ff), so kann - ungeachtet eines zweiseitig zwingenden Charakters - dieser arbeitsverfassungsrechtlichen Norm nicht der Zweck der Außerkraftsetzung der satzungs- oder geschäftsordnungsgemäß bei Stimmengleich- heit der Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden zukommenden Dirimierungswirkung beigelegt oder entnommen werden; haben doch gerade die Aktionäre durch Aufnahme dieser Dirimierungsbestimmung in die Satzung die Verhinderung einer Pattstellung bei Stimmengleichheit über ein Abstimmungsthema des Aufsichtsrates und die Bildung einer Mehrheit durch die Bezugnahme auf die Dirimierungsbestimmung geschaffen. Die Mehrheit der Aktionärsvertreter des Aufsichtsrates der beklagten Partei bei der Feststellung des Zustimmungsgrades im Sinne des § 110 Abs 3 vierter Satz ArbVG ergibt sich sohin bei der vorliegenden Stimmengleichheit der zustimmenden (und der nicht zustimmenden - zu den Stimmenthaltungen siehe weiter unten) Aufsichtsratsmitglieder auch mittels der Dirimierungsbestimmung aus dem Abstimmungsverhalten des der Aktionärskurie angehörenden Aufsichtsratsvorsitzenden. Dieses Ergebnis ist von den Aktionären offenbar durch Aufnahme des Pattstellungen im Aufsichtsrat (oder auch innerhalb dessen Aktionärsvertretern) verhindernden dynamischen Dirimierungsrechtes des Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewollt und nicht durch § 110 Abs 3 Satz 4 ArbVG wieder beseitigt worden. Ist nämlich auch im Aktiengesetz ein Dirimierungsrecht des Vorsitzenden des Aufsichtsrates nicht vorgesehen, so bestehen doch nach übereinstimmender Auffassung keine grundsätzlichen Bedenken gegen ein solches bei Anordnung in der Satzung oder in der Aufsichtsratsgeschäftsordnung zur Beseitigung von durch Stimmenparität entstehenden Pattsituationen (so selbst Strasser aaO Rz 68; Schiemer AktG2 § 92 Anm 1.3; Geppert-Moritz, Gesellschaftsrecht für Aufsichtsräte, HB 191 ff, 194). Ist dieses "Recht" (es handelt sich hier wohl um eine objektive Bestimmung über die Dirimierungswirkung der Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden) wie im vorliegenden Fall nicht nur für Beschlußfassungen, sondern auch für Wahlen vorgesehen, so bestehen keine Bedenken dagegen, es auch für die Feststellung der internen Zustimmung der Aktionärsvertreter des Aufsichtsrates zur Vorstandsbestellung, die im weiteren Sinne ebenfalls ein Abstimmungsergebnis darstellt, mit der gleichen Wirkung anzuwenden, wie für sonstige Beschlußfassungen des Aufsichtsrates (Kastner-Doralt-Nowotny aaO; Doralt-Kastner aaO 39 f; Geppert-Moritz aaO 193 f). Da der Aufsichtsratsvorsitzende den Aktionärsvertretern angehörte und sich an der Abstimmung über die Bestellung der Nebenintervenienten als Vorstandsmitglieder alle Mitglieder des Aufsichtsrates der beklagten Aktiengesellschaft beteiligten, so besteht keine Veranlassung, die von der beklagten Partei zur Widerlegung des vorinstanzlichen Rechtsstandpunktes vorgebrachten Fallkonstellationen (ua mit einem Aufsichtsratsvorsitzenden aus dem Kreis der Belegschaftsvertreter und variablen Anwesenheiten bzw Abstimmungsergebnissen) einer insoweit bloß theoretischen Lösung zuzuführen. Da im vorliegenden Fall bei der Abstimmung des Gesamtaufsichtsrates jeweils klare Mehrheiten für die (Wieder)Bestellung der beiden Nebenintervenienten als Vorstandsmitglieder vorlagen und bei der sogenannten "Innenabstimmung", die als solche nach dem Sitzungsprotokoll Beilage 2 offen und namentlich durchgeführt und festgehalten wurde, jeweils drei Pro-Stimmen (jeweils einschließlich des Klägers als Aufsichtsratsvorsitzenden) und in einem Fall drei Gegenstimmen, im anderen Fall eine Gegenstimme und zwei Stimmenthaltungen vorlagen, kann für die vorliegende Entscheidung dahingestellt bleiben, ob die beiden Stimmenthaltungen als Pro- oder Kontrastimmen oder gar nicht zu zählen sind, sowie ob und mit welchen Rechtsfolgen allenfalls die beiden nicht votierenden Aufsichtsratsmitglieder ihren Verpflichtungen als Aufsichtsräte nicht entsprochen haben - (siehe dazu Kastner in Strasser FS (1983) 851 f; Kastner-Doralt-Nowotny aaO 252; Strasser aaO Rz 66), weil in jedem Falle durch die Dirimierungsbestimmung der Satzung bzw der Aufsichtsratsgeschäftsordnung eine Mehrheit an zustimmenden Aktionärsvertretern vorhanden war.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die klagende Partei hat Kosten nicht verzeichnet.
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