11Os57/96 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Mai 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gottweis als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Friedrich W***** wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Dezember 1995, GZ 12 b Vr 5847/95-84, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Friedrich W***** der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB (Schuldspruchsfaktum II./1.) und der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB (II./2.) schuldig erkannt.
Demnach hat er (unter anderem) am 28. April 1995 in Wien ein fremdes Gut, das er gefunden hat, nämlich eine von Robert J***** verlorene Geldbörse mit 2.500 S Inhalt, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern (II./2.).
Der allein gegen diesen Schuldspruch aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Nach den den Schuldspruch tragenden Feststellungen des Erstgerichtes fiel die in Rede stehende Geldbörse des Robert J***** - ohne daß dieser es bemerkte - während eines Lokalaufenthaltes zu Boden.
Als der Angeklagte das Lokal betrat, entdeckte er die auf dem Boden liegende Brieftasche des Zeugen J*****, hob sie auf, steckte sie ein und eignete sie sich zu. Den anwesenden Personen gab er wahrheitswidrig zu verstehen, daß ihm seine eigene Brieftasche hinuntergefallen sei, obwohl es sich in Wahrheit um jene J*****'s handelte. J***** bemerkte den Verlust seiner Brieftasche erst, nachdem der Angeklagte sie sich zugeeignet und das Lokal verlassen hatte.
Der festgestellte Sachverhalt wäre richtig nicht als Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB, sondern im Hinblick auf den bestehenden subsidiären Gewahrsam des Lokalinhabers als Diebstahl nach § 127 StGB zu beurteilen gewesen (Leukauf-Steininger Komm3 § 127 RN 27 f, § 134 RN 8); die rechtsirrige Subsumtion wirkt sich allerdings im Hinblick darauf, daß auch Strafzumessungserwägungen in den gemäß §§ 281 Abs 1 Z 10, 290 Abs 1 StPO anzustellenden Günstigkeitsvergleich miteinzubeziehen sind, zum Vorteil des Beschwerdeführers aus, weil dem Tatbestand der Unterschlagung in Ermangelung des Tatbestandsmerkmales des Gewahrsamsbruchs ein geringerer Unrechtsgehalt zuzuordnen ist.
Die Feststellungen zu den subjektiven Tatbestandserfordernissen, insbesondere dazu, "daß dem Angeklagten beim Auffinden der Geldbörse bewußt war, daß es sich um eine fremde Geldbörse handelt" vermissende Rechtsrüge gelangt nicht zur prozeßordnungsgemäße Darstellung, weil sie sich nicht an den - zuvor wiedergegebenen - Konstatierungen der Tatrichter zur inneren Tatseite orientiert und war daher schon in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch und das Adhäsionserkenntnis gerichtete Berufung (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.