JudikaturOGH

2Ob2043/96x – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. April 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1.) Monika S*****, und 2.) Dipl.Ing.Hanns S*****, beide *****, vertreten durch Dr.Reinhard Pitschmann und Dr.Rainer Santner, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider den Gegner der gefährdeten Parteien Peter R*****, vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen einstweiliger Verfügung zur Sicherung einer Geldforderung von S 10,913.430,- sA, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 17.Jänner 1996, GZ 3 R 7/96y-49, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 28.November 1995, GZ 6 Cg 134/94g-42, zum Teil abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Gegner der gefährdeten Parteien hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der in Monte Carlo wohnhafte Gegner der gefährdeten Parteien ist Eigentümer verschiedener Liegenschaften, darunter der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** L*****.

Die gefährdeten Parteien haben den Gegner der gefährdeten Parteien, mit der beim Erstgericht am 11.5.1994 eingebrachten Klage auf Zahlung von S 19,779.000,- in Anspruch genommen. Mit Urteil des Erstgerichtes vom 11.10.1995 wurde der Gegner der gefährdeten Parteien für schuldig erkannt, ihnen den Betrag von S 10,913.430,- sA zu bezahlen, das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 8,865.570,- wurde abgewiesen. Den dagegen erhobenen Berufungen aller Parteien wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 6.3.1996 nicht Folge gegeben.

Während der Berufungsfrist haben die gefährdeten Parteien zur Sicherung ihrer vom Erstgericht als berechtigt erkannten Geldforderung die Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit der Behauptung, die Liegenschaften des Gegners der gefährdeten Parteien seien sein einziges Inlandsvermögen, er beabsichtige eine Versilberung desselben und eine Verbringung des Erlöses ins Ausland, um sein Vermögen für den Fall der zu erwartenden Rechtskraft des gegen ihn erlassenen Urteils dem Zugriff der gefährdeten Parteien zu entziehen, beantragt; hinsichtlich der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** L***** stehe er mit der Gemeinde L***** in Verkaufsverhandlungen und sei zwischen ihm und der Gemeinde L***** bereits ein Kaufpreis von S 6,144.600,- vereinbart worden. Es wurde daher - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch erheblich - beantragt, der Gemeinde L***** mittels einstweiliger Verfügung aufzutragen, einen allenfalls zu bezahlenden Kaufpreis beim Prozeßgericht zu hinterlegen; weiters solle dem Gegner der gefährdeten Parteien verboten werden, einen allfälligen Kaufpreis in Empfang zu nehmen.

Der Gegner der gefährdeten Parteien wendete ein, mit der Gemeinde L***** sei noch kein Kaufvertrag abgeschlossen worden.

Das Erstgericht verbot mit einstweiliger Verfügung vom 28.11.1995 der Gemeinde L***** einen allfalls zu bezahlenden Kaufpreis für den Erwerb der Liegenschaft EZ ***** auszuzahlen, dem Gegner der gefährdeten Parteien wurde jede Verfügung über den Anspruch aus einem allfälligen Verkauf der Liegenschaft untersagt; das Mehrbegehren, der Gemeinde L***** aufzutragen, einen allfalls zu bezahlenden Kaufpreis bei Gericht zu hinterlegen, wurde abgwiesen.

Das Erstgericht stellte fest, daß die Gemeinde L***** den Ankauf der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch L***** um einen Kaufpreis von S 6,144.600,- beabsichtige und daß der Kaufpreis binnen 8 Tagen nach lastenfreier Eigentumseinverleibung zur Zahlung fällig ist.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der Gegner der gefährdeten Parteien seine Wohnung und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Monte Carlo habe und daß neben dem Anspruch der gefährdeten Parteien auch deren Verfügungsinteresse bescheinigt sei. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf Hinterlegung des Kaufpreises bei Gericht sei aber abzuweisen, weil die Sicherungsmittel in § 379 Abs 3 EO erschöpfend aufgezählt seien und das Sicherungsmittel der Hinterlegung bei Gericht lediglich bei beweglichen körperlichen Sachen des Gegners oder auch von Geld vorgesehen sei.

Das vom Gegner der gefährdeten Parteien angerufene Rekursgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahingehend ab, daß das der Gemeinde L***** erteilte Verbot ersatzlos aufgehoben und der Antrag der gefährdeten Parteien, dem Gegner der gefährdeten Parteien zu verbieten, einen allfälligen Kaufpreis für die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch L***** in Empfang zu nehmen, zurückgewiesen wurde.

Das Rekursgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, gemäß § 379 Abs 1 EO seien zur Sicherung von Geldforderungen einstweilige Verfügungen unstatthaft, soweit die gefährdeten Parteien zum gleichen Zweck die Vornahme von Exekutionshandlungen auf das Vermögen des Gegners erwirken könnten. Im vorliegenden Fall könnten die gefährdeten Parteien zur Sicherung ihrer im Urteil des Erstgerichtes zu Recht erkannten Forderung gemäß § 370 EO oder gegen Erlag einer Sicherheit gemäß § 371a EO bereits Exekution zur Sicherstellung führen. Eine im Vergleich zum Erfolg einer solchen Exekution weitergehende Sicherstellung der gefährdeten Parteien werde durch die vom Erstgericht angeordneten Provisorialmaßnahmen nicht erzielt, sodaß das der Gemeinde L***** erteilte Verbot als rechtswidrig ersatzlos aufzuheben sei. Gleichfalls sei in diesem Sinne der Antrag der gefährdeten Parteien, ihrem Gegner zu verbieten, den Kaufpreis für die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch L***** in Empfang zu nehmen, zurückzuweisen, weil auch durch ein solches Verbot keine weitergehende Sicherheit, als sie auch durch eine Sicherungsexekution erzielt werden könnte, erreichbar sei.

Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Verständnis des in § 379 Abs 1 EO gemeinten gleichen Zweckes fehle.

Dagegen richtet sich der Rekurs der gefährdeten Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß der Gemeinde L***** verboten werde, einen allenfalls zu bezahlenden Kaufpreis auszubezahlen und daß dem Gegner der gefährdeten Parteien jede Verfügung über den Anspruch aus einem allfälligen Verkauf der Liegenschaft untersagt werde.

Der Gegner der gefährdeten Parteien hat Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der gefährdeten Parteien keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§§ 402 Abs 4, 78 EO, 528 Abs 1 ZPO) unzulässig; der gegenteilige Ausspruch des Rekursgerichtes ist für den Obersten Gerichtshof nicht bindend (§§ 402 Abs 4, 78 EO, 526 Abs 2 ZPO).

Die gefährdeten Parteien machen in ihrem Rechtsmittel geltend, daß sie zum Zeitpunkt des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung noch keine Kenntnis davon hatten, daß bereits ein Kaufvertrag zwischen der Gemeinde L***** und ihrem Gegner abgeschlossen wurde. Sie hätte daher noch keine Sicherstellungsexekution beantragen können, weil einzig und allein ein bereits zustandegekommenes Rechtsgeschäft und eine hieraus resultierende Forderung des Gegners der gefährdeten Parteien zu einer Exekutionsführung im Sinne der Bestimmungen der § 374 ff EO berechtigt hätte. Es sei daher zu diesem Zeitpunkt mangels einer konkreten Forderung des Gegners der gefährdeten Parteien gegenüber der Gemeinde L***** eine Sicherungsexekution nicht möglich gewesen. Das Verbot, dem Gegner der gefährdeten Parteien jede Verfügung über den Anspruch aus einem allfälligen Verkauf zu untersagen sei sinnvoll und könne nicht der gleiche Zweck mittels einer Sicherungsexekution erreicht werden. Auch der nunmehrige Abschluß eines Kaufvertrages zwischen der Gemeinde L***** und dem Gegner der gefährdeten Parteien gebe noch nicht eindeutigen Aufschluß darüber, daß das Rechtsgeschäft auch durch Eigentumseinverleibung und Kaufpreiszahlung zustandekomme. Die Zwecke der beantragten einstweiligen Verfügung und der möglichen Exekutionsführung nach den §§ 370 ff EO seien nicht ident.

Auf diese Frage, ob die gefährdeten Parteien durch die von ihnen angestrebten Provisorialmaßnahmen eine weitergehende Sicherstellung erreichen können, als durch eine Exekution zur Sicherstellung ist im vorliegenden Fall nicht einzugehen, weil nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes durch ein Drittverbot im Sinne des § 379 Abs 3 Z 3 EO Forderungen nicht erfaßt werden können, deren Rechtsgrund im Zeitpunkt der richterlichen Beschlußfassung nicht geschaffen ist. Die Erlassung eines Drittverbotes hinsichtlich erst künftiger Forderungen ist nach ständiger Rechtsprechung (RZ 1938, 66; 2 Ob 441/54; 8 Ob 503/77) und Lehre (Heller/Berger/Stix Kommz EO 2716) unzulässig. Es waren daher von vorneherein die Voraussetzungen für das von den gefährdeten Parteien nunmehr begehrte Drittverbot nicht gegeben. Da insoweit eine einhellige Rechtsprechung und Lehre vorliegt, kommt die vom Rekursgericht aufgeworfene Rechtsfrage nicht zum Tragen, so daß das Rechtsmittel der gefährdeten Parteien zurückzuweisen ist.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 402 Abs 4, 78 EO, 40, 50 ZPO. Da der Gegner der gefährdeten Parteien auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen hat, hat er die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

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