JudikaturOGH

11Os185/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Februar 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brunner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ingold G***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 24. Oktober 1995, GZ 20 Vr 1830/95-46, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreter der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Schroll, und des Vertreidigers Mag. Bertsch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Ingold G***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 23. Juni 1995 in Zams durch die gegenüber den Bankbediensteten Renate St*****, Thomas L*****, Robert R*****, Claudia M*****, Christian W***** und Caroline J***** geäußerte Drohung mit dem Erschießen und einer Geiselnahme, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89), und unter Verwendung einer Waffe, nämlich einer geladenen und magazinierten Schreckschußpistole, Verfügungsberechtigten der R*****bank Oberland West reg.Gen.m.b.H. fremde bewegliche Sachen, nämlich 488.850 S Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Die Geschworenen bejahten die Hauptfrage in Richtung des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB stimmeneinhellig und ließen demzufolge die für den Fall der Verneinung der Hauptfrage gestellte Eventualfrage nach Beitragstäterschaft zum Verbrechen des schweren Raubes eines Unbekannten namens "Jimmy" (§§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB) unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Die auf die Gründe der Z 5 und 6 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch ist nicht berechtigt.

Die Ausführungen in der Verfahrensrüge (Z 5) stellen sich insgesamt als Kritik an der vom Erstgericht eingeholten Sachverständigenexpertise zur Identifizierung des Angeklagten als Täter dar. Damit fehlt es aber diesen Beschwerdeausführungen schon an den formellen Voraussetzungen (§§ 125, 126 StPO). Den vom Schwurgerichtshof abgelehnten Beweisanträgen kommt aber auch sachlich aus den dem (darüber ergangenen) Zwischenerkenntnis zu entnehmenden Gründen keine Berechtigung zu. Die Untersuchung des als Maske verwendeten Strumpfes war zur Erweiterung der Beweisgrundlage deswegen nicht geeignet, weil ihn in der Zwischenzeit mehrere Personen in Händen hielten, weswegen Körperhaare Dritter in das Innere des Strumpfes gelangt sein konnten und die vom Beschwerdeführer angestrebte Schlußfolgerung in Richtung Beteiligung eines weiteren Täters keinesfalls zwingend wäre. Eine weitergehende photogrammetrische Untersuchung der den Banküberfall dokumentierenden Fotos zum Beweis dafür, daß der Täter "empfindlich kleiner" als der Angeklagte sei, wurde vom Schwurgerichtshof zu Recht mit dem Hinweis abgewiesen, daß der (angeblich tatsächliche) unmittelbare Täter selbst nach den Angaben des Angeklagten lediglich ein bis zwei Zentimeter kleiner sei als er (34/II) und der Sachverständige dazu ausführte, daß Größenunterschiede in diesem Ausmaß für eine Personenunterscheidung nicht signifikant seien (33 f/II). Für die Einholung eines weiteren anthropologischen und humanbiologischen Gutachtens bestand - wie eingangs ausgeführt - kein Anlaß, weil sich weder aus dem Befund noch aus dem Gutachten des vernommenen Sachverständigen Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Beiziehung eines weiteren Sachverständigen ergaben. Im übrigen steht die Behauptung einer mangelnden Berücksichtigung aller Einzelkriterien der Physiognomie des Angeklagten mit den ausführlichen Darlegungen des Gutachters Univ.Prof. Dr. S***** im Widerspruch (abermals 31 f/II).

Der Angeklagte wurde demnach durch die Ablehnung der angeführten Beweisanträge in seinen Verteidigungsrechten nicht verkürzt.

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) reklamiert der Beschwerdeführer mit der Behauptung, auf Grund seiner Verantwortung wäre eine Zusatzfrage in Richtung des Strafaufhebungsgrundes eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB indiziert gewesen.

Auch dieser Einwand versagt.

Nach seiner eigenen, erstmals in der Hauptverhandlung am 28. September 1995 vorgebrachten Verantwortung hatte der Angeklagte mit einem Unbekannten namens "Jimmy" den von diesem Komplizen vorgeschlagenen Banküberfall geplant und auch vorbereitet. Sowohl die Pistole als auch die Strumpfmaske stammten demnach von ihm, wobei er gemeinsam mit dem Unbekannten zur Bank gefahren sei, sich aber dann letztlich zur unmittelbaren Tatausführung nicht (mehr) verstanden habe. Erst danach sei der ihn begleitende Unbekannte unter Verwendung der vom Angeklagten mitgebrachten Raubutensilien in den Kassenraum der Bank gegangen und habe den geplanten Raubüberfall ausgeführt.

Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung liegt in der vom Angeklagten behaupteten Verweigerung der unmittelbaren Tatausführung kein Rücktritt vom Versuch, weil auch nach dieser Version der Tatbeteiligte "Jimmy" die gemeinsam geplante Raubtat ausführte. In der vom Angeklagten geschilderten Abänderung des ursprünglichen Tatplanes und der sich daraus ergebenden Änderung der Beteiligungsform liegt weder ein qualitativer noch ein quantitativer Tatexzess, sodaß der Angeklagte, um straflos zu werden, die Ausführung des Raubes durch seinen Komplizen hätte verhindern müssen (§ 16 Abs 1 StGB). Wurde aber - wie vom Angeklagten geschildert - die ursprünglich geplante strafbare Handlung von einem der Tatbeteiligten tatsächlich verübt, bestand zur begehrten Fragestellung kein Anlaß.

Aus eben diesen Gründen versagt auch das auf die Stellung einer Eventualfrage in Richtung des Verbrechens (bloß) der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 4 StGB gerichtete Beschwerdevorbringen, weil das vom Angeklagten geschilderte Verhalten davon ausgehend ebenfalls einen (weiteren) Tatbeitrag zum Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB bedeuten würde.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aber auch die Berufung ist nicht begründet.

Das Geschworenengericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend, daß der Angeklagte sechs Personen bedroht hat. Als mildernd nahm es hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel und die Tatsache an, daß die gesamte Beute sichergestellt werden konnte. Davon ausgehend und unter Berücksichtigung der allgemeinen Kriterien des § 32 StGB hielt es eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren für schuld- und tatangemessen.

Die Strafbemessungsgründe wurden damit im wesentlichen richtig festgestellt, vor allem aber auch dem Störwert der strafbaren Handlung und der Schuld des Angeklagten entsprechend gewichtet. Das widerrufene Geständnis des Angeklagten, das zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht wesentlich beigetragen hat, fällt im Gegensatz zur Auffassung der Berufung als Milderungsgrund nicht wesentlich ins Gewicht. Das Erstgericht war aber auch im Recht, wenn es der tataktuellen Bedrohung von sechs Menschen erschwerende Wirkung beimaß. Insgesamt bestand somit nach Prüfung der gesamten Strafbemessungssituation zu der vom Angeklagten begehrten Herabsetzung der Freiheitsstrafe kein Anlaß. Damit ist auch dem (weiteren) auf Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB gerichteten Begehren der Boden entzogen war.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.

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