JudikaturOGH

7Ob582/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schalich, Dr.Tittel, Dr.I.Huber und Dr.Baumann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 18.April 1994 verstorbenen Rosa F*****, infolge Revisionsrekurses der erbserklärten Erben Blanka H*****, und 2. Verlassenschaft nach dem am 26.Februar 1995 verstorbenen Ing.Franz Josef D*****, zuletzt wohnhaft in ***** beide vertreten durch Dr.Edmund Kitzler, Rechtsanwalt in Gmünd, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems als Rekursgericht vom 3.Juli 1995, GZ 1 R 73/95-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmünd vom 20.Februar 1995, GZ 2 A 153/94w-19, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die am 18.4.1994 verstorbene Rosa F***** hinterließ eine letztwillige Anordnung vom 13.8.1950, mit welcher sie sich und ihr Ehegatte Dr.Josef F***** wechselseitig zu Erben einsetzten und allfällige Noterben auf den Pflichtteil verwiesen. Dr.Josef F*****, von dem die Erblasserin 1962 geschieden wurde, ist schon 1989 verstorben.

Mit Adoptionsvertrag vom 2.12.1952/18.2.1953 adoptierte die Erblasserin den mj.Herbert J*****, geboren am 1.8.1949. Dieser Adoptionsvertrag wurde pflegschaftsbehördlich genehmigt. Mit Adoptionsvertrag vom 25.5.1955 wurde das Adoptivkind der Erblasserin auch durch deren damaligen Ehegatten Dr.Josef F***** adoptiert. Auch dieser Adoptionsvertrag wurde pflegschaftsbehördlich genehmigt. Seither trug das Adoptivkind den Namen Herbert F*****. Es hatte zum Zeitpunkt der Adoption naturgegebenermaßen keine Nachkommen. Herbert F***** verstarb am 27.7.1993 und hinterließ die am 23.8.1969 geborene eheliche Tochter Claudia S***** (geb. F*****) sowie den am 21.9.1972 geborenen ehelichen Sohn Thomas F***** sowie die am 29.7.1972 außer der Ehe geborene Elisabeth O*****, weiters die am 17.4.1987 eheliche Tochter Viktoria F*****. Die Erblasserin hatte an weiteren Verwandten noch die Kinder ihrer vorverstorbenen Schwester Maria D*****, nämlich Blanka H***** sowie Ing.Franz Josef D*****.

Die erblasserische Nichte Blanka H***** und der erblasserische Neffe Ing.Josef D***** gaben je zur Hälfte des Nachlasses bedingte Erbserklärungen aufgrund des Gesetzes, Claudia S***** und Thomas F***** ohne Angabe einer Erbquote aufgrund des Gesetzes, Elisabeth O***** eine unbedingte Erbserklärung aufgrund des Gesetzes zu einem Nachlaßviertel und Viktoria F***** die unbedingte Erbserklärung ohne Angabe einer Erbquote ab.

Das Erstgericht nahm alle genannten Erbserklärungen zu Gericht an und teilte Blanka H***** und Ing.Franz D***** die Klägerrolle gegen die erblasserischen Adoptivenkel Claudia S*****, Thomas F*****, Elisabeth O***** und Viktoria F***** zu und trug der Erstgenannten auf, die Einbringung der Erbrechtsklage binnen sechs Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses nachzuweisen, widrigenfalls ohne Berücksichtigung ihrer Ansprüche vorgegangen werde.

Das Rekursgericht bestätigte über Rekurs der Blanka H***** und des Ing.Franz Josef D***** diese Entscheidung. Es bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstandes als mit S 50.000,-- übersteigend und ließ den Revisionsrekurs zu. Jede Erbserklärung, die sich auf einen Erbrechtstitel stützen könne, sei vom Gericht anzunehmen. Nur Erbserklärungen, von denen schon aufgrund der Aktenlage feststehe, daß sie zu keiner Einantwortung führen könnten, seien zurückzuweisen. Den Nachkommen des vorverstorbenen Adoptivkindes der Erblasserin komme jedoch ein Erbrecht gleich Nachkommen leiblicher Kinder auch dann zu, wenn sie erst nach erfolgter Adoption geboren worden seien. Ihre Erbserklärungen seien daher anzunehmen gewesen. Da die Nachkommen des verstorbenen Adoptivkindes den Nachkommen der leiblichen Kinder des Erblassers gleichzustellen seien, seien sie der ersten Parentel zuzuordnen und sei daher den der zweiten Parentel angehörenden Rekurswerbern die Klägerrolle im Erbrechtsstreit zuzuweisen gewesen. Daß diese Rollenverteilung nicht nach vorheriger mündlicher Verhandlung erfolgt sei, sei ungerügt geblieben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung von Blanka H***** und der Verlassenschaft des zwischenzeitig verstorbenen Ing.Franz Josef D***** erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das Bundesgesetz vom 17.3.1960 über die Neuordnung des Rechts der Annahme an Kindesstatt BGBl 1960/58 trat mit 1.7.1960 in Kraft und gilt nur für Adoptionen, deren Bewilligung nach seinem Inkrafttreten beantragt wurde (vgl. Art. IV § 2 Abs.1 und 2 leg. cit.). Dem Umstand, daß die Vorinstanzen übergangen haben, daß der am 1.8.1949 geborene und am 27.7.1993 verstorbene Herbert F***** bereits mit Adoptionsvertrag vom 2.12.1952/bzw. 18.2.1953 von der Erblasserin an Kindesstatt angenommen wurde und daß die Adoption durch ihren damaligen Ehegatten Dr.Josef F***** 1955 stattfand, kommt jedoch im Ergebnis keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Der Oberste Gerichtshof hat nicht nur zur derzeitigen Rechtslage eine Gleichstellung der nach der Adoption geborenen Kinder des Wahlkindes mit Kindern leiblicher Nachkommen des Adoptierenden anerkannt (vgl. EvBl 1995/164), sondern hat auch zur früheren, ähnlich gelagerten Rechtslage die Ansicht vertreten, daß den im Zeitpunkt der Adoption noch nicht geborenen Kindern des Adoptivkindes die gleichen Rechte wie den Nachkommen leiblicher Kinder zustehen (vgl. SZ 21/64). Der Pflichtteilsanspruch der Nachkommen des Adoptivkindes folge schon aus der Bestimmung des § 183 (alt) ABGB, die das Wahlkind und seine Nachkommen vollkommen den blutsverwandten Nachkommen gleichstelle. Es hätte daher auch gar nicht der ausdrücklichen Bestimmung des § 755 (alt) ABGB bedurft, um ihnen und ihren Kindern (§ 733 ABGB) das gesetzliche Erbrecht zu sichern. Hinsichtlich des Pflichtteilsrechtes fehle im ABGB allerdings eine dem § 755 (alt) ABGB entsprechende ausdrückliche gesetzliche Bestimmung. Es ließe sich aber auch aus dem zweiten Satz des § 763 (alt) ABGB folgern, daß schon nach den Bestimmungen des ABGB, der im § 183 (alt) ABGB allgemein ausgesprochene Grundsatz der Gleichstellung des Wahlkindes und seiner Nachkommen mit den blutsverwandten Deszendenten auch für das Gebiet des Pflichtteilsrechts gelten müsse, weil § 763 zweiter Satz (alt) ABGB unterschiedslos von den Personen spricht, für die das Recht und die gesetzliche Erbfolge eintreten würde. Nichts anderes als die völige Gleichstellung der Adoptivkinder und ihrer Nachkommen mit der blutsverwandten Deszendenz spreche auch das Hofdekret vom 10.Mai 1833 JGS 2610 aus, indem es sage, daß die Wahlkinder "allerdings auch unter die Kinder gehören, welche nach § 763 ABGB der Pflichtteil gebührt" (RZ 1955, 146). Dieser Standpunkt wurde auch überwiegend in der Lehre vertreten (vgl. dazu Weiß in Klang2 III, 765 f und 829).

Die erbrechtlichen Folgen der Annahme an Kindesstatt konnten im Gegensatz zur heutigen Rechtslage nach dem früheren Recht gemäß § 184 alt ABGB ausgeschaltet oder anders gestaltet werden, als das Gesetz es vorsah, eine solche Fallkonstellation liegt hier aber nicht vor.

Der erkennende Senat vertritt daher im vorliegenden Fall die Auffassung, daß den Nachkommen des vorverstorbenen vor 1960 adoptierten Wahlkindes der Erblasserin ein Erbrecht gleich Nachkommen von leiblichen Kindern zusteht. Dies rechtfertigt ihre Einreihung in die erste Parentel, die von den Vorinstanzen der der zweiten Parentel angehörenden Kinder der Schwester der Erblasserin haben daher die Klägerrolle zu Recht übertragen bekommen.

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