JudikaturOGH

13Os170/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Dezember 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Martin H***** wegen des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Urteile des Bezirksgerichtes Villach vom 1.Februar 1995, GZ 4 U 489/94-9, und des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30.Mai 1995, AZ 7 Bl 117/95, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Urteile des Bezirksgerichtes Villach vom 1.Februar 1995, GZ 4 U 489/94-9, und des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 30. Mai 1995, AZ 7 Bl 117/95 (ON 15) verletzen § 46 Abs 1 StPO und § 117 Abs 2 StGB.

Beide Urteile werden aufgehoben und es wird gemäß §§ 292, 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Martin H***** wird von der Anklage, er habe am 3.September 1994 in Villach die Sicherheitswachebeamten GI Arthur J***** und BI Walter M***** vor mehreren Leuten durch die Äußerung, das sind zwei "Bullen", die nichts außer Falschparker aufschreiben, beschimpft, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Nach der Anzeige der Bundespolizedirektion Villach vom 26.September 1994 hatte Martin H***** am 3.September 1994 in Villach im Zuge einer polizeilichen Amtshandlung gegenüber den beiden Sicherheitswachebeamten GI Arthur J***** und BI Walter M***** vor mehreren Leuten mit lauter Stimme geäußert: "Das sind die zwei Bullen, die nichts außer Falschparker aufschreiben". Die beiden Beamten erteilten am 26.September 1994 gemäß § 117 Abs 2 StGB die Ermächtigung zur strafgerichtlichen Verfolgung des Martin H***** wegen dieser Äußerung, die Verfolgungsermächtigung der Bundespolizeidirektion Villach als vorgesetzter Dienststelle erfolgte (erst) am 19.Oktober 1994 (S 13).

Am 24.Oktober 1994 stellte gemäß § 117 Abs 2 StGB der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Villach den Antrag auf Bestrafung H*****s wegen des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs 1 (1.Fall) StGB. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 1.Februar 1995, GZ 4 U 489/94-9 wurde Martin H***** antragsgemäß dieses Vergehens schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Seiner Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gab das Landesgericht Klagenfurt als Rechtsmittelgericht mit Urteil vom 30.Mai 1995, AZ 7 Bl 117/95 (= GZ 4 U 489/94-15) nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Beide Urteile stehen, wie der Generalprokurator in seiner deshalb erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Der öffentliche Ankläger hat eine strafbare Handlung gegen die Ehre, die wider einen Beamten während der Ausübung seines Amtes oder Dienstes begangen wurde, innerhalb der sonst dem Verletzten für sein Verfolgungsverlangen offenstehenden Frist - hier somit jener (sechswöchigen) des § 46 Abs 1 StPO - zu verfolgen (§ 117 Abs 2 StPO). Der Fristenlauf beginnt demnach ungeachtet des Umstandes, daß die Tat von Amts wegen zu ahnden ist, mit Kenntnis von Tat und Täter durch den Verletzten.

Da die Martin H***** im vorliegenden Fall angelastete Äußerung am 3. September 1994 nach Darstellung der beiden davon betroffenen Polizeibeamten unmittelbar ihnen gegenüber erfolgte und sie damit sogleich Kenntnis von der Tat und vom Täter erlangten, wäre unter Berücksichtigung der Fristenregelung des § 6 Abs 2 StPO der letzte Tag der prozessualen Frist des § 46 Abs 1 StPO auf den Montag, den 17. Oktober 1994 gefallen. Der Bestrafungsantrag vom 24.Oktober 1994 war damit verspätet, weshalb der Schuldspruch des Angeklagten mit einer - auch vom Berufungsgericht nicht wahrgenommenen - materiellen Nichtigkeit nach § 468 Abs 1 Z 4 (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b) StPO zum Nachteil des Angeklagten behaftet ist.

Die Urteile beider Instanzen waren daher gemäß § 292 letzter Satz StPO zu kassieren und der Angeklagte freizusprechen.

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