6Ob656/95 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schinko, Dr.Baumann und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Gemeinde L*****, vertreten durch Dr.Herwig Mayrhofer und Dr.Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. H***** Gesellschaft mbH Co, 2. Michael Sch***** und 3. Karin Sch*****, alle vertreten durch Dr.Anton Tschann, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert je S 80.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der erst- und der drittbeklagten Partei gegen die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 2.Mai 1995, AZ 3 R 99/95 (ON 6), womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 11.April 1995, GZ 6 Cg 109/95-2, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes in Ansehung der erstbeklagten und der drittbeklagten Partei wiederhergestellt und der gegen diese Parteien gerichtete Sicherungsantrag zur Gänze abgewiesen wird.
Die klagende Partei hat der erstbeklagten und der drittbeklagten Partei die mit S 6.086,40 (darin S 1.014,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei hat ihre Kosten im Provisorialverfahren in Ansehung der erstbeklagten und der drittbeklagten Partei endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit ihrer am 11.4.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, daß sie nicht Begünstigte des zwischen den Beklagten abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrages vom 30.3.1995 sei und daß die in diesem Vertrag angeblich vereinbarte Dienstbarkeit des Bauverbotes auf GSt-Nr.98/1 GB ***** nicht wirksam sei. Die Klägerin begehrte weiters, die Beklagten für schuldig zu erkennen, es ab sofort bei Exekution zu unterlassen, mit der Behauptung, zugunsten der Klägerin bestünde auf dem genannten Grundstück eine Dienstbarkeit des Bauverbotes, eine Baubewilligung für die bewilligungslos erfolgten Planabweichungen beim Personalhaus auf dem Grundstück der erstbeklagten Partei Nr.101/1 GB ***** zu erwirken. Die Klägerin verband die Klage mit einem Sicherungsantrag. Den Beklagten möge aufgetragen werden, die rechtswidrig versuchte Erwirkung einer Baubewilligung für die Planabweichungen beim Personalwohnhaus durch sofortige und unwiderrufliche Zurücknahme des bei der Baubehörde erster Instanz eingebrachten Bauantrages vom 4.4.1995 noch vor der für 18.4.1995 anberaumten Bauverhandlung einzustellen und es werde ihnen verboten, auf Grundlage der in EZ 759 GB ***** grundbücherlich eingetragenen Dienstbarkeit des Bauverbotes auf GSt-Nr.98/1 für die Klägerin, erfließend aus dem Dienstbarkeitsvertrag vom 30.3.1995, erneut bei der Baubehörde (Bezirkshauptmannschaft *****) die Erteilung einer derartigen Baubewilligung zu erwirken.
Die Klägerin stützte ihr Begehren auf folgenden wesentlichen Sachverhalt:
Die Erstbeklagte sei Eigentümerin einer Liegenschaft mit einem darauf errichteten Personalwohnhaus. Für dieses liege keine rechtsgültige Baubewilligung der erfolgten Planabweichungen vor. Die gesetzlich vorgesehenen Bauabstände zum Nachbargrundstück, das im Eigentum der Zweitbeklagten stehe, seien nicht eingehalten worden. Die zuständige Baubehörde erster Instanz (eine Bezirkshauptmannschaft) habe mit Bescheid vom 10.11.1994 die Baubewilligung versagt. Eine Berufung der Erstbeklagten gegen diesen Bescheid sei erfolglos geblieben. Da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Abstandsnachsicht nach § 6 Abs 9 des Vorarlberger Baugesetzes nicht gegeben gewesen seien, hätten die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte zur Umgehung der Erfordernisse einer Abstandsnachsicht einen Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen, womit die Dienstbarkeit eines Bauverbots für die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke der Erstbeklagten und für die klagende Gemeinde vereinbart worden sei. Diese Dienstbarkeit sei im Grundbuch rechtswidrig grundbücherlich einverleibt worden. Die Beklagten vermeinten, mit dem Dienstbarkeitsvertrag eine Baubewilligung nach der Bestimmung des § 6 Abs 6 des Vorarlberger Baugesetzes erreichen zu können. Die Klägerin habe aber nicht das geringste Interesse an einer ihr eingeräumten Dienstbarkeit des Bauverbotes. Sie sei mit der unfreiwilligen Rechtseinräumung nicht einverstanden und habe sie abgelehnt. Niemand müsse sich gegen seinen Willen etwas zuwenden lassen (§ 882 ABGB). Die Klägerin habe ein rechtliches Interesse daran, daß der Dienstbarkeitsvertrag nicht rechtswidrig dazu verwendet werde, in Umgehung der Notwendigkeit einer Abstandsnachsicht für das Bauvorhaben der Beklagten eine Baubewilligung zu erwirken.
Unverzüglich nach Verbücherung der Dienstbarkeit des Bauverbotes habe die Erstbeklagte bei der Bezirkshauptmannschaft die Erteilung einer Baubewilligung beantragt. Die Baubehörde habe für 18.4.1995 eine Bauverhandlung an Ort und Stelle anberaumt und beabsichtige die Erteilung der beantragten Baubewilligung. Dieses Bauverfahren könne nur dadurch gestoppt werden, daß die Antragsteller den "Bauantrag" zurückzögen. Die klagende Gemeinde habe in diesem Bauverfahren keine Parteistellung. Um zu verhindern, daß die Beklagten in den Besitz einer rechtswidrigen Baubewilligung gelangten, sei die Beendigung des Bauverfahrens erforderlich. Die Klägerin habe einen Anspruch darauf, daß die Beklagten ihr Bauansuchen zurückzögen und eine weitere Antragstellung unterließen. Dieser Anspruch sei im Hinblick auf den anberaumten Bauverhandlungstermin gefährdet. Der Klägerin drohe ein unwiederbringlicher, insbesondere immaterieller Schaden.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ohne Anhörung der Beklagten ab. Es stellte fest, daß die zuständige Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 10.11.1994 gegenüber der Erstbeklagten die beantragte Bewilligung der vorgenommenen Planabweichung hinsichtlich der Dacherhöhung mangels der Voraussetzungen des § 6 Abs 9 Vorarlberger BauG versagt habe. Dem dagegen eingebrachten Rechtsmittel sei nicht Folge gegeben worden. Am 4.4.1995 hätten die Beklagten bei der Bezirkshauptmannschaft neuerlich einen Antrag auf Baubewilligung im Hinblick auf den abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrag vom 30.3.1995 und die Bestimmung des § 6 Abs 6 leg cit gestellt. Nach dem mit dem Antrag vorgelegten Grundbuchsauszug scheine im Grundbuch die Dienstbarkeit des Bauverbotes für die jeweiligen Eigentümer der jetzt im Eigentum der Erstbeklagten sowie für die klagende Gemeinde auf. Vom Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft sei ein Verhandlungstermin für am 18.4.1995 in Aussicht gestellt worden. Die Klägerin habe sich am Zustandekommen des Dienstbarkeitsvertrages nicht beteiligt.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß deswegen zu Unrecht eine Verbücherung des Dienstbarkeitsvertrages (gemeint: zugunsten der Klägerin) erfolgt sei, weil die Klägerin an der Errichtung des Dienstbarkeitsvertrages nicht mitgewirkt habe. Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung, daß der Dienstbarkeitsvertrag nicht bestehe, sei als bescheinigt anzusehen. Es sei aber nicht nachvollziehbar, inwieweit ein Anspruch der Klägerin darauf bestehen sollte, daß die Beklagten Baueingaben unter Hinweis auf den Dienstbarkeitsvertrag zu unterlassen hätten. Ein subjektiver (zu ergänzen: bürgerlich-rechtlicher) Anspruch der Klägerin sei genauso wenig erkennbar wie ein durch die Vorgangsweise der Beklagten für die Klägerin drohender Schaden.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise statt und erließ eine einstweilige Verfügung mit folgendem Inhalt:
"1. Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin gegenüber den Beklagten auf Unterlassung der Behauptung, zugunsten der Klägerin bestehe ein Dienstbarkeitsrecht des Bauverbotes auf dem im Eigentum des Zweitbeklagten befindlichen Grundstück Nr 98/1 in EZ 759 GB ***** wird
a) den Beklagten aufgetragen, Behauptungen des vorgenannten Inhaltes zu unterlassen, und
b) der Erstbeklagten und der Drittbeklagten überdies aufgetragen, der Baubehörde gegenüber zu dem über ihren am 5.4.1995 bei der Bezirkshauptmannschaft ***** eingebrachten Antrag vom 4.4.1995 behängenden Verfahren auf Erteilung einer Baubewilligung hinsichtlich des auf dem Grundstück Nr 101/1 (zur Liegenschaft EZ 75 Grundbuch ***** gehörig) der Erstbeklagten errichteten Personalwohnhauses die Behauptung zu widerrufen, zugunsten der Klägerin bestehe ein Dienstbarkeitsrecht des Bauverbotes auf dem im Eigentum des Zweitbeklagten befindlichen Grundstück Nr 98/1 in EZ 759 Grundbuch *****.
2. Diese einstweilige Verfügung gilt ab sofort bis zur rechtskräftigen Erledigung des zwischen den Streitteilen beim Landesgericht Feldkirch zu 6 Cg 109/95g wegen Unterlassung behängenden Rechtsstreites.
3. Das Provisorialmehrbegehren wird abgewiesen."
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, daß der Dienstbarkeitsvertrag vom 30.3.1995 ein echter Vertrag zugunsten eines Dritten sei. Der begünstigten Klägerin sei es freigestanden, das ihr zugedachte Recht durch unwiderrufliche Erklärung zurückzuweisen. Durch diese Ausschlagung gelte das zugedachte Dienstbarkeitsrecht gemäß § 882 Abs 1 ABGB rückwirkend als nicht erworben. Die Klägerin als Begünstigte habe den Parteien des Dienstbarkeitsvertrages bereits vor Abschluß desselben ausdrücklich erklärt, die Rechtseinräumung abzulehnen. Wenn die Beklagten dennoch eine Dienstbarkeit zugunsten der Klägerin vereinbarten, so liege darin der offenkundige Versuch, unter Umgehung und Verschweigung der ablehnenden Haltung der Klägerin hinsichtlich des ihr zugedachten Dienstbarkeitsrechtes die begehrte Genehmigung der Baubehörde unter Hinweis auf die Voraussetzungen des § 6 Abs 6 Vorarlberger BauG zu erlangen. Dieses Vorgehen der Beklagten verstoße zum Nachteil der Klägerin gegen Treu und Glauben. Die Klägerin habe daher einen vom gestellten Unterlassungsbegehren umfaßten Anspruch auf Unterlassung der Behauptung, zugunsten der Klägerin bestehe eine Dienstbarkeit des Bauverbots auf dem Grundstück des Zweitbeklagten. Dem Erstgericht sei zuzustimmen, daß die Klägerin gegenüber den Beklagten keinen Anspruch darauf habe, daß diese das bei der Baubehörde anhängige Gesuch zurückzögen und in Hinkunft Anträge unterließen. Der Sicherungsantrag umfasse aber auch das berechtigte Begehren auf Unterlassung der Behauptung der Beklagten, zugunsten der Klägerin bestehe eine Dienstbarkeit des Bauverbots. In diesem Umfang sei der Provisorialantrag berechtigt. Der Anspruch umfasse hinsichtlich der Erstbeklagten und der Drittbeklagten auch das Gebot, der Baubehörde gegenüber die angeführte Behauptung zu widerrufen. Dies gelte für den Zweitbeklagten nicht, weil dieser nicht als Antragsteller bei der Baubehörde aufgetreten sei.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Erstbeklagte und die Drittbeklagte die Abänderung dahin, daß der Sicherungsantrag zur Gänze abgewiesen werde.
Mit ihrer Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Klägerin, den Revisionsrekurs als verspätet oder aber als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise wird beantragt, dem Revisionsrekurs nicht stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist rechtzeitig, zulässig und berechtigt.
Zur Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses ist auszuführen, daß die Zustellung des angefochtenen Beschlusses des Rekursgerichtes am 19.5.1995 erfolgte. Die 14-tägige Rechtsmittelfrist endete am 2.6.1995 (dem Freitag vor den Pflingstfeiertagen). Der Revisionsrekurs ist mit 2.6.1995 datiert. Ein Briefumschlag ist nicht aktenkundig. Das Erstgericht vermerkte, daß das Postaufgabedatum unleserlich sei (S 1 in ON 8). Da der Revisionsrekurs aber bereits am 6. Juni 1995 (dem ersten Werktag nach den Pfingstfeiertagen) beim Erstgericht einlangte, ist von einer Postaufgabe noch am 2.6.1995 und damit von einer Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels auszugehen.
Der Revisionsrekurs ist zulässig. Zur Frage, ob der Klägerin wegen ihres Rechtes auf Zurückweisung einer ihr mit Vertrag zugunsten Dritter eingeräumten Dienstbarkeit (§ 882 Abs 1 ABGB) ein (zu sichernder) Anspruch zusteht, daß die Beklagten in einem Verwaltungsverfahren, in dem diese Dienstbarkeit eine Rolle spielt, den gestellten Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung zurückziehen, fehlt ebenso eine oberstgerichtliche Judikatur wie zur Frage, ob aus dem Ausschlagungsrecht ganz allgemein ein Unterlassungsanspruch ableitbar ist. Der Revisionsrekurs ist daher meritorisch zu erledigen.
Die Erstbeklagte hat ein Bauprojekt verwirklicht, das Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes (LGBl 1972/39) über notwendige Abstandsflächen zum Nachbargrundstück verletzte. Unstrittig ist, daß für das Projekt nicht die Gemeinde, sondern die Bezirksverwaltungsbehörde erster Instanz die zuständige Baubehörde ist (vgl § 50 leg cit). Eine Ausnahmegenehmigung im Sinne des § 6 Abs 9 leg cit konnte vom Bauwerber nicht erreicht werden, weil der Gemeindevorstand der Klägerin die erforderliche Genehmigung versagte. Die Erstbeklagte könnte dennoch eine Baubewilligung für ihr Bauprojekt erreichen, wenn das Nachbargrundstück bei der Berechnung der Abstandsflächen einbezogen wird. Dies ist nach § 6 Abs 6 leg cit möglich, wenn auf dem Nachbargrundstück zugunsten der Gemeinde grundbücherlich sichergestellt ist, daß kein Bauwerk errichtet werden darf. Diesem Zweck sollte offenkundig der Dienstbarkeitsvertrag vom 30.3.1995 dienen, womit eine Dienstbarkeit des Bauverbots auf dem Grundstück der Erstbeklagten zugunsten der jeweiligen Eigentümer der beiden benachbarten Grundstücke, aber auch zugunsten der klagenden Gemeinde eingeräumt wurde.
Die Klägerin hat zweifellos grundsätzlich das Recht, das ihr mit einem Vertrag zugunsten Dritter (§ 881 Abs 2 ABGB) eingeräumte Servitutsrecht (einer negativen Servitut des Bauverbots; vgl § 476 Z 11 ABGB; die Aufzählung der Servitutsrechte im Gesetz ist nicht erschöpfend: Petrasch in Rummel ABGB2 § 475 Rz 1) gemäß § 882 Abs 1 ABGB mit Wirkung ex tunc zurückzuweisen, ihr steht auch das Recht zu, auf eine schon eingeräumte Dienstbarkeit mit Wirkung ex nunc zu verzichten. Die Vorinstanzen (auch das Rekursgericht: S 9 in ON 6) haben zutreffend erkannt, daß es nach den Klagsbehauptungen an einer erkennbaren Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin fehlt, daß die Beklagten (richtig wohl nur die Antragsteller im Bauverfahren) ihren Antrag auf Baubewilligung bei der Baubehörde zurückziehen oder in Hinkunft eine Antragstellung unterlassen. Ein solcher zivilrechtlicher Anspruch kann aus dem allein geltend gemachten Sachverhalt der Zurückweisung des Dienstbarkeitsrechtes nach § 882 Abs 1 ABGB nicht abgeleitet werden. Die Parteien stehen nur aufgrund der Dienstbarkeitseinräumung zueinander in einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis. Dieses verschafft der Klägerin keinen (sicherungsfähigen) Eingriffsanspruch in Rechte der Beklagten, die ihren Grund im öffentlichen Recht haben. Ob die Klägerin im Verwaltungsverfahren vor der Baubehörde erster Instanz Parteistellung und damit die Möglichkeit hat, auf die Entscheidung und die Einhaltung der Vorschrift des § 6 Abs 6 Vorarlberger BauG einzuwirken, kann hier dahingestellt bleiben. Die Klägerin kann jedenfalls eine fehlende Parteistellung nicht über den Umweg eines zivilrechtlichen Anspruchs auf Unterlassung einer Antragstellung bei der Baubehörde ersetzen, wenn es für diesen Anspruch an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage mangelt. Wenn die Zuwendung - wie hier - in einem dinglichen Recht besteht, hat der durch einen echten Vertrag zugunsten Dritter Begünstigte einen direkten Anspruch auf Erfüllung der Zuwendung gegen den Schuldner. Die Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz bejaht auch die Zulässigkeit der bücherlichen Eintragung des zugewendeten Rechts nur über Gesuch des belasteten Liegenschaftseigentümers (RPflSlg G 2064). Wenn dies geschieht, muß dem die Zuwendung Ablehnenden wohl auch das aus § 882 Abs 1 ABGB (wonach sich niemand etwas gegen seinen Willen zuwenden lassen muß) abzuleitende Recht eingeräumt werden, die Löschung des im Grundbuch einverleibten Rechts zu erwirken. Um die Herstellung eines den tatsächlichen Rechtsverhältnissen entsprechenden Grundbuchstandes geht es hier aber nicht. Die Klägerin strebt im Ergebnis die Zurückziehung des bei der Baubehörde gestellten Antrages auf Erlassung einer Baubewilligung an und kleidet dies in das Unterlassungsbegehren, die Beklagten mögen die Erwirkung der Baubewilligung unter der Behauptung einer wirksamen Einräumung des in § 6 Abs 6 Vorarlberger BauG angeführten Bauverbots unterlassen. Wenn in diesem Begehren tatsächlich als sogenanntes minus das nur auf die Unterlassung der genannten Behauptung gerichtete Begehren läge, stellt sich die Frage, worauf die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch zu stützen in der Lage ist. Dazu ist folgendes auszuführen:
Voraussetzung jeder Zuerkennung eines Klagerechtes ist ein im materiellen Recht begründeter Anspruch. Dies gilt auch für Unterlassungsklagen, deren Zweck in der Verhinderung von künftigen Rechtsverletzungen besteht. Der materiellrechtliche Unterlassungsanspruch kann sich ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder aber im Rahmen eines bestehenden Schuldverhältnisses aus einem Vertrag (W.Schuster-Bonnott in JBl 1976, 281 f und 292, zustimmend Böhm in Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklagen (1979). Ausdrücklich sieht das Gesetz Unterlassungsansprüche beim Schutz absoluter Rechte vor (§§ 43, 339, 364, 523 ABGB; § 37 HGB; § 81 UrhG u. a.). Der Unterlassungsanspruch muß im Gesetz nicht ausdrücklich normiert sein, er muß sich nur aus der Natur des Rechts ergeben (Schuster-Bonnot aaO 282). Es ist beispielsweise herrschende Meinung und völlig unstrittig, daß zum Schutz des Rechtes auf Ehre (§ 1330 ABGB) ein verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch gegen Beeinträchtigungen der Ehre zusteht, obwohl dies das Gesetz nicht ausdrücklich vorsieht. Auch ohne eine solche Normierung ist es herrschende Auffassung, daß zum Schutz dinglicher und anderer absoluter Rechte ein Unterlassungsanspruch zu gewähren ist (Reischauer in Rummel ABGB II2 Rz 23 zu § 1294 mwN aus Lehre und Rechtsprechung).
Auf die drohende Verletzung eines absolut geschützten Gutes hat sich die Klägerin genausowenig berufen wie auf einen im Gesetz ausdrücklich angeführten Unterlassungsanspruch. Einzige Grundlage des Unterlassungsanspruchs kann daher nur das allein geltend gemachte Ausschlagungsrecht nach § 882 Abs 1 ABGB sein. Dieses Recht ist ein einseitiges Gestaltungsrecht. Die Ausschlagung der Zuwendung erfolgt durch Erklärung an den Versprechenden oder den Versprechensempfänger, also an die Parteien des Vertrages zugunsten Dritter, ohne daß für die Wirksamkeit der Ausschlagung die Mitwirkung der Vertragsparteien erforderlich wäre. Aus der Natur des Ausschlagungsrechtes ergibt sich noch kein Unterlassungsanspruch. Die Beklagten berühmen sich nicht eines Rechtes, das ihnen gegenüber der Klägerin zustehen sollte, sie behaupten vielmehr ein Recht der Klägerin, das diese freilich nicht eingeräumt erhalten will. Auch wenn in der Verschweigung des Umstandes der Zurückweisung der Rechtseinräumung durch die Klägerin eine den wahren Verhältnissen widersprechende Tatsachenbehauptung liegt, wird mit der Behauptung erkennbar noch nicht in die Rechtssphäre der Klägerin störend eingegriffen. Es fehlt an jedem Anhaltspunkt, daß die Behauptung der Beklagten etwa rufschädigend im Sinne des § 1330 ABGB wäre oder daß damit in anderer Weise ein Eingriff in ein absolut geschütztes Gut der Klägerin drohe. Die Antragsbehauptungen über einen drohenden Schaden, der ja ein verletzbares Recht voraussetzt, sind inhaltsleer geblieben.
Auf eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung hat sich die Klägerin nicht berufen, sodaß auf diesen denkmöglichen Anspruchsgrund nicht weiter einzugehen ist.
Der Sicherungsanspruch der Klägerin scheitert schon daran, daß (zumindest im Provisorialverfahren) die materiellrechtlichen Grundlagen für einen Unterlassungsanspruch nicht ausreichend behauptet und bescheinigt wurden. Ein Anspruch, dem die Klagbarkeit fehlt, kann auch nicht durch einstweilige Verfügung gesichert werden (SZ 48/45). Gleiches muß für einen nicht bescheinigten Anspruch gelten. Da schon aus diesem Grund der Sicherungsantrag nicht berechtigt ist, braucht auf die weiteren, von den Rekurswerbern relevierten Rechtsfragen (also im wesentlichen zu den Themen des Zuspruchs eines aliuds, eines Spannungsverhältnisses zwischen den zivilrechtlichen Vorschriften über die Dienstbarkeit und baurechtlichen Vorschriften nach Vorarlberger Landesrecht, des Schikaneverbots und der Gefährdung als Voraussetzung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung) nicht weiter eingegangen werden.
Dem Revisionsrekurs war stattzugeben. Da die Klägerin schon vor Aufforderung durch den Obersten Gerichtshof, eine Revisionsrekursbeantwortung zu erstatten, eine solche eingebracht hat, konnte ohne weitere Veranlassung in der Sache entschieden werden. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf §§ 40, 41, 50 ZPO, §§ 78, 402 EO. Die Kosten für den Revisionsrekurs waren auf der Basis von S 80.000 (Streitwert des Unterlassungsbegehrens) zu bestimmen.