Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Barbara Hopf und Hofrat Robert List als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag.Thomas C*****, Eishockeyspieler, ***** vertreten durch Dr.Erich Nikolaus Vogler, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Salzburg, Auerspergstraße 67a, 5027 Salzburg, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 190.000 S sA, infolge Rekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.Juni 1995, GZ 11 Rs 49/95-18, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 29.September 1994, GZ 19 Cgs 166/93-11, und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die Sache wird zur Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Begründung:
Der Kläger war in der Spielsaison 1992/1993 bei der E***** GmbH in Z***** beschäftigt. Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 23. März 1993 wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft der Konkurs eröffnet.
Mit Bescheid vom 14.Oktober 1993 erkannte die beklagte Partei dem Kläger Insolvenzausfallgeld von 345.823 S zu; mit weiterem Bescheid dieses Datums lehnte die beklagte Partei die Gewährung von weiterem Insolvenzausfallgeld ab.
Gegen den letzteren Bescheid erhob der in diesem Verfahren von Dr.Michael K***** vertretene Kläger am 16.November 1993 eine Klage auf Gewährung von 310.000 S an Insolvenzausfallgeld mit der Begründung, dieser Betrag sei ihm vom Klagevertreter lediglich zur Bevorschussung seiner Gehaltsansprüche in Form einer unwiderruflichen Bankgarantie übergeben worden. Der Klagevertreter sei Minderheitsgesellschafter der Gemeinschuldnerin und dies auch nur als Treuhänder für eine dritte Person. Mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 22.Juni 1995, 8 ObS 24/95, wurde die Abweisung dieses Begehrens durch die Vorinstanzen bestätigt.
Auch die vorliegende, beim Erstgericht am 17.November 1993 eingelangte Klage, mit der weiteres Insolvenzausfallgeld von 190.000 S begehrt wird, richtet sich gegen den abweisenden Bescheid vom 14. Oktober 1993. Der Betrag von 190.000 S sei dem Kläger von Otto W***** zur Bevorschussung seiner bereits Ende 1992 aushaftenden Entgeltansprüche gewährt worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil im Hinblick auf das Fehlen einer Rückzahlungsverpflichtung des Klägers dessen Entgeltansprüche von Otto W***** voll befriedigt worden seien.
Das Berufungsgericht hob auf Antrag der Berufung das Urteil des Erstgerichtes und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Eine Streitigkeit über Insolvenzausfallgeld sei eine Sozialrechtssache, in welcher eine Klage nur unter den Verfahrensvoraussetzungen des § 67 ASGG erhoben werden könne. Voraussetzung für die Klagsführung sei das Vorliegen eines über den Leistungsanspruch absprechenden Bescheides des Versicherugnsträgers. Gemäß § 71 Abs 1 ASGG trete durch die rechtzeitige Klagserhebung der Bescheid des Versicherungsträgers im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft. In Streitigkeiten über Insolvenzausfall träten wegen der Sonderbestimmung des § 7 Abs 2 IESG nur abweisende Bescheide außer Kraft. Auch in diesem Fall sei die Wirkung der Klage weit auszulegen, um zu gewährleisten, daß sich die Entscheidungsbefugnis des Gerichtes tunlich auf die gesamte Rechtssache erstrecke. Der Bescheid trete etwa auch dann zur Gänze außer Kraft, wenn das Klagebegehren auf eine höhere als die gewährte Leistung gerichtet sei. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsweges sei in Sozialrechtssachen das Vorliegen eines Bescheides im Zeitpunkt der Klageerhebung. Fehle diese Voraussetzung, sei die Klage in jeder Lage des Verfahrens zurückzuweisen. Diese Voraussetzung liege auch dann nicht mehr vor, wenn der Bescheid des Versicherungsträgers durch eine gegen ihn erhobene Klage bereits gemäß § 71 ASGG außer Kraft getreten sei. Gemäß § 86 ASGG hindere nur in den Fällen einer zulässigen Klageänderung das Fehlen einer Sachentscheidung des Versicherungsträgers über den mit der Klageänderung geltend gemachten Sachverhalt und das diesbezügliche Begehren dessen Berücksichtigung nicht. Im vorliegenden Fall sei der Bescheid des Arbeitsamtes Salzburg bereits durch die erste Klage zur Gänze außer Kraft getreten, so daß die Erhebung der vorliegenden weiteren Klage unzulässig gewesen sei.
Gegen den berufungsgerichtlichen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, ihn aufzuheben und der Berufung des Klägers Folge zu geben; in eventu, ihn aufzuheben und die Berufung zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist berechtigt.
Mit beiden Klagen wendet sich der Kläger gegen den abweisenden Bescheid vom 14.Oktober 1993. Mit der ersten Klage wurde Insolvenzausfallgeld von 310.000 S, mit der zweiten, einen Tag später bei Gericht eingelangten Klage weiteres Insolvenzausfallgeld von 190.000 S begehrt. Gemäß § 86 ASGG iVm § 65 Abs 1 Z 7 ASGG ist in Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche auf Insolvenzausfallgeld eine Ausdehnung hinsichtlich des Ausmaßes der eingeklagten Versicherungsleistung bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung zulässig. Die weitere Klage ist daher lediglich als zulässige Klagsausdehnung zu werten, wobei darauf hingewiesen sei, daß der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung des verstärkten Senates SZ 62/69 = JBl 1989, 516 = EvBl 1989/136 dargelegt hat, daß es sich bei einer Klage und einem eine Klagsausdehnung enthaltenden Schriftsatz jeweils um bestimmende Schriftsätze handelt, zwischen denen kein grundsätzlicher Unterschied besteht. Die abgesonderte Verhandlung und Entscheidung über das mit diesem Schriftsatz geltend gemachte weitere Begehren führt daher dazu, daß die Entscheidung über das mit der ersten Klage erhobene Begehren lediglich als Teilurteil zu werten ist.
Dem Rekurs war daher im Sinne des Aufhebungsantrages Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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