JudikaturOGH

12Os148/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. November 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.November 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Hager, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Wietrzyk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann B***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 21.Juni 1995, AZ 21 Bs 177/95, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 21.Juni 1995, AZ 21 Bs 177/95, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 23 Z 2 lit c JGG.

Text

Gründe:

Johann B***** wurde am 27.März 1995 zur Verbüßung einer an diesem Tag mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien, GZ 2 E Vr 202/95-19, wegen der Vergehen nach §§ 183 Abs 1, 198 Abs 1 und Abs 2 StGB verhängten Freiheitsstrafe und einer auf Grund des gleichzeitig ergangenen Widerrufs einer bedingten Entlassung zu vollziehenden restlichen Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in den Strafvollzug übernommen (ON 23 und 24).

Mit Beschluß vom 11.Mai 1995, GZ 7 BE 2/95-4, lehnte der Jugendgerichtshof Wien die bedingte Entlassung des Johann B***** aus diesen Freiheitsstrafen ab.

Aus Anlaß der dagegen gerichteten Beschwerde des Strafgefangenen hob das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 21.Juni 1995, AZ 21 Bs 177/95, die erstgerichtliche Entscheidung auf und verwies die Strafvollzugssache zur neuerlichen Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien als das nach § 16 Abs 1, Abs 2 Z 12 StVG zuständige Vollzugsgericht.

Das Beschwerdegericht stützte sich dabei auf die Bestimmung des § 23 Z 2 lit c JGG, wonach der Jugendgerichtshof Wien zur Ausübung der Aufgaben des Vollzugsgerichtes für das Gefangenenhaus des Jugendgerichtshofes Wien berufen ist. Daraus sei zu folgern, daß dieser nicht nur für die dem Jugendstrafvollzug unterstehenden Strafgefangenen seines Sprengels, sondern auch für andere im Gefangenenhaus dieses Gerichtshofes angehaltene (erwachsene) Strafgefangene die Aufgaben des Vollzugsgerichtes auszuüben habe, darüber hinaus aber - anders als nach der auf dem Jugendgerichtsgesetz 1961 beruhenden bisherigen Rechtsprechung - keine erweiterte Zuständigkeit als Vollzugsgericht in den dort abgeurteilten Jugendschutzsachen (§ 25 JGG) gegeben sei.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend zeigt der Generalprokurator in seiner deshalb erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes auf, daß diese Auslegung mit dem Gesetz nicht im Einklang steht.

Bei der gebotenen teleologischen Sicht zielt die zitierte Gesetzesbestimmung nicht auf eine Änderung der bisherigen Zuständigkeitsordnung, sondern bloß auf Klarstellung der Kompetenz des Jugendgerichtshofes Wien als Vollzugsgericht auch für die im Gefangenenhaus dieses Gerichtshofes angehaltenen erwachsenen Strafgefangenen ab (JAB 738 BlgNR XVII.GP 10). Dies ergibt sich schon daraus, daß die Gesetzesmaterialien eine vollzugsgerichtliche Zuständigkeit des Jugendgerichtshofes Wien für alle "dem Jugendstrafvollzug unterstehenden Strafgefangenen seines Sprengels" voraussetzen, die im Wortlaut des § 23 Z 2 lit c JGG keine Deckung findet. Daß gerade in Jugendschutzsachen die bestehende Zuständigkeit des Jugendgerichtshofes Wien erhalten bleiben sollte, wird zudem durch die Bezugnahme des Justizausschußberichtes auf eine bewährte Praxis bei Strafverfahren wegen des Vergehens nach § 198 StGB (JAB 738 BlgNR XVII.GP 11) verdeutlicht.

Die - somit verfehlte - Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien hat sich nach Lage des Falles nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgewirkt, weshalb die Gesetzesverletzung lediglich festzustellen war.

Rückverweise