JudikaturOGH

11Os145/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Oktober 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Tschugguel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mustafa E***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 (iVm Abs 3 lit a und b) und Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.Mai 1995, GZ 12 f Vr 10.737/92-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mustafa E***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 (iVm Abs 3 lit a und b) und Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil er - zusammengefaßt wiedergegeben - in der Zeit von Anfang 1988 bis 10.Dezember 1991 in Wien dadurch, daß er teils unrichtige, nämlich zu geringe Erlöse und Gewinne ausweisende Steuererklärungen, abgab, teils die Abgabe von Steuererklärungen und von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen überhaupt sowie die Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr von Abgaben unterließ, vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung an Umsatz-, Körperschaft-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuer in dem im angefochtenen Urteil detailliert aufgeschlüsselten Ausmaß von 2,948.743 S bewirkt und dies im Falle der unterlassenen Umsatzsteuervoranmeldung nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten hat.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der Verfahrensrüge zuwider bewirkte die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einholung einer Auskunft des "türkischen Gewerbeamtes" über Inhalt und Umfang der anläßlich der Automechanikermeisterprüfung (des Angeklagten) in der Türkei gelehrten und geprüften Fächer zum Beweis dafür, daß der Angeklagte keine kaufmännische Ausbildung im Zuge der Vorbereitungen bzw dieser Prüfung erhalten hat (320 f), keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte. Denn das angeführte Beweisthema entbehrt - worauf bereits das Erstgericht im Ergebnis zutreffend hingewiesen hat - insoweit jedweder entscheidungswesentlichen Relevanz, weil selbst ein antragskonformes Beweisergebnis die dazu getroffenen Feststellungen der Tatrichter, wonach der Beschwerdeführer vom Angestellten der mit der Erstellung der Buchhaltung und der Umsatzsteuervoranmeldungen der Mustafa E***** GesmbH beauftragten Firma E*****, Nurhan E*****, Instruktionen in türkischer Sprache betreffend die Sammlung und Übergabe von Belegen und die monatlich zu erstellenden Umsatzsteuervoranmeldungen erhalten (US 6 f, 13) und von seiner Steuerpflicht Kenntnis gehabt hat (US 14 iVm 330), unberührt läßt, damit der Annahme tatbestandsmäßigen Verhaltens nach den Denkgesetzen nicht entgegensteht und als zur Widerlegung der entscheidenden Tatsachengrundlagen in subjektiver Hinsicht ungeeignet auf sich beruhen kann.

Entgegen dem unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Begründung (Z 5) mehrfach erhobenen Beschwerdeeinwand hat das Erstgericht die "Beweisaussage" des Angeklagten keineswegs übergangen, sondern sich ausführlich mit dessen leugnender Verantwortung auseinandergesetzt, die es allerdings auf Grund weiterer Verfahrensergebnisse - Aussagen der Zeugen A***** und H*****, Existenz eines nicht deklarierten Kontos bei der R*****bank, Hinterziehung von Abgaben während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren, wobei zwei Jahre lang keine Steuererklärungen abgegeben wurden, sowie das Eingeständnis des Beschwerdeführers, von seiner Steuerpflicht Kenntnis gehabt zu haben und seine Instruktion durch den Zeugen E***** (US 12 bis 15) - für widerlegt erachtete.

Der Beschwerdeargumentation zuwider findet die tatrichterliche Feststellung, daß das Kassabuch nicht nur nachträglich, sondern auch mit fiktiven Eintragungen erstellt wurde, im Buch- und Betriebsprüfungsbericht (Tz 17.1.b) insoweit Deckung, als darin auf mit Bleistift eingetragene Einlagen, für die kein Beleg vorhanden ist und auf Einnahmen verwiesen wird, die weder personell noch nach den Ausgangsrechnungen zugeordnet werden können.

Soweit die Beschwerde die Feststellung, "daß die Schätzung nach § 184 BAO auf Grund der vom Beschwerdeführer selbst genannten Rohaufschläge beim Roheinsatz von 700 % bis 720 % erfolgt sei" als formell mangelhaft begründet rügt, übergeht sie zunächst die dazu außerdem getroffenen, auf Tz 17.5.b des Prüfberichtes basierenden Feststellungen, daß Grundlage der Schätzung auch der tatsächliche, aus den vorhandenen Unterlagen und den Angaben des Angeklagten festgestellte Lohn- und Wareneinsatz sowie der aus den Ausgangsrechnungen ersichtliche Rohaufschlag beim Lohneinsatz waren (US 10). Darüber hinaus vernachlässigt sie aber auch, daß der Beschwerdeführer anläßlich der mit ihm am 10.September 1991 aufgenommenen (im Körperschaftsteuerakt erliegenden) Niederschrift nicht nur die in der Beschwerde (aktenkonform) wiedergegebenen Angaben machte, sondern zusätzlich deponierte, daß bei Inrechnungstellung von Stundensätzen in der Höhe von 380 S bis 450 S (ohne Umsatzsteuer) zwischen Hilfsarbeiterstunden, die jeweils mit 40 S bis 45 S und Facharbeiterstunden, die jeweils mit 50 S bis 70 S honoriert wurden, nicht differenziert wurde. Die in Frage gestellte Annahme des Rohaufschlages für die weiterverrechnete Arbeitszeit mit 700 % bis 720 % beruht daher auf nachvollziehbaren Mittelwerten.

Die weiteren ins Treffen geführten Argumente der Mängelrüge, die sich - nach Art einer Schuldberufung - im Versuch erschöpfen, der denkrichtig als widerlegt erachteten Verantwortung des Beschwerdeführers in subjektiver Hinsicht zum Durchbruch zu verhelfen, bekämpfen nur unzulässig die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich gelangt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie nicht die erstgerichtlichen Feststellungen zu den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG sondern die - wie dargelegt mit mängelfreier Begründung als bloße Schutzbehauptung beurteilte - leugnende Verantwortung des Angeklagten mit dem Gesetz vergleicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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