JudikaturOGH

3Ob87/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. August 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S***** Establishment for Commerce, ***** Saudi Arabia, vertreten durch Dr.Andreas Grohs, Dr.Wolfgang Hofer, Dr.Andreas Reiner, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei H***** Corporation, ***** Korea, vertreten durch Dr.Friedrich Mosing, Rechtsanwalt in Wien, wegen restl. S 98.067,32 s.A. infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 19.Juni 1995, GZ 1 R 117/95-74, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 29.Dezember 1993, GZ 16 Cg 90/94y-62, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Exekutionsbewilligung wie folgt zu lauten hat:

"Auf Grund der rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteile des Handelsgerichtes Wien vom 20.3.1991, 16 Cg 10/89-45, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 22.4.1993, 1 R 245/92, wird der betreibenden Partei S***** Establishment for Commerce wider die verpflichtete Partei H***** Corporation zur Hereinbringung ihrer Kostenforderung von S 225.072,- samt 4 % Zinsen aus S 155.328,48 vom 21.3.1991 bis 22.4.1993 und aus S 225.072,- seit 23.4.1993 sowie der mit S 4.627,20 bestimmten Kosten des Exekutionsantrages die Exekution durch

I. Pfändung der der verpflichteten Partei gegen den Drittschuldner Republik Österreich, Handelsgericht Wien, 1010 Wien, Riemergasse 7, verwahrt bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien zu

II HMB 649/89 auf Grund der aktorischen Sicherheitsleistung gemäß dem Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20.4.1989, 16 Cg 10/89-24, zustehenden Forderung im Betrag von S 800.000,- und

II. Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung einschließlich der Kosten dieses Antrages, unbeschadet etwa früher erworbener Rechte dritter Personen, bewilligt und dem Drittschuldner verboten, zur Berichtigung der gepfändeten Forderung oder auf Abschlag dieser Forderung an die verpflichtete Partei Zahlung zu leisten. Letzterer wird jede Verfügung über die gepfändete Forderung sowie über das für sie bestellte Pfand und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung dieser Forderung untersagt.

Dem Drittschuldner wird aufgetragen, sich gemäß § 301 EO binnen 4 Wochen zu äußern. Mit Zustellung dieses Zahlungsverbotes an den Drittschuldner ist die bewilligte Pfändung als bewirkt anzusehen und zugunsten der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei an der oben bezeichneten Forderung ein Pfandrecht erworben.

Als Exekutionsgericht hat das Bezirksgericht Innere Stadt Wien einzuschreiten."

Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit S 6.068,40 (darin enthalten S 1.014,40 Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung:

In dem zwischen der nunmehrigen verpflichteten Partei als Klägerin und der nunmehrigen betreibenden Partei als Zweitbeklagte zu 16 Cg 10/89 (nunmehr 16 Cg 90/94y) beim Erstgericht anhängigen Verfahren wurde der Klägerin über den letztlich nur mehr von der Zweit- und Drittbeklagten (G***** Limited, ***** Liechtenstein) aufrecht erhaltenen Antrag mit Beschluß vom 20.4.1989 (ON 24) der Erlag einer aktorischen Kaution in Höhe von S 800.000,- aufgetragen. Dieser Betrag wurde am 19.6.1989 von einem PSK-Konto der S***** Bank Aktiengesellschaft, ***** lautend auf RA Dr.Friedrich Mosing, Mölkerbastei 5, 1010 Wien, an das Erstgericht überwiesen, wo dieser Betrag am 20.6.1989 gebucht wurde. Zahlungszweck ist laut Überweisungsbeleg "aktorische Kaution zu Zl 16 Cg 10/89lt. Beschluß

v. 20.4.1989 H***** Corp. vs/R***** Ltd., S*****, G*****, öS 800.000,-". Laut Erlagsbericht der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien vom 11.7.1989 (ON 29) wurde hinsichtlich des Betrages von S 800.000,- zu II HMB. 649/89 eine neue Masse unter der Bezeichnung "H***** Corporation gegen R***** Limited" eröffnet. Einem von der Klägerin gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 20.4.1989 (ON 24) erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 20.12.1989 (ON 32) nicht Folge.

Mit Urteil vom 20.3.1991 (ON 45) wurde die teils obsiegende, teils unterliegende Klägerin schuldig erkannt, den Beklagten (1. R***** Limited, 2. S***** Establishment for Commerce, 3. G***** Limited) zur ungeteilten Hand ihre anteiligen Verfahrenskosten von S 324.583,99 zu ersetzen; weiters wurden die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, der Klägerin S 169.254,51 anteilige Verfahrenskosten zu ersetzen. Berufungen der Klägerin und der Drittbeklagten gegen dieses Urteil wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 22.4.1993 (ON 59) nicht Folge gegeben, wobei die Drittbeklagte für schuldig erkannt wurde, der Klägerin die mit S 98.068,32 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen; die Klägerin wurde schuldig erkannt, der Erst- und Zweitbeklagten die mit S 69.744,48 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Eine von der Drittbeklagten gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 31.5.1994 (ON 65) zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 24.11.1993 beantragte die Zweitbeklagte als betreibende Partei ihr wider die Klägerin als verpflichtete Partei zur Hereinbringung der zur ungeteilten Hand aushaftenden vollstreckbaren Forderung (Kosten) aus den vollstreckbaren Urteilen des Handelsgerichtes Wien vom 20.3.1991, 16 Cg 10/89, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 22.4.1993, 1 R 245/92, von S 155.328,48 und S 69.744,48 samt 5 % Zinsen aus S 155.328,48 vom 21.3.1991 bis 22.4.1993 und aus S 225.072,- seit 23.4.1993 und der Kosten dieses Antrages die Exekution durch Pfändung der der verpflichteten Partei gegen den Drittschuldner Republik Österreich, Handelsgericht Wien, 1010 Wien, Riemergasse 7, verwahrt bei der Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichtes Wien zu II HMB 649/89 auf Grund der aktorischen Sicherheitsleistung gemäß dem Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20.4.1989 (ON 24) zustehenden Forderung im Betrag von S 800.000,-

sowie die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung einschließlich der Kosten dieses Antrages unbeschadet etwa früher erworbener Rechte dritter Personen zu bewilligen und dem Drittschuldner zu verbieten, zu Berichtigung der gepfändeten Forderung oder auf Abschlag dieser Forderung an die verpflichtete Partei Zahlung zu leisten.

Diese Forderungsexekution wurde vom Erstgericht mit Beschluß vom 29.12.1993 (ON 62) antragsgemäß bewilligt, die Kosten dieses Antrages mit S 4.627,20 und als Exekutionsgericht das Exekutionsgericht Wien bestimmt.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es diese Exekution nur zur Hereinbringung der zur ungeteilten Hand aushaftenden Kostenforderung von S 127.005,64 samt 4 % Zinsen aus S 155.329,48 vom 21.3.1991 bis 22.4.1993 und aus S 127.005,64 seit 23.4.1993 sowie der mit S 3.466,20 bestimmten Kosten des Exekutionsantrages bewilligte.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Zunächst sei der Einwand der Rekurswerberin, die Exekutionsbewilligung sei insoferne verfehlt, als der betreibenden und vormaligen zweitbeklagten Partei ein Anspruch auf Ausfolgung der Sicherheitsleistung von S 800.000,-, deshalb nicht zustehe, weil dieser Betrag von ihrem Rechtsvertreter Dr.Friedrich Mosing erlegt worden sei, nicht stichhältig. Richtig sei, daß nach dem oben wiedergegebenen Wortlaut des Überweisungsbeleges (ON 24) dieser Betrag vom damaligen Klagevertreter Dr.Mosing überwiesen wurde. Es könne jedoch kein Zweifel daran bestehen, daß diese Überweisung namens und im Auftrag der nunmehrigen betreibenden (richtig: verpflichteten) Partei erfolgte. Demzufolge bestünden keine Bedenken gegen die Bewilligung der beantragten Exekution zugunsten der vormaligen Zweitbeklagten.

Zutreffend bemängle die Rekurswerberin allerdings den von der Exekutionsbewilligung umfaßten Betrag als überhöht. Richtig sei, daß die Klägerin mit Urteil des Erstgerichtes vom 20.3.1991 (ON 45) zur Bezahlung von Verfahrenskosten von S 324,583,99 zur ungeteilten Hand an die Beklagten verpflichtet wurde, wogegen die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannt wurden, an die Klägerin Verfahrenskosten von S 169.254,51 zu bezahlen. Insoferne errechne sich daher die Kostenforderung mit S 155.329,48. Durch die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes reduziere sich insgesamt die berechtigte Kostenforderung der Zweitbeklagten und nunmehr betreibenden Partei auf S 127.005,64, zumal die drei Beklagten als materielle Einheit und Solidargläubiger bzw. -schuldner anzusehen und einander die wechselseitigen Kostenforderungen aufrechenbar gegenübergestanden seien. Wenngleich bei Bewilligung des Exekutionsantrages gemäß § 3 Abs 2 EO grundsätzlich nur von den Angaben des betreibenden Gläubigers auszugehen sei (EFSlg 39.307, EFSlg 69.928 ua), wäre bei der Exekutionsbewilligung auch der Inhalt des dem Bewilligungsgericht vorliegenden Prozeßaktes zu beachten (ZBl 1931/224). Demzufolge hätte das Erstgericht als Titel- und Exekutionsbewilligungsgericht die Exekution nur in dem aus dem Spruch ersichtlichen aktenkundigen Umfang bewilligen dürfen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei insoweit, als der Antrag auf Exekutionsbewilligung zur Hereinbringung eines Betrages von S 98.067,32 samt 4 % Zinsen seit 23.4.1993 abgewiesen worden sei, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Exekution auch im Umfang der Anfechtung bewilligt und der verpflichteten Partei der Ersatz der Kosten des Revisionsrekurses aufgetragen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 3 Abs 2 EO ist über den Antrag auf Bewilligung der Exekution - von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen - ohne vorausgehende mündliche Verhandlung und ohne Einvernehmung des Gegners Beschluß zu fassen. Daraus folgt in Verbindung mit § 7 EO, daß bei der Exekutionsbewilligung grundsätzlich von den durch den Exekutionsantrag gedeckten Angaben der betreibenden Partei auszugehen ist, rechtsaufhebende oder rechtseinschränkende Tatsachen hingegen nur soweit zu berücksichtigen sind, als sie die betreibende Partei selbst behauptet (RZ 1937, 303; 3 Ob 222/73; RZ 1994, 67/24 ua). Darüber hinausgehende Umstände, auf Grund derer die geführte Exekution nicht oder doch nicht in begehrten Umfang berechtigt sei, sind von der verpflichteten Partei zu behaupten und zu beweisen (RZ 1994, 67/24), und zwar mit den hiefür vorgesehenen Mitteln des Oppositionsgesuches oder der Oppositionsklage. Dies hat zur Folge, daß im Rahmen der Exekutionsbewilligung eine Forderung der verpflichteten Partei, auch wenn diese damit aufrechnen könnte, nicht berücksichtigt werden darf. Umso weniger darf eine bloß einer anderen Person (hier: der Drittbeklagten) auferlegte Kostenersatzpflicht (ON 59, S 98.068,32) gegen die verpflichtete Partei, wie es das Rekursgericht tat, berücksichtigt werden. Ebensowenig kann die Frage der Richtigkeit des Exekutionstitels (hier: Haftung anderer Streitgenossen für den auferlegten Kostenbetrag, ohne daß dies im Exekutionstitel seinen Niederschlag gefunden hat) bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag aufgerollt werden. Die vom Rekursgericht eingehaltene Vorgangsweise, die von der seinerzeitigen Drittbeklagten der verpflichteten Partei geschuldeten Kosten von S 98.068,32 von den der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei zustehenden Kostenforderungen abzuziehen, entspricht daher nicht dem Gesetz.

In der hier zu beurteilenden Rechtssache deckt das Urteil ON 45, auf das sich die betreibende Partei als Exekutionstitel stützt, unter Berücksichtigung des von der betreibenden Partei (zur ungeteilten Hand mit anderen) der verpflichteten Partei geschuldeten Betrages von S 169.254,51 den begehrten Betrag von S 155.328,48 (richtig: S 155.329,48).

Im berufungsgerichtlichen Urteil ON 59 wurde die verpflichtete Partei schuldig erkannt, der betreibenden Partei und der damals Erstbeklagten die mit S 69.744,48 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Ob durch diese Formulierung der Kostenentscheidung - eine Forderungsberechtigung zur ungeteilten Hand wurde darin nicht zum Ausdruck gebracht - die betreibende Partei allein zur exekutiven Geltendmachung des Gesamtbetrages berechtigt ist oder ob sie gemäß § 889 ABGB wegen der Teilbarkeit der Leistung "sich mit dem ihr gebührenden Teil begnügen müßte" braucht hier nicht weiter untersucht werden, weil die verpflichtete Partei selbst im Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung in Übereinstimmung mit dem Begehren der betreibenden Partei davon ausging, daß letztere den Gesamtbetrag von S 69.744,48 zu erhalten habe. Auch das Rekursgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, daß die betreibende Partei diesen Kostenbetrag zur Gänze geltend machte (S 324.583,99 minus S 169.254,51 plus S 69.744,48 = S 225.073,96; davon abgezogen S 98.068,32 ergeben S 127.005,64). Es hat daher der Berücksichtigung des Kostenbetrages von S 69.744,48 bei der Entscheidung über den bloß von der betreibenden Partei erhobenen Rekurs zu verbleiben.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes zur Pfändbarkeit des Ausfolgungsbetrages und zum jeweiligen Beginn des Zinsenlaufes sind nicht zu beanstanden.

Über den Antrag der betreibenden Partei auf Exekutionsbewilligung war daher wie im Spruch zu entscheiden. Dabei war zu berücksichtigen, daß der betreibenden Partei insgesamt die Exekution nur zur Hereinbringung der im Exekutionsantrag geltend gemachten Forderung von insgesamt S 225.072,- bewilligt werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 41 und 50 ZPO.

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