JudikaturOGH

14Os98/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Juli 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Juli 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Pesendorfer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Elisabeth H***** wegen des Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck, AZ 8 Bs 212/94 (GZ 25 E Vr 1.371/93-32 des Landesgerichtes Feldkirch), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Weiss, der Angeklagten und des Verteidigers Dr.Heiss zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. Februar 1995, AZ 8 Bs 212/94 (GZ 25 E Vr 1.371/93-32 des Landesgerichtes Feldkirch), verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 299 Abs 1 StGB.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem schuldigsprechenden Teil und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Elisabeth H***** wird von der wider sie erhobenen Anklage, sie habe am 20.Juli 1993 in Oberstdorf durch ihre gegenüber Beamten des Gendarmeriepostens Kleinwalsertal wider besseres Wissen gemachten Angaben, sie wisse nicht mehr, wer zum Zeitpunkt des Unfalles das Fahrzeug gelenkt habe, Karl-Horst F***** der sie als Beifahrerin in dem von ihm gelenkten Geländefahrzeug der Marke Suzuki Vitara fahrlässig schwer am Körper verletzt und damit eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hatte, der Verfolgung absichtlich ganz zu entziehen versucht, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht erkannte die am 5. Mai 1929 geborene Österreicherin Elisabeth H***** mit Urteil vom 22. Februar 1995, AZ 8 Bs 212/94 (GZ 25 E Vr 1.371/93-32 des Landesgerichtes Feldkirch), des Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB schuldig und verurteilte sie zu einer - teilweise bedingt nachgesehenen - Geldstrafe.

Inhaltlich des Schuldspruches hat Elisabeth H***** am 20.Juli 1993 in Oberstdorf (Bundesrepublik Deutschland) durch ihre gegenüber Beamten des Gendarmeriepostens Kleinwalsertal wider besseres Wissen gemachten Angaben, sie wisse nicht mehr, wer am 14.Juli 1993 im Gemsteltal zum Zeitpunkt des Unfalles das Fahrzeug gelenkt habe, Karl-Horst F*****, der sie als Beifahrerin in dem von ihm gelenkten Personenkraftwagen der Marke Suzuki Vitara fahrlässig schwer am Körper verletzt und damit eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hatte, der Verfolgung absichtlich ganz zu entziehen versucht (§ 65 Abs 1 Z 1 StGB iVm § 258 dStGB).

Nach den hier wesentlichen Feststellungen erklärte Elisabeth H***** bei einer niederschriftlichen Vernehmung durch Gendarmeriebeamte am 20. Juli 1993 wider besseres Wissen (S 294), sie könne infolge der erlittenen Gehirnerschütterung nicht sagen, wer im Unfallszeitpunkt das Fahrzeug tatsächlich gelenkt habe.

Nach Abschluß der niederschriftlichen Einvernahme gab Elisabeth H***** über neuerliches Befragen durch die Gendarmeriebeamten sinngemäß an, Karl-Horst F***** sei zum Unfallszeitpunkt gefahren, dies sei die Wahrheit, aber unterschreiben werde sie das nie, denn Karl-Horst F***** würde sie sonst erschlagen (S 128, 131, 133; 286 f, 294).

Vom Vorwurf einer weiteren Begünstigungshandlung am 14.Juli 1993 sprach das Oberlandesgericht Elisabeth H***** mangels Vernehmungsfähigkeit im Tatzeitpunkt gemäß § 259 Z 3 StPO frei.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 22.Februar 1995 steht in seinem schuldigsprechenden Teil - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - zum Nachteil der Verurteilten mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß § 299 Abs 1 StGB begeht eine Begünstigung, wer einen anderen, der eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat, der Verfolgung oder der Vollstreckung der Strafe oder vorbeugenden Maßnahme absichtlich ganz oder zum Teil entzieht. Auf welche Weise die Entziehung erfolgt, ist gleichgültig. Es kommt jedes Verhalten in Betracht, das dem angestrebten Ziel, den Vortäter vor Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu bewahren, zu dienen vermag; dabei genügt es, daß die Verfolgung (oder Vollstreckung) zumindest erschwert wird, wobei auch eine bloß vorübergehende Entziehung ausreicht (Leukauf-Steininger, Komm3 RN 7 zu § 299).

Elisabeth H***** hat bei ihrer Einvernahme am 20.Juli 1993 unmittelbar nach Beendigung der Niederschrift, aber noch vor Abschluß der Amtshandlung den erhebenden Gendarmeriebeamten den wahren Sachverhalt bekanntgegeben und Karl-Horst F***** als Lenker des Fahrzeuges im Unfallszeitpunkt bezeichnet. Diese Angaben wurden von den Gendarmeriebeamten auch zur Kenntnis genommen und in der Anzeige festgehalten (S 47). Damit war aber diese Aussage in ihrer Gesamtheit nicht geeignet (Leukauf-Steininger aaO RN 25, Pallin in WK Rz 15 zu § 299), Karl-Horst F***** auch nur vorübergehend der Strafverfolgung zu entziehen, sodaß nicht einmal der Versuch des Vergehens der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB vorliegt, zumal auch in der bloßen Weigerung der Genannten, den wahren Sachverhalt zu "unterschreiben", keine Begünstigungshandlung erblickt werden kann.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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