14Os77/95(14Os78/95) – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Juli 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Pesendorfer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Andreas O***** und Nikolaus P***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Nikolaus P***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich beider Angeklagten) gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 19.Jänner 1995, GZ 40 Vr 1.790/94-130, ferner über eine Beschwerde gemäß § 494 a Abs 4 StPO der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich des Angeklagten Andreas O*****) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten Nikolaus P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Angeklagte Andreas O***** - der das Urteil seinerseits in Rechtskraft erwachsen ließ - der Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB als Ausführungstäter (A) und des versuchten schweren Betruges nach §§ 15 Abs 1, 146, 147 Abs 3 StGB als Beitragstäter (B), der Angeklagte Nikolaus P***** der Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB als Bestimmungstäter (C) und des versuchten schweren Betruges nach §§ 15 Abs 1, 146, 147 Abs 3 StGB als Ausführungstäter (D) schuldig erkannt und zu (unbedingten) Freiheitsstrafen verurteilt. Bei Andreas O***** wurde vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und einer bedingten Entlassung unter Verlängerung der Probezeiten abgesehen (§ 494 a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO).
Darnach haben in B*****
Andreas O***** am 9.Juli 1994
A) in den ehemaligen Lagerhallen der Tischlerei des Georg H***** ohne
dessen Einwilligung dadurch, daß er das mit Benzin getränkte Inventar der Firma ***** des Nikolaus P***** in Brand steckte, eine Feuersbrunst verursacht;
B) durch die zu A) beschriebene Tat zur Ausführung der unter D)
angeführten strafbaren Handlung des Nikolaus P***** beigetragen, der am 14.Juli 1994 in B***** versuchte, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte ***** Allgemeinen Versicherungs-AG durch Erstattung einer fingierten Schadensmeldung, also durch Täuschung über Tatsachen, zur Auszahlung der Versicherungssumme von 2,100.000 S, somit zu einer Handlung zu verleiten, die diese Versicherung um einen 500.000 S übersteigenden Betrag schädigen sollte;
Nikolaus P*****
C) in der Zeit zwischen Juni 1994 und 9.Juli 1994 den Andreas O*****
durch mehrmalige Aufforderung, das Warenlager der Firma ***** in Brand zu stecken, um die Versicherungssumme kassieren zu können, wobei er ihm einen Betrag von 200.000 S in Aussicht stellte, zu der zu A) beschriebenen Handlung bestimmt,
D) am 14.Juli 1994 versucht, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der ***** Allgemeinen Versicherungs-AG durch Erstattung einer durch Verschweigen seiner Bestimmungstäterschaft zur vorsätzlichen Brandstiftung fingierten Schadensmeldung, also durch Täuschung über Tatsachen, zur Auszahlung der Versicherungssumme von 2,100.000 S, somit zu einer Handlung zu verleiten, die diese Versicherung um einen 500.000 S übersteigenden Betrag schädigen sollte.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil wird vom Angeklagten Nikolaus P***** mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO sowie von ihm und der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich beider Angeklagten) mit Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe bekämpft. Die Staatsanwaltschaft hat außerdem gegen den den Angeklagten Andreas O***** betreffenden Beschluß gemäß § 494 a StPO Beschwerde erhoben.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Nikolaus P***** versagt.
Unter dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 4) rügt der Beschwerdeführer zunächst die (nur) durch den Vorsitzenden (iS des § 232 Abs 3 StPO) verfügte Abweisung seines Antrages, erst nach Vernehmung des Mitangeklagten O***** einvernommen zu werden (S 51/III). Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer darüber nicht die Entscheidung des Schöffensenates begehrt hat und er daher zur Erhebung der Verfahrensrüge insoweit gar nicht legitimiert ist, zeigt die erst in der Beschwerde nachgeholte, rein spekulative Begründung, dem Mitangeklagten O***** hätte die Möglichkeit genommen werden müssen, seine Verantwortung den Aussagen des Beschwerdeführers anzupassen, keinen Umstand auf, der die behauptete Verletzung von Verteidigungsrechten stützen könnte.
Der weitere Einwand, das Erstgericht hätte den Zeugen Klaus Sch*****, der eine Aussage in der Hauptverhandlung aus angeblicher Angst vor Repressalien gegen seine Familie verweigert hatte (S 183 f/III), durch Zwangsmaßnahmen zur Aussage verhalten müssen, ist - abermals abgesehen von der mangels entsprechender Antragstellung fehlenden Beschwerdelegitimation - schon deshalb verfehlt, weil die erschöpfenden Angaben dieses Zeugen vor Gendarmerie und Untersuchungsrichter einverständlich ohnedies in der Hauptverhandlung verlesen wurden (ON 101 und 102/II iVm S 371/III).
Dem Vorwurf, die Verlesung der Transkription des ein Gespräch der beiden Angeklagten beinhaltenden, ohne Wissen des Beschwerdeführers aufgenommenen Tonbandes hätte "die gebotene Fairneß verletzt", genügt es zu erwidern, daß der Beschwerdeführer ausdrücklich die Abhörung des fraglichen Tonbandes beantragt hat (S 363/III).
Dem Vorwurf der Undeutlichkeit (Z 5) zuwider lassen die die subjektive Tatseite betreffenden Urteilsannahmen an Klarheit nichts zu wünschen übrig, zumal nähere Ausführungen deshalb entbehrlich waren, weil der deliktische Vorsatz des Beschwerdeführers sinnfällig aus dem Geschehensablauf abgeleitet werden konnte. Ebenso klar ist dem Urteil zu entnehmen, daß die Tatrichter die den Schuldspruch tragenden Konstatierungen vor allem auf die den Beschwerdeführer belastenden Angaben des Mitangeklagten O***** stützten, wobei auch einwandfrei dargelegt wurde, warum dessen das eigene Verhalten beschönigenden Verantwortung der Glauben versagt wurde.
Nähere Erörterungen bezüglich der dem Angeklagten O***** zugesagten Entschädigung und der Vorkommnisse im Zusammenhang mit einem früheren, bedeutungslosen Brandgeschehen konnten im Sinne einer gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) ebenso unterbleiben, wie über angebliche Indizien, die für eine Alleintäterschaft des Angeklagten O***** sprechen sollten. Recht besehen erweisen sich alle diese Einwände als unbeachtliche Bekämpfung der formell mängelfreien tatrichterlichen Beweiswürdigung.
Die Urteilsannahme, daß der Beschwerdeführer noch am 8.Juli 1994 mit O***** zusammentraf, findet nicht nur in den Angaben des Genannten (S 107/III), sondern, dem Beschwerdevorbringen zuwider, auch in der Aussage der Zeugin Gertraud V***** (S 155, 157/I; 139, 141/III) hinreichend Deckung.
Der Umstand, daß ein laut Aussage des Angeklagten O***** am 8.Juli 1994 über das Mobiltelefon des Beschwerdeführers geführtes Gespräch nach den sicherheitsbehördlichen Erhebungen nicht stattgefunden haben kann, konnte unerörtert bleiben, hat doch O***** ausdrücklich angegeben, den Beschwerdeführer möglicherweise auch über den Telefonanschluß seiner Eltern, wo er sich zumeist aufgehalten hat, angerufen zu haben. Er war auch imstande, die betreffende Telefonnummer auf Anhieb zu nennen (S 385/II).
Unmaßgeblich sind all jene Beschwerdeeinwände, die das Verhalten des O***** unmittelbar vor dem inkriminierten Brandgeschehen betreffen; daß sich der Genannte zum fraglichen Zeitpunkt am Ort des Brandausbruchs aufgehalten hat, ist unbestritten.
Die Urteilsfeststellung über das Bewußtsein des Beschwerdeführers, daß Sinn und Zweck der Besprechung vom 14.Juli 1994 die Groberfassung des Schadens für eine allfällig spätere Auszahlung der Versicherungssumme war (US 12), ist eine lebensnahe, geradezu zwingende Schlußfolgerung aus dem objektivierten Geschehensablauf (siehe dazu das vom Angeklagten P***** unterfertigte Brandschaden-Erhebungsprotokoll S 79, 81/II).
Unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO wiederholt der Beschwerdeführer zum Teil seine Argumentation zur Mängelrüge, zum Teil zeigt er nach Art einer Schuldberufung Umstände auf, die seine leugnende Verantwortung stützen könnten. Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen vermag er aber damit nicht zu erwecken.
In der Rechtsrüge (Z 9 lit a, im Hinblick auf § 151 StGB der Sache nach Z 10) macht der Beschwerdeführer geltend, daß die "bloße Teilnahme an der Erstellung eines Schadenerhebungsprotokolls" noch keine ausführungsnahe Betätigung eines Betrugsentschlusses darstellen könne. Mit diesem Vorbringen läßt er die weiteren Urteilsannahmen unberücksichtigt, wonach ihm bewußt war, daß Sinn und Zweck der fraglichen Besprechung die Groberfassung des Schadens für eine allfällige spätere Auszahlung der Versicherungssumme war (US 12), und er dabei eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, daß das Feuer jedenfalls nicht von ihm vorsätzlich herbeigeführt worden, sondern auf eine Weise entstanden sei, welche seinen Anspruch auf Schadensliquidierung durch den Versicherer begründe (US 20).
Unter dem zuletzt bezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 11) führt der Beschwerdeführer Umstände an, die nach seiner Auffassung "bei richtiger Würdigung" zu einem erheblich geringeren Strafausmaß und zur bedingten Nachsicht eines Teiles der Strafe geführt hätten. Solcherart werden aber keine materiellrechtlichen Strafbemessungsfehler, sondern Berufungsgründe geltend gemacht.
Die zum Teil offenbar unbegründete, im übrigen aber nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Nikolaus P***** war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285 i; 498 Abs 3 StPO).
Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers ist in § 390 a StPO begründet.