JudikaturOGH

13Os67/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Juli 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juli 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wlattnig als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mag.Helmut K***** wegen der Vergehen der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs 1 Z 1 und 2, 161 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Privatbeteiligten B*****-*****GmbH Co KG gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 13.September 1994, GZ 28 Vr 534/94-21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag.Helmut K***** der Vergehen (siehe Leukauf-Steininger, Komm3, § 159 RN 3) der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs 1 Z 1 und 2, 161 StGB schuldig erkannt, weil er als Geschäftsführer (§ 309 StGB) der Schuldnerin mehrerer Gläubiger nämlich der Firma A*****Gesellschaft mbH vom August 1988 bis August 1992 insbesondere durch unverhältnismäßige Kreditbenützung, mangelnde kaufmännische Kenntnisse und Fähigkeiten sowie durch übermäßige Repräsentationskosten fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit herbeiführte (1.) und von September 1992 bis 15.Jänner 1993 in Kenntnis dieser Zahlungsunfähigkeit insbesondere durch Eingehen neuer und Bezahlung alter Schulden und nicht rechtzeitigen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens fahrlässig die Befriedigung ihrer Gläubiger vereitelte bzw schmälerte (2.).

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Die Mängelrüge (Z 5) wirft dem Urteil vor, die Aussagen der Zeugen Wolfgang B***** und Mag.Gerhard N***** in der Hauptverhandlung seien nicht erörtert worden. Demgegenüber hat das Schöffengericht jedoch die Aussagen dieser Zeugen ausdrücklich als eine der Grundlagen seiner Entscheidung bezeichnet (US 4) und sie in den Kreis seiner Überlegungen einbezogen. Dies ergibt sich vor allem schlüssig aus der auch von der Beschwerde zitierten Konstatierung, die Bezüge des Angeklagten seien in keiner Relation zur wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens gestanden (US 7), die neben den vom Urteil in diesem Zusammenhang erwähnten Verantwortungen der Geschäftsführer Kn***** und Ko***** vor allem auf die Aussage des Zeugen B***** in der Hauptverhandlung gestützt werden kann, gab er doch an, daß die realen Entnahmen des Ko***** zwar in Relation zur Liquidität, nicht jedoch zur wirtschaftlichen Ertragslage standen (S 26/II).

Der Umstand, daß nach Ansicht des Zeugen B***** im August 1992, der Zeit, in der die Geschäftsführer (spätestens) aus Gesprächen mit dem Steuerberater Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit hatten, die Möglichkeit bestand, aussichtsreich mit Partnern (gemeint über außergerichtliche Sanierungsversuche) zu verhandeln (S 27/II), war im Hinblick auf das angelastete Delikt der fahrlässigen Schmälerung von Befriedigungsrechten zumindest eines Gläubigers (§ 159 Abs 1 Z 2 StGB) nicht erörterungsbedürftig, weil es entscheidend lediglich darauf ankommt, daß der Angeklagte in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit als Geschäftsführer nicht rechtzeitig (und zwar weder innerhalb der Frist der §§ 69 Abs 2 KO, 1 Abs 1, 79 ff AO, noch nach Kenntnis des Scheiterns der Sanierungsbemühungen, siehe Leukauf-Steininger, aaO, RN 30) die Einleitung des Insolvenzverfahrens beantragte.

Die Tatrichter haben sich den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen zuwider auch ersichtlich mit eingeleiteten Sanierungsversuchen befaßt, jedoch (auf tauglicher Aktengrundlage, siehe vor allem S 120/93 des Landesgerichtes Innsbruck) deren Scheitern konstatiert (US 7).

Auch die Aussage des Zeugen Mag.Gerhard N***** läßt keine anderen Schlüsse zu, weil dieser Zeuge ausdrücklich darauf hinwies, daß die Verfügung über den Zessionskredit der ***** Sparkasse nur im Rahmen der tatsächlichen Eingänge möglich war (S 30/II). Indem die Mängelrüge schließlich global und ohne jede weitere Differenzierung dem Urteil vorwirft, es enthalte keine Begründung zur Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit bzw Vereitelung oder Schmälerung von Gläubigerbefriedigungsrechten, läßt sie zur Gänze die dazu formell mängelfrei getroffenen Feststellungen US 5 bis 11 außer acht.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) scheitert zunächst schon daran, daß sich aus der Aktenlage kein Hinweis auf eine Einleitung des Konkursverfahrens durch den Angeklagten ergibt, diese vielmehr erst am 22.Juli 1993 durch den anderen Geschäftsführer Kn***** erfolgte (ON 1 in S 120/93 des Landesgerichtes Innsbruck; vgl US 8). Die weitere Behauptung, der Angeklagte hätte Vertrauen auf Möglichkeiten der Änderung der wirtschaftlichen Situation zum Positiven haben können, ist auf Aktengrundlage nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die entscheidenden erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen (vor allem zur Fahrlässigkeitsschuld) zu wecken, weil der Beschwerde zuwider auch der Steuerberater B***** die Situation keineswegs positiv sah (vgl S 26 und 27/II) und auch die Aussage des Zeugen N*****, der ausdrücklich davon sprach, daß es trotz Gesprächen mit möglichen Partnern ab November 1992 bereits im Dezember 1992 mit der Liqidität "sehr übel" wurde (S 31), keine Grundlage für solche Bedenken bietet. Diese Depositionen stützen vielmehr die Feststellungen der Tatrichter und sind keineswegs geeignet, Bedenken im Sinn der erhobenen Tatsachenrüge hervorzurufen.

Die Feststellungsmängel relevierende Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht insgesamt am Urteilssachverhalt vorbei. Soweit sie inhaltlich als Mängelrüge eine unvollständige Begründung zu den Feststellungen über die fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit behauptet, kann an dieser Stelle neben dem bereits oben Dargelegten zusammengefaßt auf die Urteilsausführungen (insbesondere US 8 und 9) verwiesen werden. Der Beginn der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft, zugleich Beginn des Zeitraumes der fahrlässigen Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit infolge Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit ohne jede kaufmännischen Kenntnisse und Fähigkeiten, erfolgte im Juli oder August 1988 (US 5 mit Hinweis auf Verantwortung des Geschäftsführers Kn*****, S 12/II).

Daß der Angeklagte die Einleitung eines Konkursverfahrens beantragt hätte, wie dies die Beschwerde wiederholt behauptet, ist ebenso feststellungsfremd wie das Vorbringen, daß die Sanierungsversuche erfolgreich gewesen wären (neuerlich US 7 und 8). Die Ausführung der Rechtsrüge setzt das Festhalten am Urteilssachverhalt und den auf dieser Basis erfolgten Nachweis rechtsirriger Beurteilung der Konstatierungen durch das Schöffengericht voraus. Indem die Rechtsrüge vernachlässigt, daß der Angeklagte als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer zumindest eine Kontrolltätigkeit wahrzunehmen hatte, dieser jedoch nicht nachkam, zudem ohne kaufmännische Kenntnisse und Fähigkeiten, ohne jedes Eigenkapital der Gesellschaft und der Gesellschafter, ständig nur fremdes Kapital in Anspruch nehmend und übermäßigen Aufwand treibend, die Tätigkeit im Rahmen der Gesellschaft aufnahm und weiterführte, so ihre Zahlungsunfähigkeit herbeiführte (US 5-7 und 11) sowie in deren Kenntnis und im Bewußtsein der Aussichtslosigkeit von Sanierungsversuchen kein Insolvenzverfahren einleitete, das Unternehmen vielmehr fortgeführt, neue Schulden gemacht und alte bezahlt wurden (neuerlich US 11), ermangelt sie der prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils jedoch als nicht den in den Verfahrensvorschriften aufgestellten Voraussetzungen entsprechend ausgeführt, schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm 285 a Z 2 StPO).

Über die Berufungen wird demnach der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

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