4N513/95 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers Dr.Wolfgang V*****, wider den Beklagten Prof.Walter K*****, vertreten durch Dr.Johannes Hintermayr und Dr.Michael Krüger, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 36.634,- sA, über den Ablehnungsantrag des Klägers den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Ablehnungsantrag wird Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom 30.11.1994, 9 Ob A 220/94 wurde über den Kläger eine Ordnungsstrafe von S 3.000,- verhängt. Gleichzeitig wurde seinem Rekurs gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 4.10.1994, 14 Nc 52/94-3, nicht Folge gegeben. Mit diesem Beschluß war der Ablehnungsantrag des Klägers, mit dem er den Richter Dr.Gustav S***** und alle anderen Richter des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien abgelehnt hatte, zurückgewiesen worden.
Grund für die Verhängung der Ordnungsstrafe war das Rekursvorbringen des Klägers. Der Kläger hatte dem Erstrichter sinnlose, geradezu "blödsinnige" Verfahrensaufblähungen und -verschleppungen vorgeworfen.
Der Kläger erhebt gegen den Beschluß vom 30.11.1994, 9 Ob A 220/94, mit dem die Ordnungsstrafe verhängt wurde, Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO. Gleichzeitig lehnt er die Mitglieder des Senates 9 des Obersten Gerichtshofes Senatspräsident Dr.K*****, Hofrat Dr.M***** und Hofrat Dr.S***** sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich B***** und Franz M***** ab. Er beschuldigt die abgelehnten Richter, das Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt begangen zu haben. Sie hätten trotz eindeutiger Rechts- und Sachlage über den Kläger eine Ordnungsstrafe verhängt. Damit hätten sie den Kläger bewußt einschüchtern und schädigen wollen, weshalb sie als befangen anzusehen seien. Durch das Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt sei der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO verwirklicht.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 537 ZPO ist ein Richter, wegen dessen (behaupteten)
Verhalten die Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO
angebracht wird, von der Leitung der Verhandlung sowie von der
Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage ausgeschlossen. Das
Vorliegen von Ausschließungsgründen rechtfertigt aber, ebenso wie die
Befangenheit, die Ablehnung des Richters (§ 19 JN; s Mayr in
Rechberger, ZPO § 19 JN Rz 1 ff).
Der Ablehnungsantrag des Klägers ist daher schon nach dem Gesetz
berechtigt, auch wenn der vom Kläger behauptete Beweggrund für die
Verhängung der Ordnungsstrafe - ihn bewußt einzuschüchtern und zu
schädigen - völlig aus der Luft gegriffen erscheint. Mit der
Verhängung der Ordnungsstrafe wurden beleidigende Äußerungen des Klägers, welche die schuldige Achtung vor dem Gericht verletzen, dem Gesetz entsprechend geahndet.