10ObS42/95 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Raimund Kabelka (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Hartmann (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Marko P*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Alfred Strommer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, wegen Kinderzuschusses, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28.November 1994, GZ 32 Rs 130/94-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 3.Mai 1994, GZ 30 Cgs 57/94f-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Oberste Gerichtshof stellt beim Verfassungsgerichtshof nach Art
89 Abs 2 und 4 B-VG den
Antrag,
gemäß dem nach Art 140a B-VG mit der dort umschriebenen Maßgabe
anzuwendenden Art 140 B-VG festzustellen, daß
1. im Art 27 Abs 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich
und der Bundesrepublik Deutschland über Soziale Sicherheit vom
22. Dezember 1966 BGBl 1969/382 in der geltenden Fassung das Wort
"Pension" in der Wortfolge "und eines Kinderzuschusses zur Pension
(Rente) eines Versicherten",
2. im Art 27 Abs 4 Satz 3 des zitierten Abkommens in der geltenden Fassung das Wort "Pension" in der Wortfolge "sowie um den nach Absatz 8 zustehenden Kinderzuschuß zur Pension (Rente) eines Versicherten" und
3. im Art 27 Abs 8 Halbsatz 1 des zitierten Abkommens in der geltenden Fassung das zweimal vorkommende Wort "Pension" verfassungswidrig sind und die angefochtenen Stellen des genannten Abkommens als verfassungswidrig aufzuheben.
Text
Begründung:
Sachverhalt:
Der Kläger, ein Staatsangehöriger Kroatiens, hält sich gewöhnlich außerhalb der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf. Er hat 54 österreichische und 96 deutsche Beitragsmonate der Pflichtversicherung erworben und bezieht eine österreichische Pensionsteilleistung und eine deutsche Rententeilleistung.
Mit Bescheid vom 17.9.1993 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kinderzuschuß für seinen am 6.11.1971 geborenen Sohn Nikola P***** unter Berufung auf Art 27 Abs 8 Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Soziale Sicherheit vom 22.12.1966 BGBl 1969/382 (AbkSozSi-BRD) ab.
Das Klagebegehren richtet sich auf Leistung des Kinderzuschusses zur österreichischen Pensionsteilleistung. Der Kläger vertritt die Rechtsmeinung, daß sich der Anspruch auf Kinderzuschuß nach den österreichischen Rechtsvorschriften richten müsse, weil er nach den deutschen Rechtsvorschriften keinen Anspruch auf Kinderzuschuß habe.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Nach ihrer Rechtsansicht richtet sich der Anspruch auf Kinderzuschuß nach den deutschen Rechtsvorschriften.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da sich der Kläger gewöhnlich außerhalb der Gebiete der beiden Vertragsstaaten aufhalte, richte sich der Anspruch auf Kinderzuschuß nach Art 27 Abs 8 AbkSozSi-BRD ausschließlich nach den Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland, nach denen die längere Beitragszeit zurückgelegt sei, nicht aber nach den österreichischen Rechtsvorschriften.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es erachtete die Rechtsrüge für nicht stichhältig, die damit bekämpften Entscheidungsgründe des erstgerichtlichen Urteils hingegen für zutreffend (§ 500a ZPO).
In der Revision macht der Kläger unrichtige rechtliche Beurteilung (der Sache) geltend; er beantragt, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern. Der Kläger hält die Regelung des Art 27 AbkSozSi-BRD für gleichheitswidrig. Ein Versicherter, der nach der österreichischen Rechtsordnung ein subjektives Recht erworben habe, verliere nämlich diesen Anspruch nur deshalb, weil er im anderen Vertragsstaat mehr Versicherungszeiten erworben habe.
Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG in der gemäß Art X § 2 Z 7 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz-Novelle 1994 BGBl 624 hier
noch anzuwendenden Fassung BGBl 1989/343 auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 der erstzit Gesetzesstelle zulässig.
Da der Oberste Gerichtshof aber gegen die von ihm anzuwendenden, im
Spruch bezeichneten Stellen des Staatsvertrages aus dem Grund der
Verfassungswidrigkeit Bedenken und deshalb den aus dem Spruch
ersichtlichen Antrag zu stellen hat, darf er nach dem gemäß § 66
Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 BGBl 85 idgF (VerfGG) sinngemäß
anzuwendenden § 62 Abs 3 leg cit über die Revision bis zur
Verkündung bzw Zustellung des Erkenntnisses des
Verfassungsgerichtshofes nicht entscheiden.
Bedenken:
Rechtliche Beurteilung
Nach Art 27 Abs 3 AbkSozSi-BRD berechnet der zuständige Träger
jedes Vertragsstaates unter Außerachtlassung .......... eines Kinderzuschusses zur Pension (Rente) eines Versicherten zunächst die Pension (Rente), die nach den vom ihm anzuwenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften der betreffenden Person zustehen würde, wenn alle Versicherungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates für die Berechnung der Pension (Rente) zu berücksichtigen sind, auch für die Berechnung der Pension (Rente) zu berücksichtigende Versicherungszeiten nach den vom dem Träger anzuwendenden Rechtsvorschriften wären.
Nach Abs 4 des zit Art berechnet der zuständige Träger jedes Vertragsstaates sodann den Teil der Pension (Rente), der dem Verhältnis entspricht, in dem die Versicherungszeiten, die nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigt worden sind, zur Summe aller Versicherungszeiten stehen, die nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten berücksichtigt worden sind ....... Die so ermittelte Teilleistung erhöht sich ........ um den nach Absatz 8 zustehenden Kinderzuschuß zur Pension (Rente) eines Versicherten.
Nach dem bezogenen Abs 8 idF des Dritten Zusatzabkommens BGBl 1982/299 richtet sich der Anspruch auf Kinderzuschuß zu einer Pension (Rente) eines Versicherten, sofern nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten ein Anspruch auf Pension (Rente) besteht, ausschließlich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet sich der Berechtigte gewöhnlich aufhält; hält sich der Berechtigte gewöhnlich außerhalb der Gebiete der Vertragsstaaten auf, so richtet sich der Anspruch ausschließlich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, nach denen die längere Beitragszeit zurückgelegt ist.
Abs 8 lautete in der Stammfassung: "Solange einer Person, die sich
im Gebiet eines Vertragsstaates gewöhnlich aufhält, nach den
Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten ein Kinderzuschuß zu einer
Pension (Rente) eines Versicherten zu gewähren wäre, ruht der
Kinderzuschuß nach den Rechtsvorschriften des anderen
Vertragsstaates. Solange einer Person, die sich außerhalb des
Gebietes der Vertragsstaaten aufhält, nach den Rechtsvorschriften
beider Vertragsstaaten ein Kinderzuschuß zu einer Pension (Rente)
eines Versicherten zu gewähren wäre, ruht der Kinderzuschuß auf Grund
der Rechtsvorschriften, nach denen die kürzere Beitragszeit
zurückgelegt ist. Besteht ein Anspruch auf Kinderzuschuß nur nach den
Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates, weil die Voraussetzungen
für die Gewährung einer Pension (Rente) oder eines Kinderzuschusses
nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates auch unter
Berücksichtigung des Art 26 Abs 1 nicht erfüllt sind, so gewährt
der Träger den Kinderzuschuß nur zur Hälfte, wenn die Voraussetzungen
für den Anspruch nur unter Berücksichtigung des Art 26 Abs 1
erfüllt sind."
Für die Feststellung eines allfälligen Kinderzuschusses bestand nach
der Stammfassung und besteht nach der geltenden Fassung des Art 27
AbkSozSi-BRD eine Sonderregelung (MGA Zwischenst SV Lfg 28, 1a, 97
FN 5). Dazu führt die RV zum Stammabkommen 520 BlgNR 11. GP 45
aus: "Die für die Gewährung der Kinderzuschüsse vorgesehene Regelung
des Abs 8 weicht von allen übrigen, von Österreich bisher getroffenen
diesbezüglichen Regelungen ab. Diesen bisherigen Regelungen zufolge
ist der Kinderzuschuß in die Ermittlung der 'fiktiven Vollpension'
einzubeziehen und unterliegt demnach auch der zur Feststellung der
Teilleistung führenden zwischenstaatlichen Kürzung. Dies hat zur
Folge, daß der Berechtigte in der Regel aus der Versicherung beider
Vertragsstaaten je einen zwischenstaatlich gekürzten Kinderzuschuß
erhält. Die im Verhältnis zur BRD getroffene Regelung sieht hingegen
vor, daß der Kinderzuschuß nur von einem Versicherungsträger, und
zwar von jenem des Aufenthaltsstaates des Berechtigten, ungekürzt zu
gewähren ist. Diese Regelung findet ihre Begründung in der
sogenannten 'Milieu-Theorie', derzufolge für das Ausmaß bestimmter
Leistungen nicht die im anderen Vertragsstaat erworbenen
Versicherungszeiten, sondern die Höhe der im Aufenthaltsstaat
bestehenden durchschnittlichen Lebenshaltungskosten maßgebend sein
sollen. Sie ist darüber hinaus - insbesondere für die deutschen
Versicherungsträger, die nach Art 29 Nr 8 in der überwiegenden Zahl
der Fälle keine pro-rata-temporis-Berechnung vorzunehmen haben -
mit einer wesentlichen Verwaltungsvereinfachung verbunden. Im Falle
des Aufenthaltes des Berechtigten in einem Drittstaat wird der
Kinderzuschuß von jenem Versicherungsträger gewährt, in dessen Staat
die längere Beitragszeit zurückgelegt wurde." Nach Urbanetz, Das neue
Abkommen über Soziale Sicherheit mit der Bundesrepublik Deutschland,
DRdA 1971, 125 (131) mußte wegen der Ausschaltung der Berechnung
der Renten nach der pro-rata-temporis-Regelung in der Masse der Fälle
auf deutscher Seite konsequenterweise für den Kinderzuschuß eine
Sondernorm geschaffen werden. Diese weiche von der sonst in
Sozialversicherungsabkommen üblichen Methode, auch diesen
Leistungsteil dem Verhältnis der Zeiten entsprechend anteilsmäßig
festzustellen, völlig ab. Zur Vermeidung von Doppelleistungen sehe
demnach Art 27 Abs 8 erster Satz vor, daß bei Anspruch auf
Kinderzuschuß aus der Versicherung beider Staaten der Kinderzuschuß
(in voller Höhe) nur zu der Leistung aus der Versicherung des Staates
gebührt, in dessen Gebiet sich der Pensionsberechtigte gewöhnlich
aufhält. Aus der Versicherung des anderen Staates ruhe jedoch der
Kinderzuschuß ......... Der zweite Satz dieses Abs regle jene Fälle,
in denen zwar Anspruch auf Kinderzuschuß aus der Versicherung beider
Staaten bestünde, der Pensionsberechtigte sich jedoch außerhalb des
Gebietes beider Vertragsstaaten aufhält. Hier werde bestimmt, daß der
Kinderzuschuß aus der Versicherung des Staates zu gewähren sei, in
der die längere Beitragszeit zurückgelegt wurde, während der
Kinderzuschuß aus der Versicherung des anderen Staates zum Ruhen
komme ....... .
Nach der RV zum Dritten Zusatzabkommen zum AbkSozSi-BRD 599 BlgNR
15. GP 7 trägt die Neufassung des Art 27 Abs 8 den durch das (dt)
Dabei werde nicht mehr auf den gleichzeitigen Anspruch auf den
Kinderzuschuß, sondern auf den gleichzeitigen Anspruch auf Pension
(Rente) abgestellt. Die erwähnten Änderungen der dt Rechtslage
betrafen insbesondere den mit dem genannten Gesetz vorgesehenen
Wegfall des Kinderzuschusses aus der Rentenversicherung, wenn für
dasselbe Kind eine Kinderzulage aus der Unfallversicherung gewährt
wurde. Es mußte daher gleichzeitig in der neuen Z 7a des
Schlußprotokolls festgelegt werden, daß die Gewährung eines
Kinderzuschusses aus der österreichischen Unfallversicherung nicht
zum Wegfall des deutschen Kinderzuschusses aus der Rentenversicherung
führt, da es sonst trotz einer Zuordnung der Gewährung des
Kinderzuschusses unter die deutschen Rechtsvorschriften zu keiner
Gewährung des deutschen Kinderzuschusses gekommen wäre (MGA
Zwischenst SV Lfg 26, 1a, 99 FN 11 zu Art 27; 1b, 157 FN 1 zu Z
7a Schlußprot; ähnlich Siedl, Drittes Zusatzabkommen mit der
Bundesrepublik Deutschland, SozSi 1982, 513 [516]). Siedl bemerkt
noch, daß eine dem letzten Satz der Stammfassung des Art 27 Abs 8
entsprechende Regelung in der Fassung des 3.Zusatzabkommens fehle.
Das bedeute im Zusammenhang mit den Bestimmungen des Art 27 Abs 3
Die im Art 27 Abs 3, 4 und 8 getroffene Regelung war solange sachgerecht, als sowohl das österreichische als auch das deutsche Sozialrecht einen Anspruch auf Kinderzuschuß kannten. Das war wohl auch die "Vertragsgrundlage" dieser Regelungen des AbkSozSi-BRD.
Durch Art 1 Nr 39 des (deutschen) Haushaltsbegleitgesetzes 1984
dBGBl 1983 I S 1532 wurde jedoch § 1262 Abs 1 Satz 1 RVO neu
gefaßt. Danach wurde ein Kinderzuschuß nur noch gewährt, wenn der
Rentenberechtigte vor dem 1.1.1984 bereits einen Anspruch auf
Kinderzuschuß hatte. In der amtlichen Begründung
Bundestags-Drucksache 10/335, 74 wurde dazu ausgeführt: "Der
Kinderzuschuß zu den Renten wegen Berufsunfähigkeit oder
Erwerbsunfähigkeit sowie zu den Altersruhegeldern soll künftig durch
das Kindergeld ersetzt werden ......." (Brackmann, Handbuch der
Sozialversicherung IV 68. Nachtrag 705t; MGA Zwischenst SV Lfg 26,
1a, 99 FN 11 zu Art 27). Siedl/Spiegel meinen in der letztzit FN,
durch den Entfall des Kinderzuschusses auf deutscher Seite in Versicherungsfällen ab dem 1.1.1984 werde die Zuordnungsregelung des Abs 8 nicht berührt, da die Anwendung dieser Bestimmung ausschließlich davon abhängig sei, daß "nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten ein Anspruch auf Pension (Rente) besteht". Bei gewöhnlichem Aufenthalt des Pensionsberechtigten in der Bundesrepublik Deutschland sei die Gewährung eines österreichsichen Kinderzuschusses daher auch in den Fällen ausgeschlossen, in denen ein Kinderzuschuß aus der deutschen Rentenversicherung nicht mehr gebührt.
Das müßte auch dann gelten, wenn sich der Berechtigte - wie der
Kläger - gewöhnlich außerhalb der beiden Vertragsstaaten aufhält
und die längere Beitragszeit nach den deutschen Rechtsvorschriften
zurückgelegt ist. Nach Art 27 Abs 8 AbkSozSi-BRD würde sich der
Anspruch des Klägers auf Kinderzuschuß zur österreichischen
Teilpension nur dann nach den österreichischen Rechtsvorschriften (§
262 ASVG) richten, wenn sich der Kläger entweder gewöhnlich in
Österreich aufhielte oder nach den österreichischen
Rechtsvorschriften die längere Beitragszeit zurückgelegt wäre. Da im
vorliegenden Fall jedoch beide Voraussetzungen nicht zutreffen,
richtet sich der eingeklagte Anspruch auf Kinderzuschuß
ausschließlich nach den deutschen Rechtsvorschriften. Nach denen hat
aber der Kläger - wie sich aus der bereits dargestellten Rechtslage
ergibt und wie schon in der Klage zugestanden wurde - keinen
Anspruch auf Kinderzuschuß. Bestünde nur nach den österreichischen
Rechtsvorschriften Anspruch auf Pension, dann würde dem Kläger zur
Pension nach § 262 ASVG für jedes Kind (§ 252) auch dann ein
Kinderzuschuß gebühren, wenn er sich gewöhnlich in der Bundesrepublik Deutschland oder in einem anderen ausländischen Staat, also auch in Kroatien, aufhielte. Daß sich sein Anspruch auf Kinderzuschuß im vorliegenden Fall nicht nach den österreichischen Rechtsvorschriften richtet, ist darauf zurückzuführen, daß der Kläger sowohl nach den österreichischen als auch nach den deutschen Rechtsvorschriften Anspruch auf Pension (Rente) hat und von beiden Vertragsstaaten Teilleistungen bezieht.
Die angefochtenen Regelungen des Art 27 AbkSozSi-BRD waren
ursprünglich durchaus sachgerecht und verfassungskonform. Sie
invalidierten jedoch, als durch die Änderung der deutschen Rechtslage
der Kinderzuschuß mit 1.1.1984 abgeschafft wurde (VfSlg 5854, 7330,
7461, 7974, 8871, 11.048). Seither entsprechen diese Regelungen
inhaltlich nicht mehr dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot. Daß der
Kinderzuschuß nur von einem der die Teilleistungen (Pension bzw
Rente) erbringenden beiden Versicherungsträger ausschließlich nach
seinen Rechtsvorschriften zu ermitteln und zu erbringen ist, führt
nämlich dann, wenn es sich dabei um den deutschen Versicherungsträger
handelt, dazu, daß der Versicherte keinen Kinderzuschuß erhält. Daß
diese Regelung zu einer wesentlichen Verwaltungsvereinfachung führt
und daher der Verwaltungsökonomie dient, kann sie wegen ihrer groben
Unbilligkeit sachlich nicht rechtfertigen. Dem Gesetzgeber ist es
nicht verwehrt, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen
(VfSlg 9645, 11.469, 11.775; VfGH 12.12.1992 G 171/91; VfGH
11.3.1994 G 127/93), diese dürfen aber nicht grob unsachlich sein.
Der Gesetzgeber darf auch von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (VfSlg 8871, 11.193). Daß dabei Härtefälle auftreten können, macht eine Regelung dann nicht gleichheitswidrig, wenn es sich um einen atypischen, nur ausnahmsweise auftretenden Fall handelt (VfSlg 9901, 11.301, 11.615, 11.665). Art 27 Abs 8 AbkSozSi-BRD macht aber den Härtefall zum Regelfall, weil er Pensionisten, die sich nicht gewöhnlich in Österreich aufhalten und nach den österreichischen Rechtsvorschriften weniger Beitragszeiten haben als nach den deutschen, vom Kinderzuschuß ausschließt. Eine verfassungskonforme Auslegung des Art 27 Abs 8 scheitert am klaren Vertragswortlaut. Nur der Ordnung halber wird darauf hingewiesen, daß der Kläger nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (Nr.1408/71) fällt (Art 2 dieser Verordnung).
Die angefochtenen Regelungen verstoßen seit 1.1.1984 gegen den auch den Gesetzgeber bindenden verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz (VfSlg 1451, 2956, 11.641; VfGH 24.6.1993, G 217/92). Seither liegt es nicht mehr im dem Gesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum (VfSlg 11.369), die österreichische Teilpension bei einem Anspruch auf eine deutsche Teilrente nur dann um den (österreichischen) Kinderzuschuß zu erhöhen, wenn sich der Berechtigte entweder gewöhnlich in Österreich aufhält oder nach den österreichischen Rechtsvorschriften die längere Beitragszeit zurückgelegt ist.
Der Oberste Gerichtshof hat daher beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 und 4 B-VG den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag zu stellen.