JudikaturOGH

6Ob556/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. April 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Graf und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Julius H*****, vertreten durch Dr.Daniel Charim, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und den Gegner der gefährdeten Partei Prof.Oswald O*****, vertreten durch DDr.Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 240.000,--) und Sicherung des Unterlassungsanspruchs, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 16. September 1994, AZ 12 R 149/94 (ON 44), womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30.Juni 1994, GZ 24 Cg 253/93-34, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Die angefochtene einstweilige Verfügung wird bestätigt, in ihrem Punkt c) mit der Maßgabe, daß dieser Punkt zu lauten hat:

"c) Die mit 25.2.1993 datierte eidesstättige Erklärung wäre von der beklagten Partei nicht an diesem Tage, sondern vorher, als die beklagte Partei sich im Überwachungsraum des Krankenhauses Lainz befunden habe, unterfertigt worden und es sei der beklagten Partei gesundheitsbedingt die Bedeutung ihrer Erklärung nicht klar gewesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.430,-- (darin S 1.905,-- Mehrwertsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Kunsthändler und Kunstsammler. Der Beklagte ist Künstler und Rektor der Hochschule *****. Er war als künstlerischer Leiter für die ***** Galerie ***** tätig und hatte enge Kontakte zu dem auch in Wien tätig gewesenen, im Jahr 1986 verstorbenen Künstler Joseph B*****.

Der Kläger stellte im Februar 1993 im Rahmen einer Ausstellung in Mailand zahlreiche Werke als von Joseph B***** stammend aus.

Der Kläger begehrt mit seiner auf § 1330 ABGB gestützten Klage die Unterlassung der Behauptungen (außerhalb gerichtlicher Verfahren)

a) die im Februar 1993 an der ***** Accademia ***** ausgestellten Werke von Joseph B***** - mit Ausnahme der im Katalogverzeichnis der Ausstellung mit der Nr.4 bezeichneten, 60,2 cm x 42 cm großen Arbeit - seien dem Kläger anläßlich ihres Erwerbs nicht vom Beklagten übergeben worden,

b) der Beklagte wäre nicht in der Lage, die Echheit der im Februar 1993 an der ***** Accademia ***** ausgestellten Werke zu bestätigen,

c) die mit 25.2.1993 datierte eidesstättige Versicherung wäre vom Beklagten nicht an diesem Tage, sondern vorher, als er sich im Überwachungsraum des Krankenhauses ***** befunden hätte, unterfertigt worden.

Der Kläger stellte ferner einen mit dem Klagebegehren identen Sicherungsantrag, den er zu Punkt b) mit Schriftsatz vom 20.6.1994 (ON 33) dahin änderte, daß der Beklagte zur Unterlassung der Behauptung verpflichtet werden möge, der Beklagte sei nicht in der Lage, zur Echtheit der ausgestellten Werke Stellung zu nehmen.

Joseph B***** habe sich von 1979 bis 1983 wiederholt in ***** aufgehalten und habe hier zahlreiche Kunstwerke geschaffen. Der Beklagte sei enger Vertrauter des Joseph B***** gewesen und habe bei der Schaffung und Veräußerung der Kunstwerke mitgewirkt. 1979 habe der Kläger zahlreiche der in ***** entstandenen Werke des Joseph B***** unter Mitwirkung des Beklagten erworben. Die Übergabe der Werke sei jeweils durch den Beklagten erfolgt. Dieser habe dabei und auch in der Folge in zahlreichen Schreiben und Presseaussendungen die Echtheit der Werke bestätigt. Im Februar 1993 habe an der ***** Accademia ***** eine Ausstellung einer Reihe von B*****-Werken aus der Sammlung des Klägers stattgefunden. Dabei habe es sich mit Ausnahme eines einzigen Werkes um solche Werke gehandelt, die dem Kläger anläßlich des Erwerbs vom Beklagten übergeben worden seien. Anläßlich der Ausstellung habe der ehemalige Sekretär des Joseph B*****, H***** B*****, erklärt, daß die vom Kläger in ***** ausgestellten Werke nicht von Joseph B***** stammten und gefälscht seien. Dieser Vorwurf habe den Beklagten zu verschiedenen Erklärungen veranlaßt, daß sämtliche der in ***** gezeigten Arbeiten von der Hand des Joseph B***** stammten. Der Kläger habe sich entschlossen, gerichtliche Schritte gegen H***** B***** einzuleiten. Er habe sich an den Beklagten mit dem Ersuchen gewandt, eine eidesstättige Erklärung abzugeben, die dem Gericht als Bescheinigungsmittel vorgelegt werden sollte. Der Beklagte habe am 25.2.1993 eine solche Erklärung unterfertigt und die Echtheit der in ***** ausgestellten Werke sowie den rechtmäßigen Erwerb direkt vom Künstler bestätigt. Diese eidesstättige Erklärung habe der Beklagte in der Folge in einem Schreiben an einen Kunstexperten vom 26.3.1993 bekräftigt. In der Folge habe der Beklagte aber am 5.5.1993 neuerlich eine eidesstättige Erklärung abgegeben, in welcher er geräußert habe, daß er bei seiner Erklärung vom 25.2.1993 (gesundheitsbedingt) zu schwach gewesen sei und tatsächlich keine Ahnung gehabt habe, was er unterschreibe. Er könne sich zur ***** Ausstellung nicht äußern, weil er diese nie gesehen habe. Von den im Ausstellungskatalog enthaltenen Arbeiten stammten nur sechs Werke aus dem (ehemaligen) Besitz des Beklagten. Ob die übrigen Arbeiten von Joseph B***** stammten, wüßte der Beklagte nicht.

Die eidesstättige Erklärung des Beklagten vom 5.5.1993 sei von H***** B***** in einer Pressekonferenz bekanntgemacht worden. Der Inhalt der Erklärung des Beklagten sei in einer Reihe von Zeitungen wiedergegeben worden. Der Beklagte habe in der Folge wiederholt anläßlich von Interviews erklärt, daß er mit den strittigen B*****-Sachen nichts zu tun habe. Er sei nicht in der Lage, zur Echtheit Stellung zu nehmen.

Die Erklärungen des Beklagten (ab dem 5.5.1993) seien unrichtig. Tatsächlich seien dem Kläger sämtliche der in ***** ausgestellten Werke (mit einer einzigen Ausnahme)anläßlich des Erwerbs vom Beklagten übergeben worden. Dabei sei der Beklagte für die Galerie *****, für Joseph B***** oder aber im eigenen Namen tätig gewesen.

Durch die unrichtigen Tatsachenbehauptungen des Beklagten werde der Wert der vom Kläger erworbenen Werke des Joseph B***** empfindlich beeinträchtigt. Die Äußerungen beinhalteten weiters auch den Vorwurf, der Kläger würde gefälschte Werke anbieten.

In der Erklärung vom 5.5.1993 habe der Beklagte auch ausgeführt, daß er am 17.Februar eine schwere Herzoperation gehabt habe und sich bis 19.2.1993 in der Intensivstation des Krankenhauses ***** aufgehalten habe. Danach sei er in den sogenannten "Überwachungsraum" verlegt worden. Dort habe ihn der Kläger aufgesucht und um eine Unterschrift gebeten. Die mit 25.2.1993 datierte Erklärung habe er nicht an diesem Tag und jedenfalls nicht bei klarem Verstand und Bewußtsein abgegeben.

In einem veröffentlichten Interview vom 4.6.1993 habe der Beklagte angegeben, daß die Erklärung vom 25.2.1993 ihm drei Tage nach der Operation abgerungen worden sei. In einem weiteren Interview mit einer Zeitschrift habe der Beklagte erklärt, der Kläger habe die eidesstättige Erklärung unterschoben. Bei der Presseaussendung vom 15.6.1993 habe der Beklagte erklärt, daß er sich am 20.2.1993 auf der Überwachungsstation des Krankenhauses befunden habe, seine Daueraufmerksamkeit sei deutlich reduziert gewesen. Der Kläger hätte ihn ersucht, einen bereits abgefaßten Text zu unterfertigen, ohne den Inhalt des Schreibens ausreichend darzulegen.

Entgegen den Behauptungen des Beklagten sei diesem die eidesstattliche Erklärung vorgelesen worden. Er habe sie vollinhaltlich verstanden und unterschrieben. Die Richtigkeit der Erklärung habe der Beklagte gegenüber dem Rechtsvertreter des Klägers bestätigt.

Da allgemein bekannt sei, daß der Beklagte ein enger Vertrauter des Joseph B***** gewesen sei, komme seinen Erklärungen besonderes Gewicht zu. Durch die Behauptungen des Beklagten werde die gesamte geschäftliche Tätigkeit des Klägers, der Kunsthändler sei, gefährdet. Die Äußerungen des Beklagten seien auch ehrenbeleidigend. Es werde ihm der Vorwurf gemacht, daß er sich wider besseres Wissen darauf berufe, die ausgestellten B*****-Werke vom Beklagten erhalten zu haben.

Der Beklagte bestritt dieses Vorbringen des Klägers, beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages und brachte im wesentlichen vor, daß er zwar dem Kläger das eine oder andere Werk des Joseph B***** übergeben habe, sicher jedoch nicht eine Vielzahl und auch nicht alle der in ***** ausgestellten Werke. Der Beklagte sei in die Ausstellung in ***** nicht involviert gewesen. Er habe weder an der Vorbereitung der Ausstellung noch an deren Durchführung mitgewirkt. Er habe die ausgestellten Werke auch nicht im Original besichtigt. Er habe die Echtheit der Werke auch nicht in Zweifel gezogen. Er sei weder in der Lage, noch verpflichtet, zur Echtheit der Werke Stellung zu nehmen. Seine Erklärung, daß die mit 25.2.1993 datierte eidesstättige Erklärung bereits drei Tage vorher, als sich der Beklagte im Überwachungsraum des Krankenhauses befunden habe, unterfertigt worden sei, sei weder ehrenbeleidigend noch stelle sie eine Kreditschädigung dar. Der Kläger versuche über den Umweg einer Unterlassungsklage eine Echtheitsbestätigung hinsichtlich der ausgestellten Werke zu erlangen. Die Klage sei schon deshalb nicht berechtigt, weil es an der Kenntnis des Beklagten von der Unwahrheit der verbreiteten Tatsachen mangle. Der Beklagte habe immer wieder darauf hingewiesen, daß er die in ***** ausgestellten Werke nicht gesehen habe und daher keine Stellungnahme abgeben könne.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es erachtete die vom Kläger vorgetragenen "rechtserheblichen Tatsachenbehauptungen" als bescheinigt und beurteilte den Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß durch die Erklärungen des Beklagten in der Öffentlichkeit der Gedanke aufkomme, daß die in Händen des Klägers befindlichen Werke zumindest teilweise nicht von Joseph B***** stammten. Die der eidesstattlichen Erklärung vom 25.2.1993 nachfolgenden Erklärungen bewirkten in der Öffentlichkeit den Eindruck, daß die mit 25.2.1993 datierte Erklärung unwahr sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Rekurs des Beklagten nicht statt. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, daß im Hinblick auf das festgestellte Naheverhältnis zwischen dem Beklagten und Joseph B***** und aufgrund der Tatsache, daß nahezu alle im Eigentum des Klägers befindlichen B*****-Werke anläßlich des Erwerbs immer durch die Hände des Beklagten in die des Klägers gelangt seien, eine gewisse Garantie für die Echtheit der Werke entstanden sei. Die nunmehrige Behauptung des Beklagten, daß nur einige B*****-Werke über ihn in den Besitz des Klägers gelangt seien, mindere den Wert der Kunstwerke erheblich und lasse den Ruf des Klägers als eines seriösen Kunsthändler erheblich gefährdet erscheinen. Aus den Äußerungen ergebe sich der Vorwurf, der Kläger hätte in ihrer Echtheit umstrittene oder sogar gefälsche Werke angekauft und sie als echte ausgestellt. Zwar könne von einem Kunstexperten nicht verlangt werden, zur Echtheit von Werken, die er in natura nicht gesehen habe, Stellung zu nehmen. Da jedoch feststehe, daß die hier strittigen, in ***** ausgestellt gewesenen Werke durch die Hand des Beklagten in die des Klägers gelangt seien, werde durch die Erklärung des Beklagten, zur Echtheit nicht Stellung nehmen zu können, der Ruf des Klägers erheblich gefährdet. Auch die Behauptung der Herauslockung einer die Echtheit der Werke bestätigenden eidesstättigen Erklärung sei rufschädigend, wenn nicht sogar ehrenbeleidigend. Der Sicherungsantrag decke sich in seinen Puntken a) und c) mit dem Klagebegehren. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens im Sinne des § 381 Z 2 EO gerechtfertigt, weil mit dem an sich möglichen Geldersatz bei der vorliegenden Rufschädigung kein adäquater Ersatz geleistet werden könne. Ob es sich bei der Fassung laut Punkt b) des Sicherungsantrages in seiner modifizierten Form gegenüber dem ursprünglich gestellten Antrag um ein aliud oder ein minus handle, könne dahingestellt bleiben, weil jedenfalls ein unwiederbringlicher Schaden drohe und dieser durch das Verbot in der modifizierten Form hintangehalten werden könne. Der Einwand des Beklagten, daß der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Beklagten wegen der Bestreitung der Echtheit der in ***** ausgestellten Werke durch H***** B***** entstanden wäre, ändere nichts an der Unterlassungsverpflichtung des Beklagten, der nach § 1302 ABGB zur ungeteilten Hand mit H***** B***** hafte.

Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über S 50.000,-- und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der Beklagte beantragt mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs die Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichtes im Sinn einer Abweisung des Sicherungsantrages; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt mit der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs des Beklagten nicht stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil der Rechtsfrage, ob mit Äußerungen über die eigene Unfähigkeit zu bestimmten Handlungen eine Rufschädigung eines anderen herbeigeführt werden kann, eine erhebliche über den Anlaßfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Vorweg war zu untersuchen, ob nicht eine von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit darin liege, daß das Erstgericht neben dem eingangs wiedergegebenen außer Streit gestellten Sachverhalt nur die globale Feststellung "Alle für die Geltendmachung des gegenständlichen Anspruches des Klägers vorgebrachten rechtserheblichen Tatsachenbehauptungen - wie oben ausgeführt - sind bescheinigt" (S.17 in ON 34) getroffen hat. Der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs.1 Z 9 ZPO liegt vor, wenn die Fassung des Urteiles so mangelhaft ist, daß dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, wenn das Urteil mit sich selbst im Widerspruch ist oder für die Entscheidung keine Gründe angegeben sind. § 428 Abs.1 ZPO normiert eine Begründungspflicht für Beschlüsse über widerstreitende Anträge und Beschlüsse, durch welche ein Antrag abgewiesen wird. In die Begründung muß der Sachverhalt aufgenommen werden (§ 428 Abs.2 ZPO). Die für Urteile geltende strenge Gliederung der Entscheidungsgründe (§ 417 ZPO) ist analog zumindest auch für die Beschlüsse zu fordern, womit über einen einem Urteilssachantrag gleichwertigen Rechtsschutzantrag erkannt wird (Fasching in Sprung-König, Entscheidungsbegründung 142). Mit einer einstweiligen Verfügung wird (provisorisch) über einen Sachanspruch entschieden. Die Entscheidung muß daher analog den Urteilsvorschriften besonders sorgfältig begründet werden (Fasching aaO 153). Die Annahme einer Nichtigkeit nach § 477 Abs.1 Z 9 ZPO setzt voraus, daß aber die Entscheidung nicht mit Sicherheit überprüft werden kann. Im vorliegenden Fall ist die zitierte globale Verweisung, daß der gesamte vom Kläger behauptete anspruchsbegründende Sachverhalt bescheinigt sei, deswegen überprüfbar, weil das Parteivorbringen und die wesentlichen Inhalte der Urkunden, die zur Bescheinigung angeboten worden waren, in ausführlicher Weise dargestellt wurden (S.2 bis 15 in ON 34) und das Erstgericht überdies eine eingehende Beweiswürdigung vornahm, sodaß klargestellt ist, was festgestellt wurde (das im Konjunktiv wiedergegebene Parteivorbringen des Klägers braucht nur in den Indikativ gesetzt zu werden). Ein Begründungsmangel vom Gewicht einer Nichtigkeit liegt daher nicht vor.

Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses vertritt der Beklagte zunächst die Auffassung, daß die Vorinstanzen nicht über das mit Schriftsatz vom 20.6.1994 (ON 33) geänderte Sicherungsbegehren entscheiden hätten dürfen, weil dieser Schriftsatz dem Beklagten nicht zuvor zugestellt worden sei, sodaß der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt worden wäre. Diese Ansicht trifft deshalb nicht zu, weil das Gericht auch dann, wenn es zunächst eine Äußerung des Antragsgegners zum ursprünglichen Sicherungsantrag eingeholt hat, nicht verpflichtet ist, das gleiche auch bei Berücksichtigung allfälliger Ergänzungen des Sicherungsantrages durch die gefährdete Partei zu tun. Es kann vielmehr aufgrund eines solchen Neuvorbringens sogleich entscheiden. Dann kann allerdings der Antragsgegner gegen die ohne seine neuerliche Vernehmung erlassene einstweilige Verfügung Widerspruch nach § 397 Abs.1 EO erheben und dort seine Einwendungen gegen die Statthaftigkeit und Angemessenheit der einstweiligen Verfügung vorbringen (ÖBl 1982, 83). Das im Zivilprozeß geltende Mündlichkeitsprinzip, wonach nur über das in der mündlichen Streitverhandlung vorgetragene Prozeßvorbringen zu entscheiden ist, gilt im Provisorialverfahren nicht, was sich hinreichend deutlich aus der vom Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit ergibt, eine einstweilige Verfügung auch ohne Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei erlassen zu können. Daß der Schrifsatz ON 33 erst nach der Erlassung der einstweiligen Verfügung in einer Tagsatzung vorgetragen wurde, schadet daher nicht.

Abgesehen von diesen Erwägungen ist der Einwand des Beklagten aber vor allem deshalb nicht berechtigt, weil mit dem in seinem Punkt b) geänderten Sicherungsbegehren gegenüber dem ursprünglich gestellten Begehren in Wahrheit kein aliud begehrt oder ein erweitertes Begehren gestellt wurde. Gegenüber dem Begehren auf Unterlassung der Behauptung, nicht in der Lage zu sein, die Echtheit der Werke zu bestätigen, ist das Begehren auf Unterlassung der Behauptung, zur Echtheit der Werke nicht Stellung nehmen zu können, ein als sogenanntes minus anzusehendes, eingeschränktes Begehren, weil es im ursprünglichen Begehren jedenfalls dann vollinhaltlich enthalten ist, wenn die bekämpften Tatsachenbehauptungen in ihrem Gesamtzusammenhang betrachtet werden, was nach der Rechtsprechung jedenfalls erforderlich ist (MR 1990, 184). Die Behauptung der Unfähigkeit, zur Echtheit der Werke Stellung zu nehmen, ist eine unwahre Tatsachenbehauptung, wenn der Sachverhalt bescheinigt ist, daß die ausgestellten Werke dem Kläger vom Beklagten beim Ankauf übergeben worden sind und daß ferner die ausgestellten Werke identisch mit den seinerzeit übergebenen Werken waren. Mit dem (geänderten) Sicherungsantrag kann der Klagsanspruch auf Unterlassung der Behauptung, die Echtheit der Werke nicht bestätigen zu können, gesichert werden, ohne daß damit dem Beklagten der Auftrag erteilt worden wäre, die Echtheit der Werke positiv zu bestätigen. Für die Rufschädigung des Klägers bedeutend ist der in der Öffentlichkeit entstandene Eindruck, daß der Kläger die Werke vom Beklagten (als einem Mitarbeiter des Künstlers und einem Mitwirkenden bei der Entstehung der Werke) erworben hatte, der überdies als Kunstexperte bekannt war und ist und daß der Beklagte die Identität der von ihm übergebenen Werke mit denjenigen, die in ***** ausgestellt worden waren, bestätigt hat und daß der Beklagte in der Folge diesen entstandenen Eindruck durch gegenteilige oder abschwächende Erklärungen ins Gegenteil verkehrt und damit in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt hat, der Kläger habe nicht von Joseph B***** stammende Werke ausgestellt. Das erlassene Verbot von Behauptungen über eigene Fähigkeiten kommt somit entgegen der Auffassung des Beklagten keinem "Maulkorb" gleich und verstößt nicht gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung:

Auf das Recht der Meinungsäußerung (Art.13 StGG; Art.10 MRK) kann sich der Beklagte nicht berufen. Dieses Recht kann bei der grundsätzlich anläßlich der Prüfung der Rechtswidrigkeit einer Äußerung vorzunehmenden Interessenabwägung (ÖBl 1992, 213) hier schon deshalb nicht ins Treffen geführt werden, weil die Tatsachenbehauptungen des Beklagten nach dem bescheinigten Sachverhalt unwahr sind. Aus der Erwägung, daß die Freiheit der Meinungsäußerung eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft bildet und eine der grundlegenden Voraussetzungen für ihren Fortschritt und die Selbstverwirklichung jedes einzelnen ist, wird die Äußerung der Meinungsfreiheit auch für solche Aussagen bejaht, die als verletzend, schockierend oder irritierend empfunden werden; das verlangen der Pluralismus, die Toleranz und Großzügigkeit, ohne die keine demokratische Gesellschaft existieren kann. Dies gilt aber nur für wertende Äußerungen und bedeutet keinen Freibrief für das Aufstellen unrichtiger Tatsachenbehauptungen (4 Ob 109/94 mwN). Ein Recht auf freie Meinungsäußerung in der Form der Verbreitung unrichtiger Tatsachen gibt es nicht.

Der rechtlich zu beurteilende Sachverhalt läßt sich dahin zusammenfassen, daß der Beklagte an der Entstehung der von Joseph B***** in ***** geschaffenen Werke mitgewirkt hatte, daß die vom Kläger erworbenen Werke diesem (großteils) vom Beklagten unter Bestätigung der Urheberschaft des Joseph B***** übergeben worden waren, daß die in ***** ausgestellten Werke mit einer Ausnahme solche waren, die der Kläger unter Mitwirkung des Beklagten übergeben erhalten hatte und daß der Kläger die Echtheit der Werke zunächst mehrfach ausdrücklich bestätigt, in der Folge aber diese Bestätigung nach dem Auftreten von Zweifeln an der Echtheit der Werke in der Öffentlichkeit in öffentlichen Erklärungen mehrfach wieder zurückgenommen hatte. Bescheinigt ist ferner, daß der Beklagte seine Erklärung vom 25.2.1993, womit er die Echtheit der Werke ausdrücklich und begründet bestätigte, vollinhaltlich verstanden hat (S.13 in ON 34) und daß seine nachfolgenden Erklärungen (die Werke seien nicht von ihm dem Kläger übergeben worden; die Bestätigung vom 25.2.1993 habe er in schwer beeinträchtigtem Zustand im Krankenhaus ohne Bewußtsein über den Inhalt der Erklärung unterschrieben) unrichtig sind (S.9 in ON 34).

Die Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Bescheinigungsverfahrens kann der Revisionsrekurswerber nicht mehr geltend machen, weil das Rekursgericht den geltend gemachten Mangel einer unvollständigen Beweisaufnahme behandelt und eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens in erster Instanz verneint hat. Mit dem Revisionsrekurs kann ein solcher Mangel nicht mehr geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger ZPO Rz 1 zu § 528 mwN). Da der Oberste Gerichtshof auch im Rekursverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist, kann auf die Anfechtung der Beweiswürdigung nicht eingegangen werden (Kodek aaO). Im Provisorialverfahren ist überdies die Beweiswürdigung des Erstgerichtes schon durch das Rekursgericht nicht überprüfbar, wenn die Beweise vom Gericht erster Instanz (zumindest teilweise) unmittelbar aufgenommen wurden (ÖBl 1993, 259 = JBl 1994, 549).

Äußerungen darüber, ob die in Mailand ausgestellten Werke dem Kläger vom Beklagten übergeben worden waren, ob die Werke von Joseph B***** stammen und ob der Beklagte darüber Kenntnis hatte, sind überprüfbare Tatsachenbehauptungen. Der zugrundeliegende Sachverhalt wurde im Sinne der Behauptungen des Klägers festgestellt, also entgegen der Auffassung des Beklagten auch seine Kenntnis über die Tatsachen, wurde doch die Richtigkeit der Bestätigung vom 25.2.1993 festgestellt, demgemäß auch die Unrichtigkeit der nachfolgenden gegenteiligen oder zumindest stark relativierenden öffentlichen Äußerungen des Beklagten. Diese Äußerungen sind auch rufschädigend im Sinne des § 1330 Abs.2 ABGB. Der Beklagte kann aufgrund seiner Mitwirkung beim Erwerb der Gegenstände (durch den Kläger), aufgrund seiner Experteneigenschaft und wegen seiner engen Bekanntschaft mit Joseph B***** sowie der Mithilfe bei der Werkentstehung über die Echtheit der Werke Aussagen treffen, denen wegen der Beachtung in der Öffentlichkeit eine durchaus maßgebliche Bedeutung für die Eigenheiten der ausgestellten Werke zukommt. Die nunmehr vom Beklagten öffentlich bestrittene Mitwirkung beim Erwerb der Werke bzw. die öffentliche Anzweiflung der Identität der ausgestellten Werke mit denjenigen, die der Kläger vom Beklagten übergeben erhalten hatte, haben nicht nur Einfluß auf den am Markt erzielbaren Preis der Werke, die Äußerungen lassen beim Publikum auch den rufschädigenden Eindruck entstehen, der Kläger berufe sich zu Unrecht auf den Beklagten zum Nachweis der Echtheit der Werke. Bei einem nicht unmaßgeblichen Teil der angesprochenen Personen konnte sogar der Eindruck entstanden sein, der Kläger habe in ***** nicht von B***** stammende Werke ausgestellt. Die Verursachung eines solchen Eindruckes hat der Beklagte zu vertreten. Es ist gesicherte Rechtsprechung, daß bei rufschädigenden Äußerungen Zweifel über die Bedeutung der öffentlichen Behauptungen zu Lasten des Erklärenden gehen (SZ 61/193).

Der nach § 1330 Abs.2 ABGB geschützte wirtschaftliche Ruf einer Person ist wie das Recht auf Ehre ein absolut geschütztes Recht. Die wahrheitswidrige Behauptung, der Beklagte habe sich bei Abgabe seiner als gutächtliche Äußerung zur Echtheit der in ***** ausgestellten Werke zu verstehenden Erklärung vom 25.2.1993 nicht in einem geschäftsfähigen Zustand befunden, enthält auch den Vorwurf, der Kläger habe die Äußerung wider besseres Wissen herausgelockt. Diese falsche Tatsachenbehauptung kann als ehrenbeleidigende Rufschädigung, somit auch als Verletzung der Ehre nach § 1330 Abs.1 ABGB qualifiziert werden.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Rufschädigung seines Verhaltens nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger schon und allein durch die Behauptungen des ehemaligen Sekretärs des Joseph B***** geschädigt worden sei. Aus den Erklärungen des Beklagten ist eine Verstärkung des geäußerten Verdachtes ableitbar, also ein durchaus eigenständiger Beitrag zur Rufschädigung (§§ 1301, 1302 ABGB).

Der Unterlassungsanspruch wegen einer insbesondere ehrenbeleidigenden, rufschädigenden Äußerung bedarf keiner besonderen Gefahrenbescheinigung nach § 381 Z 2 EO (4 Ob 5/94, 134/94).

Die Vorinstanzen haben zutreffend den Unterlassungsanspruch des Klägers hinsichtlich aller drei bekämpften Tatsachenbehauptungen bejaht. Dem unter lit.c) angeführten Begehren war allerdings zur Verdeutlichung in klagskonformer Auslegung des Sicherungsbegehrens (vgl MR 1988, 102) eine deutlichere Fassung zu geben, aus der die inkriminierte Behauptung, der Beklagte habe den Inhalt seiner eigenen Erklärung vom 25.2.1993 gesundheitsbedingt nicht verstanden, klar hervorgeht.

Dem Revisionsrekurs war nicht stattzugeben.

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 ZPO.

Rückverweise