JudikaturOGH

9ObA21/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. April 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Christian Kleemann und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sylvia K*****, Angestellte, *****vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Repro *****gesmbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Fleissner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 177.968,87 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 14.Oktober 1994, GZ 34 Ra 148/94-11, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14.März 1994, GZ 20 Cga 154/93z-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.135,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.522,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Klägerin wegen ungebührlichen Vorenthaltens des Entgelts im Sinne des § 26 Z 2 AngG berechtigt vorzeitig ausgetreten ist, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Den Ausführungen der Revisionswerberin ist ergänzend folgendes zu erwidern:

Die Ernstlichkeit des Begehrens der Klägerin auf pünktliche Auszahlung des Gehaltes für April 1993 in gesetzlicher und kollektivvertraglicher Höhe, nach bisheriger Duldung verspäteter Gehaltszahlungen seit dem Jahr 1987, ergibt sich bereits aus der Nachfristsetzung und der Androhung des vorzeitigen Austrittes im Schreiben vom 6.5.1993. Die weitere Gewährung von Nachfristen durch Einräumung der Zahlungstermine 17.5.1993 bzw 31.5.1993 nach Zahlung des rückständigen Aprilgehaltes ohne die kollektivvertragliche Erhöhung erforderte keine weitere Androhung des vorzeitigen Austrittes, weil die Klägerin bereits hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, keine verspäteten Lohnzahlungen mehr hinnehmen zu wollen und ihr Anspruch nicht zur Gänze erfüllt worden war. Ob mit der Ablehnung der angebotenen Akontozahlung die Klägerin eine verspätete Zahlung der Lohndifferenz in Kauf genommen oder eine faktische weitere Nachfrist gewährt hat (9 ObA 113/93) kann unerörtert bleiben, weil sie eine weitere Frist zur Abrechnung der ihr zustehenden Ansprüche bis 31.5.1993 gesetzt hat. Da weder bis zu diesem Zeitpunkt, zu dem auch schon die nächste Gehaltsfälligkeit nach § 15 AngG eingetreten war, noch bis zum Austrittszeitpunkt 2.6.1993 die Lohndifferenz für April 1993 noch das Maigehalt in die Verfügungsgewalt der Klägerin gelangt waren, ist die Klägerin am 2.6.1993 zu Recht ausgetreten.

Ob die Lohndifferenz für April geringfügig war und allein zum Austritt berechtigt hätte, ist im Hinblick auf den Verzug auch mit dem Maigehalt ohne Belang. Die der Beklagten mit Schreiben vom 12.5.1993 eingeräumten Nachfristen zur Errechnung von kollektivvertraglichen Lohndifferenzen waren auch bei einer auswärtigen Lohnverrechnung, deren Fehler sich die beklagte Partei zuzurechnen hat, ausreichend, um die erforderlichen Dispositionen zu treffen (Arb 10.605; WBl 1993, 325, infas 1994 A 38), daß unter Berücksichtigung der üblichen Bearbeitungszeit die Gutschrift der Lohndifferenz und des Maigehaltes zum Zeitpunkt der Fälligkeit (= Ende der Nachfrist = Fälligkeit des Maigehaltes) verbucht wird (Arb 10.642; 9 ObA 198/90). Auf die Gründe des Zahlungsverzuges kommt es nicht an (WBl 1993, 325 mwN). Selbst wenn man die Ansicht vertreten würde, daß die Klägerin durch ihre Unterschrift auf dem Schreiben der Beklagten vom 17.5.1993 die Nachzahlung der kollektivvertraglichen Lohndifferenz erst mit der nächsten Lohnabrechnung akzeptiert hat, so hat sie eine ordnungsgemäße Abrechnung jedenfalls bis 31.5.1993 verlangt. Zu diesem Zeitpunkt der nächsten Gehaltsfälligkeit war weder die Zusage der Beklagten erfüllt noch das fällige Maigehalt berichtigt, so daß ungeachtet des Umstandes, daß der Widerruf dieses Einverständnisses der Klägerin samt der Gewährung der Nachfrist der Beklagten möglicherweise erst am 27.5.1993 zugekommen ist, der Austritt der Klägerin unter diesen Umständen dennoch berechtigt war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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