4Ob1555/95 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Feime D*****, vertreten durch Dr.Ernst Karner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Muharrem D*****, vertreten durch Dr.Karlheinz Kux, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhaltserhöhung infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgericht vom 16. Jänner 1995, GZ 44 R 2066/94-43, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Soweit in den hier vorgelegten öffentlichen Urkunden der Bestand der im Dezember 1945 geschlossenen Ehe zwischen den Streitteilen beurkundet ist, haben die (türkischen) Behörden sehr wohl in den Grenzen ihrer Amtsbefugnisse (§ 292 Abs 1, § 293 Abs 2 ZPO) gehandelt, gehört es doch zweifellos zu den Aufgaben der ausstellenden Behörden, ua die Frage, ob und mit wem die jeweilige Person verheiratet ist, zu prüfen. Die (erste) türkische amtliche Eintragung gründet sich nach den Feststellungen auf den jugoslawischen Reisepaß der beiden Parteien, in welchem ihre Ehe eingetragen war (S 280). Auch die jugoslawische Paßbehörde hatte das Bestehen der Ehe zu prüfen.
Der Beweis der Unrichtigkeit dieser Urkunden ist dem Beklagten nicht gelungen. Mögen auch die Feststellungen über die im Dezember 1945 eingehaltene Vorgangsweise noch nicht ausreichen, um das Vorliegen der nach islamischem Recht erforderlichen Eheschließungsvoraussetzungen zu bejahen, so kann doch keinesfalls daraus geschlossen werden, daß keine gültige Ehe zustande gekommen sei, zumal beide Parteien unbestrittenermaßen seit Jahrzehnten einen gemeinsamen Namen führen und im türkischen Personenstandsregister sechs Töchter der als "verheiratet" bezeichneten Streitteile eingetragen sind.
Der Vorwurf, die Vorinstanzen hätten entgegen §§ 3 und 4 IPRG das hier anzuwendende ausländische Recht nicht erforscht, ist nicht berechtigt, weil sich das Erstgericht damit ausführlich auseinandergesetzt und Erhebungen angestellt hat. Daß - trotz der kommunistischen Machtergreifung schon im Frühjahr 1945 - ein neues Eherecht erst mit 3.4.1946 eingeführt wurde und damit der vorherige "chaotische Rechtszustand" des alten Jugoslawien beseitigt wurde, ist durch das Schrifttum gedeckt (Eisner, Das Privatrecht Jugoslawiens 1945-1951, in Rabels Zeitschrift 1952, 244 ff /250; Bergmann/Ferid, Internat. Ehe- und Kindschaftsrecht, Jugoslawien 3 f).