3Ob166/94(3Ob167/94) – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei L*****, vertreten durch Dr.Ivo Greiter und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, und anderer betreibender Gläubiger, wider die verpflichtete Partei T***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 500.000 sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 1.August 1994, GZ 2 R 463/94-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 28. Juni 1994, GZ 20 E 170/93a-22, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht bewilligte auf Antrag der (nunmehr führenden) betreibenden Gläubigerin gegen die Verpflichtete mit Beschluß vom 12.10.1993, 20 E 170/93a-2, die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 536 GB I***** und mit Beschluß vom 12.10.1993, 20 E 171/93y-2, die Zwangsversteigerung der Anteile BlNr 6 (25/2.140) und BlNr 69 (126/2.140) an der Liegenschaft EZ 89 GB I*****.
Mit Beschluß vom 21.1.1994 wurden diese Verfahren verbunden; führend ist das Verfahren 20 E 170/93a. Mehrere weitere betreibende Gläubiger sind beigetreten.
Das Revisionsrekursverfahren betrifft nur die Zwangsversteigerung der Anteile BlNr 6(25/2.140) und 69 (126/2.140) an der EZ 89, mit letzterem Anteil ist laut Grundbuch das Wohnungseigentum am Schwimmbad 32 verbunden.
Die Verpflichtete hatte bereits gegen die Bewilligung der Exekution hinsichtlich dieses Anteils mit der Begründung Rekurs erhoben, daß der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 2.12.1981, 6 Ob 755/80, ausgesprochen habe, daß die Einverleibung des mit diesem Anteil verbundenen Wohnungseigentums als unwirksam zu löschen sei. Eine Löschung wurde im Grundbuch bisher nicht vorgenommen.
Diesem Rekurs hatte das Rekursgericht mit Beschluß vom 26.11.1993 nicht Folge gegeben, weil er unzulässige und damit unbeachtliche Neuerungen enthalte. Abgesehen davon, würde die allfällige Löschung des mit diesem Wohnungseigentumsanteil verbundenen "Wohnungseigentums" nichts an der Zulässigkeit der Zwangsversteigerung auch dieses Miteigentumsanteil ändern.
Entsprechend einem Auftrag des Erstrichters nahm der Sachverständige für diesen Anteil nur einen Befund auf, er nahm jedoch keine Bewertung dieser Anteile vor.
Die betreibende Gläubigerin beantragte in ihren Einwendungen gegen den Schätzwert (ON 16), auch den Wert dieser Anteile zu ermitteln und deren Schätzwert festzusetzen. Trotz der erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes sei die Verpflichtete hinsichtlich dieser Miteigentumsanteile nach wie vor Eigentümerin geblieben. Das Schwimmbad stelle auch keinen allgemeinen Teil der Liegenschaft im Sinn des § 1 Abs 4 WEG dar. Laut Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 9.6.1976 sei das Schwimmbad der allgemeinen Benutzung und Verfügung der Verpflichteten zugeordnet worden. Der Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag sei somit hinsichtlich dieser Anteile als obligatorische Benützungsvereinbarung aufrecht zu erhalten, sodaß dem Eigentümer der Anteile das obligatorische alleinige Benützungsrecht am Schwimmbad samt Liegewiese etc zukomme. Tatsächlich sei das Schwimmbad samt Nebenflächen auch in der Vergangenheit ausschließlich von der Verpflichteten benützt worden, die auch die Betriebskosten für das Schwimmbad bezahlt habe. Einem Erwerber komme somit zumindest das obligatorische Benützungsrecht zu, sodaß die Miteigentumsanteile einen Wert darstellten. Der Wert der Miteigentumsanteile mit dem Benützungsrecht am Schwimmbad, das auch der Ausübung nach durch Vermietung oder Verpachtung übertragbar sei, wäre durch eine Ertragswertschätzung zu ermitteln.
Mit Beschluß vom 28.6.1994 stellte das Erstgericht die Zwangsversteigerungverfahren hinsichtlich der 126/2.140 und 25/2.140 Miteigentumsanteile der verpflichteten Partei an der Liegenschaft EZ 89 GB I***** als nach dem Stand des öffentlichen Buches undurchführbar ein (Punkt I), verfügte insoweit die Löschung der Anmerkung der Einleitung der Versteigerungsverfahren (Punkt Ib) und wies den Antrag der führenden betreibenden Partei ab, auch den Schätzwert der 126/2.140 Miteigentumsanteile an der EZ 89 GB I***** festzusetzen (Punkt II). Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, die Nichtigkeit der Begründung von Wohnungseigentum an top 32 (Schwimmbad) müsse sich auf die Nutzwertfestlegung insofern auswirken, als für diese Fläche nunmehr kein Nutzwert anzusetzen sei, was zu einer Verminderung eines Gesamtnutzwertes des Wohnobjektes um den für top 32 zu Unrecht festgesetzten Nutzwert führe. Damit werde aber gleichzeitig der für den Erwerb des Wohnungseigentums an den übrigen Wohnungseigentumsobjekten erforderliche Mindestanteil erhöht, weil bei einem in Bruchform ausgedrückten Mindestanteil der den Nutzwerten der einzelnen Wohnungen entsprechende Zähler gleich bleibe, der sich aus dem Gesamtnutzwert ergebende Nenner aber vermindert werde. Es fehle daher allen Wohnungseigentümern am zwingend erforderlichen Mindestanteil, so daß entgegen dem Grundbuchsstand an der gesamten Liegenschaft kein Wohnungseigentum, sondern nur mehr schlichtes Miteigentum bestehen könne. Jeder Miteigentümer habe jedoch die Möglichkeit, die neue Festsetzung der Nutzwerte zu beantragen und in der Folge die grundsätzlich entgeltliche Übertragung oder Übernahme der Differenz auf den Mindestanteil gegen die anderen Miteigentümer im Rechtsweg durchzusetzen. Da somit nach der neuen Festsetzung der Nutzwerte den übrigen Miteigentümern dieser Liegenschaft jedenfalls Ausgleichsansprüche gegen den jeweiligen Eigentümer der 126/2.140 Anteile zustünden, die nicht nur zu einem finanziellen Ausgleich, sondern zu einer Übertragung von Eigentumsanteilen und daher zu einer Änderung des Grundbuchsstandes für alle unter dem erst zu errechnenden neuen Mindestanteil liegenden Miteigentumsanteile führen müßte, könne der derzeitige Grundbuchsstand dem Versteigerungsverfahren nicht zugrunde gelegt werden. Die Ausgleichsansprüche führten nicht nur zu einer Veränderung des Verkehrswertes, sondern auch zu einer Veränderung der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile der Verpflichteten. Das Exekutionsgericht könne der Zwangsversteigerung jedoch nur ein im Umfang bestimmtes Exekutionsobjekt zugrunde legen und ausschließlich solche Ansprüche bei der Wertermittlung berücksichtigen, die den bücherlichen Umfang des Exekutionsobjektes nicht beeinflußen. Der Umfang der Ausgleichsansprüche und die damit zwangsläufig einhergehende Veränderung der Eigentumsverhältnisse am Exekutionsobjekt könne allerdings endgültig und bindend nur in einem Verfahren gemäß § 4 Abs 2 WEG festgestellt werden. Im Zwangsversteigerungsverfahren könne der Umfang des Exekutionsobjektes nicht bindend festgelegt werden. Es liege daher ein unbestimmtes Exekutionsobjekt vor. Auch hinsichtlich der 25/2.140 Anteile werde der Ausgleichsanspruch zu einer Änderung der derzeit bestehenden Eigentumsverhältnisse führen, sodaß der Umfang des Exekutionsobjekts unbestimmt sei. Das Versteigerungsverfahren sei daher sowohl für die 126/2.140 als auch die 25/2.140 Miteigentumsanteile als nach dem Stand des öffentlichen Buches undurchführbar einzustellen. Die bestehenden Ausgleichsansprüche beschränkten weiters die Verfügungsmöglichkeiten über die zu versteigernden Miteigentumsanteile und die Bewertung so massiv, daß jeder Erwerb einem Glücksvertrag gleichkäme. Das deswegen zu erwartende geringe Kaufinteresse würde letztlich somit ebenfalls zur Einstellung des Exekutionsverfahren gemäß § 151 Abs 3 EO führen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der führenden betreibenden Partei Folge, hob die Punkte Ia und b des angefochtenen Beschlusses ersatzlos auf, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens unter Abstandnahme vom angezogenen Einstellungsgrund auf und änderte Punkt II des angefochtenen Beschlußes dahin ab, daß auch die Schätzung der 126/2.140 Miteigentumsanteile der Verpflichteten an der Liegenschaft EZ 89 GB I***** angeordnet wurde. Nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 2.12.1981, 6 Ob 755/80, handle es sich bei dem Freischwimmbad samt Nebenanlagen und Liegewiese um keine sonstige selbständige Räumlichkeit im Sinn des § 1 Abs 1 WEG. Die Vereinbarung des Wohnungseigentums in Ansehung dieses Objektes sei daher unzulässig und unwirksam. Dies vermöge zunächst nichts am verbleibenden schlichten Miteigentum der Verpflichteten zu ändern. Nach der (bislang allerdings immer noch nicht erfolgten) Einverleibung der Löschung des mit ihrem 126/2.140 Miteigentumsanteil verbundenen "Wohnungseigentums" könne aber die völlige Neuparifizierung unumgänglich werden, die letztlich auch zu einer Änderung der Miteigentumsanteile führen könne. Bis dahin bleibe der in seinem dinglichen Teil in beschriebenen Umfang unwirksame Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag als obligatorische Benützungsregelung aufrecht, und zwar insbesondere insoweit, als der schlichte Miteigentümer dieses Liegenschaftsanteils zur ausschließlichen Benützung des Freischwimmbades samt Nebenanlagen berechtigt bleibe. Der Versteigerung eines schlichten Miteigentumsanteils stehe nichts entgegen. Die bloße Möglichkeit, daß die Löschung des mit den 126/2.140 Miteigentumsanteil der Verpflichteten verbundenen Wohnungseigentums künftig doch noch einverleibt werden könnte, könne nicht dazu führen, die Zwangsversteigerung für undurchführbar zu erklären. Das Exekutionsobjekt sei vielmehr eindeutig bestimmbar. Da in die Schätzwertermittlung alle den Wert der Sache bestimmenden Umstände (§ 3 Abs 2 LBG) einzubeziehen seien, werde im Rahmen der Schätzung darauf Bedacht zu nehmen sein, daß am Freischwimmbecken samt Nebenanlagen und Liegewiese Wohnungseigentum nicht gültig begründet werden konnte. Der Schätzwert des Liegenschaftsanteiles BlNr 69 setze sich aus dem Wert des schlichten Miteigentumsanteils und dem werterhöhenden Umstand zusammen, daß mit diesem Anteil wiederum das ausschließliche, allerdings nur obligatorische Recht auf Benutzung des Freischwimmbades samt Nebenanlagen und Liegewiese verbunden ist. Ob es zu einem Nutzwertneufestsetzungsverfahren kommen werde, steht derzeit nicht fest. Die potentiellen gegenseitigen Ausgleichsansprüche in einem solchen Verfahren seien anläßlich der Liegenschaftsschätzung in diesem Zwangsversteigerungsverfahren überhaupt nicht bzw wertneutral anzusetzen, weil den Ausgleichsansprüchen der übrigen Miteigentümer ein ebensolcher der Verpflichteten entgegen stehe. Die potentiellen Auswirkungen der allfälligen Verbücherung des erwähnten Urteils seien bei der Wertermittlung des Liegenschaftsanteiles BlNr 6 nicht zu berücksichtigen, zumal damit ohnehin nur eine marginale Wertänderung einhergehen könnte. Auch die Prognose, daß sich bei der gegebenen Sachlage kein Bieter zum geringsten Gebot finden werde, sei nicht stichhaltig.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil der Rechtsfrage, wie sich die bisherige Nichtdurchführung der Löschung der Einverleibung des "Wohnungseigentums" auf das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren auswirke, erhebliche Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist nicht berechtigt.
Nach dem Grundbuchsstand ist mit dem strittigen Anteil der Verpflichteten das "Wohnungseigentum am Schwimmbad 32" verbunden. Der Umstand, daß eine derartige Wohnungseigentumsvereinbarung nichtig ist, bewirkt nicht, daß eine Zwangsversteigerung nach dem Grundbuchsstand undurchführbar wäre. Dieser Anteil ist der Verpflichteten als Eigentümerin zuzuordnen; auch der schlichte Miteigentumsanteil der Verpflichteten ist einer Zwangsversteigerung zugänglich. Eine Undurchführbarkeit einer Zwangsversteigerung nach dem Grundbuchsstand (§ 136 Abs 4 EO) ist nicht gegeben. Auch bei zweifelhaftem Eigentum wäre dies nur unter der Voraussetzung der Fall, daß der Ersteher möglicherweise einem besser Berechtigten weichen müßte (SZ 49/31; 3 Ob 85/81; Heller/Berger/Stix 1086). Der Umstand, daß der Ersteher infolge der Nichtigkeit des Wohnungseigentumsvertrages letztlich nicht die Stellung eines Wohnungseigentümers erlangen könnte, bewirkt nicht die Unmöglichkeit des Eigentumserwerbs an dem betreffenden Anteil durch Zuschlag.
Eine amtswegige Korrektur des Grundbuchsstandes entsprechend dem erwähnten rechtskräftigen Urteil, mit dem die Nichtigkeit der Wohnungseigentumsvereinbarung festgestellt wurde, ist auch im Zwangsversteigerungsverfahren nicht möglich. Auf die Sachlage wird - wie das Rekursgericht eingehend dargelegt hat - bei der Ermittlung des Schätzwertes Bedacht zu nehmen sein, bei der alle den Wert der Sache bestimmenden Umstände einzubeziehen sind.
Das Exekutionsgericht wird im Versteigerungsedikt auf die Sachlage in Ansehung dieses Anteils hinzuweisen haben. Die Kaufinteressenten können dann bei ihren Anboten die Auswirkungen allfälliger Ausgleichsansprüche berücksichtigen. Für die Ansicht, es könne bei dieser Sachlage mit keinen Kaufinteressenten gerechnet werden, besteht kein Anhaltspunkt. Gegen die Durchführung der Zwangsversteigerung auch dieses Liegenschaftsanteils besteht daher kein Hindernis.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.