JudikaturOGH

11Os147/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Februar 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Februar 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Brunner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ali T***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.März 1995, GZ 7 a Vr 1029/93-57, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Tiegs, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Binder zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (Punkt II des Urteilssatzes) sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben; gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Ali T***** wird von der Anklage, er habe am 31.Jänner 1995 in Wien Christa K***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, und zwar der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB, begangen in der Hauptverhandlung vom 6. September 1994, in der die Genannte angab, ein Unfall des Angeklagten in der zu Punkt I/1 des Urteils beschriebenen Art und Weise mit einer entgegenkommenden Straßenbahngarnitur sei auszuschließen, falsch verdächtigte, wobei die der Genannten fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Strafe bedroht ist und er wußte, daß die Verdächtigung falsch ist, und habe hiedurch das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last liegende Verbrechen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB wird Ali T***** nach § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die auf den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ali T***** des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB und des "Vergehens" (richtig: Verbrechens) der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien

(I) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten jeweils unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der V*****VersicherungsAG sowie der E***** VersicherungsAG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich Vortäuschen eines Unfallherganges, zu einer Handlung, und zwar zur Auszahlung eines (jeweils) 500.000 S übersteigenden Versicherungsbetrages, zu verleiten versucht, die die genannten Versicherungsinstitute am Vermögen schädigen sollten, indem er

(1) am 19.August 1992 wahrheitswidrig eine Unfallschadensanzeige an die V*****VersicherungsAG ausfüllte, derzufolge er am 2.August 1992 in Wien 22, Siebeckstraße, in der Höhe der Straßenbahnhaltestelle Donauzentrum gegen 16.30 Uhr beim Überqueren der Gleise von einer in Richtung Zentrum Kagran fahrenden Straßenbahngarnitur der Linie 25 erfaßt und ihm dabei der linke Arm abgetrennt worden sei, was eine Leistungspflicht und damit einen Schaden der V*****VersicherungsAG in der Höhe von rund 1,100.000 S zur Folge gehabt hätte, und

(2) am 28.August 1992 wahrheitswidrig eine Unfallschadensanzeige an die E***** VersicherungsAG mit dem selben Inhalt ausfüllte, was eine Leistungspflicht und damit einen Schaden der E***** VersicherungsAG in der Höhe von 4 Mio S zur Folge gehabt hätte;

(II) am 31.Jänner 1995 Christa K***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, und zwar der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB in der Hauptverhandlung vom 6.September 1994, in der die Genannte angab, ein Unfall in der zu Punkt I/1 beschriebenen Art und Weise des Angeklagten mit einer entgegenkommenden Straßenbahngarnitur sei auszuschließen, falsch verdächtigte, wobei die der Genannten fälschlich angelastete Handlung mit einer einem Jahr übersteigenden Strafe bedroht ist und er wußte, daß die Verdächtigung falsch ist.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Schuldsprüche wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 5 a, und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der in Ansehung des Schuldspruches wegen Verleumdung Berechtigung zukommt.

Nach den für den Schuldspruch wegen Verleumdung maßgebenden Urteilsannahmen hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 31. Jänner 1995 über ausdrückliches Befragen und nach Vorhalt der Aussage der Zeugin Christa K***** in der Hauptverhandlung vom 6. September 1994, wonach der Beschwerdeführer nicht von einem "Gegenzug" überfahren worden sei (66/II), angegeben, er wisse "100 %-ig", daß ihn die Straßenbahn, die aus der Gegenrichtung gekommen sei, überfahren habe; die Aussage der Zeugin sei unrichtig (US 13; "stimme nicht": 162/II).

Diesen Sachverhalt beurteilte das Schöffengericht als Verleumdung nach § 297 Abs 1 höherer Strafsatz StGB, weil der Angeklagte hiedurch Christa K***** "vorsätzlich einer falschen Beweisaussage bezichtigte, obwohl er wußte, daß diese Verdächtigung falsch ist" (US 13). Umstände, die nach Lage des Falles geeignet waren, die Zeugin der konkreten Gefahr einer behördlichen Verfolgung auszusetzen (vgl den Urteilsspruch), sind den Feststellungen nicht zu entnehmen (siehe auch US 33).

Dem Beschwerdeführer ist daher einzuräumen, daß er nach den Urteilsannahmen Christa K***** durch seine Äußerungen nicht einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigte, sondern in Wahrnehmung der ihm durch das Gesetz (vgl insbes § 202 StPO, Art 6 MRK) eingeräumten Möglichkeit, vor Gericht straflos die Unwahrheit zu sagen, sohin in Ausübung seines Verteidigungsrechtes, die ihn belastende Aussage der Zeugin K***** als (objektiv) unrichtig bezeichnete, und zwar ohne auch nur anzudeuten, daß K***** allenfalls vorsätzlich im Sinne des § 288 Abs 1 StGB gehandelt haben könnte. Demgemäß war die Zeugin keiner konkreten Gefahr behördlicher Verfolgung ausgesetzt. Im übrigen sah sich auch der Staatsanwalt nach Lage des Falles nicht veranlaßt, Verfahrensschritte zur Aufklärung des Sachverhaltes gegen die Zeugin einzuleiten, sondern ging vielmehr - worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist - von der Richtigkeit der Angaben der Zeugin aus und dehnte noch in derselben Hauptverhandlung die Anklage gegen den Beschwerdeführer auf das Vergehen der Verleumdung aus (168/II).

Dem Schuldspruch wegen Verleumdung haftet sohin die aufgezeigte materiellrechtliche Nichtigkeit (Z 9 lit a) an, die durch Urteilsaufhebung und sofortigen Freispruch vom davon betroffenen Anklagevorwurf zu beheben war.

Zum Schuldspruch wegen des Verbrechens des Betruges hinwieder liegt der behauptete Verfahrensmangel (Z 4), den der Angeklagte in der Nichtzulassung einer Frage des Verteidigers an den Sachverständigen in der Hauptverhandlung und in der Abweisung mehrerer Beweisanträge erblickt, nicht vor.

Die Frage des Verteidigers an den Sachverständigen, ob ihm aus seiner Erfahrung bekannt sei, daß "einem Fußgänger" trotz Überrollens durch die Straßenbahn (307/II) Gliedmaßen nicht abgetrennt wurden, konnte der Schöffensenat ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten mit der zutreffenden Begründung ablehnen, daß die Frage in keinem Zusammenhang mit dem gegenständlichen Straffall stehe (238/II). Denn zum einen läßt der Beschwerdeführer außer acht, daß der verkehrstechnische Sachverständige davon ausgeht, daß der Unterarm des Angeklagten nur vom linken vorderen Rad des hinteren Drehgestells des Beiwagens (und nicht "durch eine Straßenbahn") überrollt wurde und sodann eine Abweisung des Armes erfolgte (113; 236/II). Zum anderen hätte auch eine - vom Beschwerdeführer erwartete - Verneinung dieser Frage durch den Sachverständigen nicht die von ihm erstmals in seiner Nichtigkeitsbeschwerde dargelegten Konsequenzen für die Beweiswürdigung erbracht, zumal eine insoweit mangelnde Erfahrung des Sachverständigen keinesfalls bedeutet hätte, daß "es völlig ausgeschlossen ist, daß ein Arm, der von einer Straßenbahn überrollt wird, nicht abgetrennt wird". Der Frage kam sohin - wie das Erstgericht im Ergebnis zutreffend ausführt - für den zur Beurteilung stehenden Geschehensablauf keine Bedeutung zu.

Den Antrag auf Beischaffung des Untersuchungsberichtes des EKF betreffend einen (angeblichen) "Gegenzug" der Linie 25 zum Nachweis dafür, daß an einem solchen "Wischspuren" festgestellt worden seien (242/II), konnte der Schöffensenat - unbeschadet der insoweit nicht tragfähigen Begründung (245/I, US 31) - schon deshalb ohne Verletzung der Verteidigungsrechte des Angeklagten abweisen, weil es einen solchen "Bericht" nach Lage des Falles nicht geben kann. Denn bei der Unfallaufnahme unmittelbar nach dem Vorfall am 2.August 1992 (89 ff/I) war von einem zweiten allenfalls beteiligten Straßenbahnzug ebensowenig die Rede wie bei der Vernehmung des Angeklagten am 12. September 1992 (109/I). Erst bei seiner abermaligen Vernehmung zum Unfallablauf am 13.Jänner 1993 vor dem Sicherheitsbüro (erste Vernehmung ohne Behauptung eines Gegenzuges vom selben Tag: 134/I) gab der Beschwerdeführer an, der Unfall habe sich mit einem in die Gegenrichtung fahrenden Straßenbahnzug ereignet, mit dem "in der Haltestelle stehenden Straßenbahnzug" habe er keine Berührung gehabt (145, 147/I; vgl auch - 134/I - übereinstimmenden Angaben der Zeugin K***** 125/I und 232/II). Fünfeinhalb Monate nach dem Geschehen hätten sohin "Wischspuren" an einem Straßenbahnzug der Linie 25 mit Sicherheit nicht mehr festgestellt werden können. Demgemäß kann sich die Auskunft eines Beamten des EKF anläßlich des Lokalaugenscheines vom 31.Jänner 1993 gegenüber der Sachverständigen Dr.F*****, wonach an einem anderen Straßenbahnzug keine Spuren gesichert wurden und "an keinem der Straßenbahnwagen eine Beschädigung festgestellt wurde" (242/II), nur auf den Unfallbericht vom 2.August 1992 bezogen haben, aus dem sich ergibt, daß kein weiterer Straßenbahnzug in die Erhebungen miteinbezogen wurde. Durch die Abweisung des Antrages auf Beischaffung eines Berichtes, den es nach Lage des Falles offensichtlich nicht gibt, sohin durch die Nichtdurchführung eines aussichtslosen Beweises konnten Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt werden.

Den Antrag auf Anfrage bei den Wiener Stadtwerken, "zu welcher Uhrzeit" am 2.August 1992 der den gegenständlichen Vorfall betreffende Funkspruch an die Straßenbahnlenker ergangen ist, und zwar zum Nachweis dafür, "daß die Aussage der Zeugin K***** falsch sein muß" (243/II), wies der Schöffensenat mit der im wesentlichen zutreffenden Begründung ab (245/II; US 31), daß einer derartigen Feststellung auch im Rahmen der Beweiswürdigung keine entscheidende Relevanz zukommt, zumal dem Beweisantrag nicht zu entnehmen sei, welche Bedeutung diese Uhrzeitfeststellung in bezug auf die Angaben der Zeugin K***** haben sollte. Wenn der Beschwerdeführer diesen Beweisantrag - verspätet und daher unbeachtlich - in seiner Nichtigkeitsbeschwerde dahin ergänzt, daß dadurch hätte abgeklärt werden sollen, ob der am Vorfall beteiligte Fahrer S***** den Funkspruch tatsächlich "zwei Stationen vor der Endstation" empfangen habe (219/II; seine ursprünglichen Angaben vom 2.August 1992 lauteten dahin, daß er den Gruppenaufruf "kurz vor" der Endstation gehört habe: 101/I) und sich insoweit "die Frage stelle", weshalb die Zeugin K***** als ehemalige Straßenbahnlenkerin nicht schon ihre Beobachtungen zum Anlaß genommen habe, "zur Notbremse zu greifen", sondern dem Straßenbahnlenker erst - nachdem sie den Funkspruch gehört hatte (231/II) - in der Endstation von einem Unfall erzählt habe (125/I und 231/II), ist dem zu erwidern, daß es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen wäre, diese Umstände in der Hauptverhandlung durch gezielte Fragestellung an die Zeugen abzuklären, wozu allerdings die Feststellung der genauen Uhrzeit des Funkspruches nicht erforderlich war.

Von der Einvernahme der Zeugin Hatice T***** konnte das Erstgericht gleichfalls ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten Abstand nehmen, weil es tatsächlich unerheblich ist, ob anläßlich des Versicherungsabschlusses am 28.Juli 1992 auch davon gesprochen wurde, daß bereits eine Unfallversicherung bei der V*****VersicherungsAG existiert (Antrag 243, 245/II; US 31, 32). Daß der Schöffensenat die Abweisung dieses Beweisantrages auch damit begründete, daß die Behauptung des Beschwerdeführers durch die schon vorliegende und glaubwürdige Aussage der Zeugin Helene Ka***** "eindeutig widerlegt ist" (245/II; US 31), was auf eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung hinauslaufen könnte, schadet dabei nicht, weil das geltend gemachte Beweisthema nur für die - nicht entscheidende - Frage relevant ist, warum der Versicherungsvertrag trotz "Polizzierung" und Vorschreibung der Prämie am 2.September 1992 "gestoppt" wurde (US 9), nicht aber für die Frage, ob der Angeklagte diesen Vertrag (zusätzlich zum bestehenden Versicherungsvertrag bei der V*****VersicherungsAG oder als Ersatz für diesen) in Vorbereitung seines geplanten Betruges abgeschlossen hat, "um eine entsprechend hohe Versicherungssumme zu kassieren" (US 9).

Die Anträge auf Vernehmung zweier Zeugen zum Nachweis dafür, daß der Angeklagte nach dem "Unfall" eine Gehirnerschütterung hatte und durch den Vorfall keine Knochensubstanz verloren gegangen ist (243, 244/II), wies der Schöffensenat ebenso zutreffend mangels Entscheidungsrelevanz ab (245/II; US 33), zumal der Zustand des Beschwerdeführers unmittelbar nach dem Vorfall und zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in das Unfallkrankenhaus Meidling durch den Verkehrsunfallbericht und die Krankengeschichte hinreichend dokumentiert ist (vgl US 11, 12; 27; 289). Daß mit diesem Antrag die vom Angeklagten mehrmals (und zum Teil in sich widersprüchlich) behaupteten "Erinnerungslücken" (und deren Dauer) hätten unter Beweis gestellt werden sollen, ist den diesbezüglichen Beweisanträgen nicht zu entnehmen, zumal diese nur auf - vom Erstgericht ohnedies angenommene und von den Sachverständigen berücksichtigte - Phasen der Bewußtlosigkeit unmittelbar nach dem Unfall und bei der Aufnahme im Spital abstellen. Insoweit gebricht es daher schon an einem prozeßordnungsgemäß gestellten Beweisantrag als Voraussetzung für die Geltendmachung des in Rede stehenden Nichtigkeitsgrundes. Dies gilt auch für die vom Beschwerdeführer erst in seiner Nichtigkeitsbeschwerde aktualisierte Frage, ob Knochensubstanz in einem Ausmaß verloren gegangen ist, wie es beim Überrollen eines Armes durch ein Straßenbahnrad "zu erwarten ist".

Als unzulässiger reiner Erkundungsbeweis verfiel schließlich der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung bei den Wiener Stadtwerken, "welche Eintragungen im Fahrtenbuch im Expedit in Kagran gemacht wurden" (243/II), ohne Einschränkung von Verteidigungsrechten der Abweisung (245/II), zumal der Beschwerdeführer in seiner Antragstellung nicht darlegte, aus welchen besonderen Gründen unter Berücksichtigung der Angaben der Zeugen S***** und Sl*****, wonach Verzögerungen bis zu zwei Minuten in das Fahrtenbuch nicht eingetragen werden, damit gerechnet werden könnte, daß das von ihm angestrebte Ergebnis des Nachweises eines Begegnungsverkehrs zweier Straßenbahnzüge im Bereiche der Haltestelle Donauzentrum tatsächlich zu erwarten gewesen wäre. Demgemäß schadet auch insoweit nicht, daß der Schöffensenat die Begründung der Abweisung im Urteil durch Argumente ergänzte, die in Richtung einer vorgreifenden Beweiswürdigung weisen (§ 281 Abs 3 StPO).

Die Mängelrüge (Z 5) versagt, weil sie zum Teil formelle Begründungsmängel entscheidungswesentlicher Urteilsfeststellungen nicht aufzeigt und sich zum anderen Teil bloß gegen nicht entscheidungswesentliche Urteilskonstatierungen wendet.

In Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen besteht der Schuldvorwurf gegen den Angeklagten in Ansehung des Verbrechens des Betruges darin, daß er eine vorsätzlich herbeigeführte Selbstbeschädigung in Schadenmeldungen an Versicherungsanstalten als Unfall darstellte, um solcherart Verfügungsberechtigte der Versicherungsanstalten durch Täuschung über Tatsachen zur (vermögensschädigenden) Auszahlung der Versicherungsleistungen zu verleiten. Dem Vorbringen zuwider sind jedoch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht "undeutlich und widersprüchlich", zumal der Schöffensenat davon ausging, daß der Beschwerdeführer die Unfallversicherung bei der E***** VersicherungsAG am 28.Juli 1992 schon in Vorbereitung seines geplanten Betruges abschloß (US 9), sich am 2.August 1992 zum Donauzentrum begab, um sein Vorhaben, sich zu verstümmeln, wahrzumachen (US 10), seinen linken Arm unter einen bereits anfahrenden Straßenbahnzug legte und von einem Rad überrollen ließ (US 11) und nach seiner ärztlichen Versorgung im Unfallkrankenhaus Meidling am 19.August und 28.August 1992 Schadenmeldungen legte, in denen er mit Täuschungsvorsatz ein Unfallgeschehen behauptete und die Auszahlung der Versicherungsleistung begehrte (US 12, 13). Indem die Beschwerde diese Urteilsfeststellungen ebenso übergeht wie die Ausführungen des Schöffensenates in der Beweiswürdigung, auf Grund welcher Beweisergebnisse seine Darstellung des Geschehensablaufes (Unfall mit einem Gegenzug infolge eines Aufmerksamkeitsfehlers und Stolperns) für widerlegt erachtet wurde, sondern meint, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, ob das Erstgericht angenommen habe, "daß er sich an den Unfall überhaupt erinnern konnte", bringt sie den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Darüber hinaus verkennt sie, daß die vorsätzliche Darstellung eines bestimmten Unfallgeschehens in einer Schadenmeldung trotz fehlender Erinnerung an den Geschehensablauf ebenfalls eine zur Täuschung über Tatsachen geeignete Handlung wäre.

Mit dem Einwand, seine finanziellen Verhältnisse seien unvollständig und "unpräzise" dargestellt, wendet sich der Beschwerdeführer gegen nicht entscheidungswesentliche Urteilsfeststellungen, denen es auch unter dem Gesichtspunkt der Beweiswürdigung an Relevanz fehlt.

Die Urteilsfeststellung, wonach der Arm des Angeklagten durch das Überrollen durch ein Straßenbahnrad nicht abgetrennt wurde und keine wesentliche Knochensubstanz verloren gegangen ist, widerspricht - dem Beschwerdevorbringen zuwider - nicht den Denkgesetzen, sondern steht vielmehr im Einklang mit den Ausführungen der Sachverständigen Dipl.Ing.H***** und Dr.F*****.

Die Annahme des Erstgerichtes, wonach die Rißquetschwunde an der Stirne des Angeklagten "zweifellos" (US 30) von einem Streifen der Außenverkleidung des Beiwagens herrührte, kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Der Schöffensenat gründet diese Konstatierung ersichtlich auf das Gutachten der Sachverständigen Dr.F***** (433/I) unter weiterer Berücksichtigung der gesamten hiezu vorliegenden Beweisergebnisse.

Desgleichen ist ohne jede Bedeutung, ob der Arm des Angeklagten nach dem Überrollen vom Bremshobel weggeschoben oder auch unter eigenem Krafteinsatz des Angeklagten freigekommen ist. Ein Zusammenwirken beider Komponenten widerspricht keineswegs den Denkgesetzen, zumal die Kraftanstrengung durch den Angeklagten - dem Beschwerdevorbringen zuwider - nicht in exakt diesem kurzen Zeitraum von 0,15 Sekunden eingesetzt haben muß, sondern - ohne jede Wirkung - schon vorher eingesetzt worden sein kann, wobei die Wirkung erst eintrat, als das Rad den Arm - wenn auch nur für einen kurzen Moment freigab.

Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, aktenkundige Beweisergebnisse aufzuzeigen, die den entscheidungswesentlichen Urteilskonstatierungen allenfalls entgegenstünden. Vielmehr erschöpfen sich seine Ausführungen in einer unzulässigen Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung. Denn mit dem Hinweis, daß seine finanzielle Situation im Urteil "übertrieben negativ" dargestellt werde, während es ihm tatsächlich "finanziell relativ gut" gegangen sei, sodaß er "keinen Anlaß hatte, eine Art von Selbstmordversuch zu unternehmen", wendet sich der Beschwerdeführer ebenso in nicht zulässiger Weise nach Art einer Schuldberufung gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter wie mit dem neuerlichen Einwand, wonach seine Behauptung "plausibel" sei, der Versicherungsvertrag mit der E***** VersicherungsAG habe den Vertrag mit der V*****VersicherungsAG bloß ersetzen sollen.

In der Rechtsrüge (inhaltlich Z 10) stellt der Beschwerdeführer nicht auf den Urteilsinhalt ab und bringt solcherart den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten am gesamten konstatierten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und einen daraus abgeleiteten Rechtsirrtum voraussetzt, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Soweit der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge Feststellungen "zur subjektiven Tatseite" des Inhalts vermißt, daß er sich an "das eigentliche Unfallgeschehen überhaupt erinnern konnte", übergeht er einmal mehr, daß er zur Vorbereitung seines geplanten Betruges mit der E***** VersicherungsAG eine Unfallversicherung abschloß (US 9), sein Vorhaben, sich zu verstümmeln, am 2.August 1992 im Bereiche des Donauzentrums tatsächlich verwirklichte (US 10, 11) und in den Schadenmeldungen vom 19.August und 28.August 1992 mit Täuschungsvorsatz die unrichtige Behauptung aufstellte, am 2.August 1992 einen Unfall erlitten zu haben (US 12, 13). Diese dezidierten Angaben wären - wie der Beschwerdeführer ersichtlich verkennt und bereits oben aufgezeigt wurde - auch dann unrichtig und zur Täuschung geeignet, wenn er tatsächlich (allerdings urteilsfremd) an den Geschehensablauf keine Erinnerung hätte.

Ein Festhalten am Urteilssachverhalt läßt ferner der Beschwerdeeinwand vermissen, die Unfallsmeldung vom 28.August 1992 stelle den absolut untauglichen Versuch eines Betruges dar, weil mit der E***** VersicherungsAG "überhaupt kein Versicherungsvertrag bestanden hat" und keine Versicherung "eine Auszahlung an jemanden vornehme, der keinen Vertrag mit ihr abgeschlossen hat". Denn mit diesem Vorbringen setzt sich der Beschwerdeführer über die Urteilskonstatierung hinweg, wonach er am 28.Juli 1992 in Vorbereitung des geplanten Betruges bei der E***** VersicherungsaG einen Antrag auf Unfallversicherung mit Beginn 1.August 1992 stellte, den die Vermittlerin Helene Ka***** am 31.Juli 1992 an den Angestellten der E***** VersicherungsAG Franz H***** weiterleitete. Durch ein Versehen dieses Angestellten wurde der Vertrag erst nach dessen Urlaubsrückkehr am 27.August 1992 "polizziert" und die entsprechende Prämie vorgeschrieben (US 8, 9). Nach der Polizzierung (und Eintragung in das Deckungsbuch am 24.August 1992; vgl 31, 35, 37/I) wurde der Vertrag am 2.September 1992 "gestoppt" (US 9). Der Beschwerdeführer läßt sohin außer acht, daß nach den Urteilsannahmen nur durch ein Versehen eines Bediensteten der Unfallversicherung, demnach zufolge zufälliger Umstände des Einzelfalles, die Eintragung des Antrages in das Deckungsbuch (US 25) unterblieben und ein Versicherungsvertrag "letztendlich" (= nach den Intentionen des Versicherers) "nicht zustande gekommen ist" (US 9). Von einem absolut untauglichen Versuch mangels "Bestehens" eines Versicherungsvertrages kann somit keine Rede sein. Daß der Beschwerdeführer selbst nicht davon ausgeht, daß es geradezu denkunmöglich ist, aus rechtlichen Gründen und unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles die angestrebte Auszahlung der Vertragsleistung zu erreichen, ergibt sich nicht zuletzt auch schon daraus, daß er nach den Angaben seines Verteidigers in der Hauptverhandlung die E***** VersicherungsAG am 23. August 1994 beim Handelsgericht Wien auf Zahlung eines Betrages von 6,3 Mio S geklagt hat (224/II).

Mit dem Einwand, durch eine Unfallmeldung an den Versicherer könne überhaupt keine Täuschung versucht werden, weil "eine Versicherungsgesellschaft an Hand von Polizeiprotokollen, Krankengeschichten usw den genauen Unfallhergang ermittelt", setzt sich der Beschwerdeführer abermals über den Urteilsinhalt hinweg, wonach er auch bei seinen Angaben anläßlich der "Unfallaufnahme" durch die Polizei (US 14 ff) jene unrichtigen Behauptungen über den Geschehensablauf einfließen ließ, die im Zusammenhalt mit seiner Schadenmeldung vom 28.August 1992 bei Angestellten der VersicherungsAG die Täuschung über die Selbstschädigung bewirken und diese zur Auszahlung der Versicherungssumme veranlassen sollten.

Daß seine Schadenmeldung vom 28.August 1992 (angeblich) erst am 7. September 1992, sohin nach der am 2.September 1992 erfolgten Ablehnung einer Schadenersatzleistung, bei der Versicherung einlangte, ist ohne Bedeutung, zumal zum einen die Versicherung von dem angeblichen Schadensfall infolge seiner Schadenmeldung bereits am 2. September 1992 durch Helene Ka***** telefonisch in Kenntnis gesetzt worden war (was dazu führte, daß der Versicherungsvertrag "gestoppt" wurde; US 12, 13) und es zum anderen keinen Unterschied macht, ob der Angeklagte die Täuschung vor oder nach einer Ablehnung der Schadensliquidierung durch den Versicherer versucht.

In diesem Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Bei der durch die Aufhebung auch des Strafausspruchs notwendig gewordenen Strafneubemessung konnte von den schon vom Erstgericht angeführten Milderungsgründen, nämlich dem bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und dem Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist, ausgegangen werden; hinzu kommt, daß der Angeklagte durch seine Verletzung auf Dauer schwer beeinträchtigt ist. Dem steht der ebenfalls schon vom Erstgericht berücksichtigte Erschwerungsgrund zweifacher Begehungsweise gegenüber. Unter Zugrundelegung dieser Umstände und unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB), entspricht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten. Die Strafe konnte gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zur Gänze bedingt nachgesehen werden.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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