JudikaturOGH

10ObS38/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Dietmar Strimitzer und Theodor Kubak aus dem Kreis der Arbeitgeber in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Justine K*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr.Heinz Kallan, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.Jänner 1992, GZ 8 Rs 38/91-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1.Oktober 1990, GZ 31 Cgs 111/90-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat der Klägerin binnen vierzehn Tagen die einschließlich 283,05 S Umsatzsteuer mit 1.698,30 S bestimmten halben Revisionskosten zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bezieht von der Beklagten seit 1.5.1975 eine Witwenpension, deren monatliche Höhe im Jahre 1990 (richtig) 2.660,60 S betrug. Weiters bezieht sie von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern seit 1.3.1981 eine Erwerbsunfähigkeitspension, deren monatliche Höhe im Jahre 1990 1.268,70 S ausmachte.

Mit Bescheid vom 7.2.1990 stellte die Beklagte die Höhe der (zur Witwenpension) gebührenden Ausgleichszulage vom 1.1.1990 an mit monatlich 36,70 S fest. Dabei berücksichtigte sie ein monatliches Einkommen (fiktives Ausgedinge) aus einem übergebenen landwirtschaftlichen Betrieb von 1.468 S.

Mit der rechtzeitigen Klage begehrt die Klägerin ab 1.1.1990 die Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß. Sie meint, daß eine Vervielfachung des der Berechnung des fiktiven Ausgedinges zugrunde gelegten Einheitswertes von 36.000 S mit dem Faktor 1,1575 im Sinn des § 149 Abs 11 GSVG im Hinblick auf die Übergangsbestimmung des Art II Abs 3 der 7. GSVGNov BGBl 1982/648 zu entfallen habe.

Die Beklagte bestritt diese Rechtsmeinung und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Neben den eingangs wiedergegebenen Umständen stellte es fest, daß der (für die Klägerin geltende) Richtsatz vom 1.1.1990 an 5.434 S und daß der Einheitswert der von der Klägerin mit 1.1.1981 übergebenen Liegenschaft zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1970 33.000 S betrug.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei dieser Einheitswert iS der 24. GSVG (richtig GSPVG)Nov um 10 % auf 36.000 S (gerundet) zu erhöhen und nach § 149 Abs 11 GSVG mit dem Faktor 1,1575 auf 41.670 S zu vervielfachen. Daraus errechne sich nach Abs 7 leg cit ein monatliches Einkommen aus der übergebenen Liegenschaft von 1.468 S, so daß die monatliche Ausgleichszulage nur 36,70 S betrage.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenenen Berufung der Klägerin nicht Folge, weil der Übergangsbestimmung des Art II Abs 3 der 7. GSVGNov durch die 16. und 17. GSVGNov materiell derogiert worden sei, so daß § 149 Abs 11 GSVG auch im vorliegenden Fall gelte.

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig.

Einer sachlichen Erledigung dieses Rechtsmittels stand vorerst entgegen, daß der Oberste Gerichtshof gegen die anzuwendende Bestimmung des § 149 Abs 7 GSVG verfassungsrechtliche Bedenken hatte. Deshalb stellte er zunächst beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag, diese Gesetzesstelle idF der 16. und 17. GSVGNov als verfassungswidrig aufzuheben. Da der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag mit Erkenntnis vom 10.12.1993 G 60/92-17 ua abwies, ist die erwähnte Gesetzesstelle bei der Entscheidung über die Revision anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Da der landwirtschaftliche Betrieb von der Klägerin mit 1.1.1981 übergeben wurde, ist nach § 149 Abs 7 Satz 1 GSVG in der genannten Fassung bei Ermittlung ihres Einkommens vom Einheitswert der übergebenen Flächen auszugehen, und zwar nach dem 2. Halbsatz des 2. Satzes des zit Abs von dem auf die übergebenen Flächen entfallenden Einheitswert im Zeitpunkt der Übergabe.

Auch die Revisionswerberin geht davon aus, daß der Einheitswert im damaligen Zeitpunkt abgerundet 36.000 S betrug.

Nach § 149 Abs 11 GSVG idF der 16. GSVGNov gilt als Einheitswert iS ua des Abs 7 leg cit der für Zwecke der Sozialversicherung maßgebliche Einheitswert (Satz 1). Einheitswerte aus der Zeit vor dem 1.1.1983 sind mit dem Faktor 1,1575 zu vervielfachen (Satz 2).

Nach Art II Abs 3 der 7. GSVGNov waren die Bestimmungen des § 149 Abs 7 bis 12 GSVG idF des Art I Z 15 lit b und c dieser Nov nur auf Versicherungsfälle anzuwenden, in denen der Stichtag der Pension, zu der die Ausgleichszulage gewährt werden soll, nach dem 31.12.1982 liegt.

Nach Art II Abs 4 der 16. GSVGNov gilt § 149 Abs 4, 7 und 9 bis 13 GSVG idF des Art I Z 18 lit b und c der zit Nov jedoch auch für Versicherungsfälle, in denen der Stichtag der Pension, zu der die Ausgleichszulage gewährt werden soll, (wie im vorliegenden Fall) vor dem 1.1.1990 liegt.

Die RV zur 16. GSVGNov 1101 BlgNR 17. GP 11 verweist zur Begründung ua dieser Übergangsbestimmung auf die Erläuterungen zum Entwurf der

14. BSVGNov(1102 BlgNR 17. GP). Nach diesen sollen die Übergangsregelungen gewährleisten, daß die in Aussicht genommenen Begünstigungen auch auf jene Fälle ausgedehnt werden, in denen der Stichtag der Pension, zu der die Audgleichszulage gewährt werden soll, vor dem Inkrafttreten der vorliegenden Gesetzesänderung liegt (S 8). Dies habe zur Folge, daß in den alten Fällen das neue (günstigere) Recht anzuwenden sei, allerdings auf Grund des Einheitswertes, wie er im Einzelfall am 31.12.1989 für die Einkommensermittlung maßgebend gewesen sei (S 9) (SSV-NF 5/53 ua).

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß nach Art III Abs 3 der 5. GSVGNov BGBl 1981/589, soweit nach den Bestimmungen des GSVG Einheitswerte land(forst)wirtschaftlicher Betriebe heranzuziehen sind, hiebei Änderungen dieser Einheitswerte anläßlich der Hauptfeststellung (§ 20 des Bewertungsgesetzes 1955 BGBl 148) zum 1.1.1979 für die Zeit vor dem 1.1.1983 nicht zu berücksichtigen sind. Mit der im § 149 Abs 11 Satz 2 GSVG angeordneten Vervielfachung der Einheitswerte aus der Zeit vor dem 1.1.1983 mit dem Faktor 1,1575 sollen diese (alten) Einheitswerte daher auf das Niveau der Hauptfeststellung 1979 herangeführt werden (Radner ua, Bauernsozialversicherung3, 694 FN 39 zur vergleichbaren Rechtslage nach dem BSVG).

Entgegen den Revisionsausführungen bezieht sich § 149 Abs 11 GSVG nicht nur auf einen durchschnittlichen Einheitswert iS des Abs 7 Satz 2 1. Halbsatz und des Abs 9 leg cit, sondern auch auf den im vorliegenden Fall heranzuziehenden Einheitswert iS des Abs 7 Satz 2

2. Halbsatz der zit Gesetzesstelle. Die Vorinstanzen sind somit richtig davon ausgegangen, daß der Einheitswert mit dem Faktor 1,1575 zu vervielfachen ist.

Das angefochtene Urteil ist daher zu bestätigen.

Unter Bedachtnahme auf die rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens und auf die Einkommensverhältnisse der Klägerin (Ausgleichszulagenbezieherin) wurde ihr nach § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG gegenüber dem Versicherungsträger ein Anspruch auf Ersatz der halben Revisionskosten zugebilligt.

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